Wirecard ist das Messer!

in #aktie4 years ago

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Sorry, dass ich noch einmal das Thema Wirecard heraus kramen muss. Normalerweise sehe ich micht ja nicht genötigt das aktuelle Tagesgeschehen zu sehr zu kommentieren. Gerade in stürmischen Zeiten verbreitet sich viel Blödsinn allerdings sehr schnell und ich fühle mich dann doch irgendwie genötigt auch hier eine Gegenposition zu beziehen.

Bereits als der Skandal zu Wirecard raus kam, habe ich inständig alle die mich fragten davor gewarnt dort Geld reinzustecken. Ganz viele deutsche Teilzeitinvestoren sind immer wieder davon beseelt Katastrophenaktien zu kaufen. Kaum gibt es irgendwo einmal negative Schlagzeilen, dann stürzen diese sich darauf. Weil was runter geht, muss ja auch wieder hoch kaufen. Und so überrascht es weder, dass Lufthansa als auch Wirecard dieser Tage über gerne gekauft wird.

Spätestens nach heute sollte man allerdings vor Augen geführt bekommen haben, dass das eben eine eher schlechte Strategie ist. Man soll Stärke kaufen und nicht Schwäche. Und was sich bei Wirecard da so aufzeigt ist mehr als nur Schwäche. Entsprechend ging es heute dann nochmal um -45% runter. Wer im letzten Jahr eingestiegen ist, tut sich inzwischen schon schwer keinen negativen Tenbagger im Portfolio zu haben. Und ich sage es nochmal: Diese Leute haben im guten Glauben gekauft und sollen sich nicht von mir angesprochen fühlen. Nur eben jene, die in den letzten Tagen reingegangen sind.

Und wer da mit nem 20er Hebel reingebuttert hat, dem gönne ich diese Ernte auch. Immerhin muss man all diesen Leuten aber zu gute führen, dass sie wenigstens an der Börse aktiv sind und für ihre Meinung gerade stehen. Was mich viel mehr aufregt sind die unqualifizierten Zwischenrufe aus der hintersten Reihe.

„Die Börse ist korrupt! Wer dort sein Geld reinsteckt, wird es verlieren!“ Jeder der Atmet, ist auch ein potenzieller Serientäter. Am besten stellen wir das Atmen ein! Bei Wirecard wird sich erst noch zeigen müssen, ob es sich hier um pure Inkompetenz oder um kriminelle Energie handelt. Auf gar keinen Fall sollte man aber nun in Schubladen denken und gleich alles über einen Kamm scheren. Die meisten Produkte kommen immer noch von seriös agierenden Unternehmen. Und selbst die Fraktion Linksaußen kommt nicht ohne diese klar.

Ich selbst finde jedes Verhalten stark asozial bei dem man eine ganze Gruppe von Menschen in eine Schublade steckt ohne sich diese als Individuen anzusehen. Das gerade die vermeidlich so soziale Ecke immer wieder dort mit negativ auffällt, finde ich… um es mit Euren Worten zu sagen: ZUM KOTZEN! Ende der Diskussion.

„Bei Aktien droht der Totalverlust!“. Zugegeben es ist immer sehr schwer gegen einen schwarzen Schwarn zu agumentieren, der sich vor einem als Drache aufplustert. Es ist durchaus korrekt, dass man als Aktionär durchaus einem Totalverlust ausgesetzt ist. Und üblicherweise lautet der allgemeine Rat aber eben immer wieder, dass man eben auf Bluechips setzen soll. Eben jenen großen Unternehmen, die eigentlich Too Big to Fail sind. Das es nun allerdings ausgerechnet ein DAX-Unternehmen trifft ist echt zum Haare raufen.

Wer ein wenig alte Indizes einmal durchgeht wird gleich sehr viele Unternehmen finden, die früher einmal weltbekannt waren und danach von der Bildfläche verschwunden sind. Üblicherweise haben die meisten Aktionäre davon allerdings nie einen Totalverlust erlitten. Im Zweifel ist ja immer eine Form von Insolvenzmasse übrig. Ja, auch eine Lufthansa hat einen nicht ganz wertlose Flotten an teuren Spielzeugen im Hangar stehen. Und wer auf Air Berlin blickt, wird feststellen, dass man eben auch dort raus gekommen ist, weil die Flotte nun eben bei Lufthansa steht.

Ein defizitäres Geschäft ist immer Mist, weil man nur sehr selten mit einem Plus rausgeht. Die Angst davor, dass man aber immer all sein Geld verliert, ist am Ende doch eine sehr ängstliche Ansicht. Einige tun ja fast so als wäre das wie in Southpark, wo man der Bank des Geld gibt und 2 Sekunden später ein: And its gone! bekommt.

Das Zauberwort heißt eben auch hier Diversifikation. Wer Wirecard also noch hält kann es zumindest mir Humor nehmen, dass ihm so etwas nicht so schnell wieder passieren wird. Solche Ereignisse sind am Ende eben immer sehr selten. Wer seine 15 Aktien im Depot hat, wird üblicherweise immer einen Verlust ausgleichen können. Nur wer dann mit CFD, Hebel oder einem irrsinnigen Clusterrisiko reingeht, kann am Ende wirklich vielleicht mal richtig auf die Fresse fliegen.

„Die Aktie ist so günstig wie schon lange nicht mehr! Rein da!“ Absoluter Bullshit! Wir blicken hier in einem tiefen Abgrund. Moodys stuft Wirecard als „Ramsch“ ein und berät über weitere Abstufungen. Die Gläubiger beraten in den letzten Tagen darüber, ob sie den Daumen senken sollen. So wirklich will das niemand, weil durch eine Insolvenz vielleicht ein Totalverlust entstehen könnte.

Fakt ist aber, dass hier ein Unternehmen 1,9 Milliarden verloren hat und nicht sagen kann, wo das Geld hin ist. Es ist nicht jemand mit dem Geld durchgebrannt, man kann es nicht erklären. Somit ist ein nicht unerhebliches Risiko da, dass nicht nur 25% der Bilanzsumme weg ist, sondern auch die Zahlen der letzten Jahre vielleicht geschönt wurden. Wer nun die Aktie kauft und sich auf eine fürstliche Dividende freut, wird vermutlich nicht lange Freude daran haben.

Natürlich! Vielleicht findet Herr Braun morgen in einem Schuhkarton unter seinem Schreibtisch die verlorenen Milliarden. Alles stellt sich als leider nie aufgeklärter Hoch der Buchhaltung heraus, alle fassen sich an den Händen und tanzen fröhlich im Kreis. Danach landet eine außerirdische Spezis und schenkt uns einen Fusionreaktor, der alle Energieprobleme auf einen Schlag beseitigt. Denkbar, aber vermutlich doch eher unwahrscheinlich.

„Wie kann es sein, dass ein Unternehmen über Nacht soviel weniger Wert ist?“ Auch eine Aussage von Frischlingen, die zwar börsianisch interessiert sind, aber nicht einmal die Grundlagen verstanden haben und selbst damit unrecht. Zum einen wird an der Börse eben kein Wert gehandelt, sondern ein Kurs. Investoren können durchaus mehr Geld für ein Unternehmen bieten als dieses etwas wert ist. Gerade dann, wenn man die Fantasy hat, dass es künftig weiter steigt. Genauso wird eben auch manches Mal an der Börse ein Drama geschoben, dass sich als solches gar nicht als so fatal heraus stellt.

Wenn der Kurs um 3% runter geht, dann bekommt der Investor zu dem Zeitpunkt eben 3% weniger für seine Aktie. Dem Unternehmen ist das absolut schnurzegal. Aber in diesem Fall fehlen mal eben auch 1,9 Milliarden. Das Unternehmen ist also nicht nur an der Börse weniger Wert gewesen, sondern auch real. Da braucht man einen extrem gutgläubigen Markt, dass der Kurs nicht nach unten geht.

Und final bleibt nur an alle Neulinge zu sagen, dass sie die Finger von solchen Aktien lassen sollten! Wenn etwas in den Mainstream-Medien drin ist, dann sind oft enorme Kräfte am Wirken. Gerade als Frischer will man da nicht drin sein, weil man sehr schnell unter den Rädern kommt.

Klassischerweise ist dies immer ein Fall von „Gier frißt Hirn“. Ja, absolut jeder Börsianer träumt davon einmal 10€ auf eine Aktie zu werfen, die sich über Nacht zum neuen Google entwickelt und ein paar Millionen wert ist. Und vielleicht legt die galaktische Förderation ja auf dem Fusionsreaktor auch noch ein Unsterblichkeitsserum oben drauf. Ist denkbar, aber doch eher unwahrscheinlich …

Reich an der Börse wird man nicht durch das schnelle Zocken, sondern dadurch, dass man sich langfristig am Wirtschaftsleben beteiligt. Kauft kleinere Stückzahlen solider Unternehmen. Auch dort wird es Euch irgendwann einmal erwischen. Aber überlasst das Zocken den Profis, die wissen, wie man sich in solchen Situationen verhält.

Ansonsten habt ihr an der Börse nichts verloren und solltet lieber einen guten Anzug rausholen und einen schönen Abend im Casino verbringen. Die Börsenweisheit sagt, dass man kaufen soll, wenn das Blut in den Straßen fließt. Man sagt aber auch, dass man nicht ins fallende Messer greifen soll. Viele Leute fragen immer wieder, wie man das eine dann vom anderen Unterscheiden kann. Nun, Wirecard ist das Messer…

Das Blut findet sich meist eher dann, wenn viele Leute in die Klinge gegriffen haben. Oder dann, wenn der breite Markt massiv abgestraft wird, wie während des Corona-Crashs. Wenn es absolut keine rationalen Gründe gibt, warum ein breiter Teil der Unternehmen abgestraft wird. Lernt doch endlich den Unterschied! :)

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Danke für Deinen Kommentar zur Lage.
Habe vor 25 Jahren, ja sogar noch vor 15 Jahren auch (noch) getradet. Zocken will ich es gar nicht nennen, nennen wir es Trading ( kurzfristig an den Kursschwankungen verdienen ),
Da ich jedoch nicht in der Lage war, nachhaltig mit dieser Methode Geld zu verdienen, gelangte ich zu der Erkenntnis, es mit langfristigem "Buy&Hold" in erstklassige Aktien zu versuchen.
Seit dieser Zeit ( September 2007 ) wächst mein Depot kontinuierlich.

Dazu auch ein lesenswertes Buch für alle diejenigen, die immer noch Zocken und Geld verlieren.
Das muss nicht sein.
Unser Hirn spielt uns immer wieder einen Streich beim Kauf. Wir denken, mit "jedem kurzfristigen Zock" Geld zu verdienen und schnell reich zu werden. Das schüttet Adrenalin aus und schafft uns ein kurzfristiges Glücksgefühl.
Nur mit dem nachhaltigen Geldverdienen funktioniert das nicht bei jedem.

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https://www.amazon.de/Gier-Neuro%C3%B6konomie-ticken-wenn-Geld/dp/3446412239/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=Gier+Jason+Zweig&qid=1592894484&sr=8-1

Nun ich bin glücklicherweise direkt auf den Buy & Hold-Ansatz gelandet. Alle bisherigen Tests in der Richtung sich doch mal an Trading zu versuchen sind meist doch sehr gescheitert. Glücklicherweise immer nur Spielgeld, dass als Lehrgeld bezahlt wurde.

Das Buch klingt interessant. Habe es mal auf meine Liste genommen und wird dann mal abgearbeitet :)

Na und jetzt haben sie den Ex-Chef endlich mal kassiert. :-)

Inzwischen aber auch schon wieder auf Kaution frei. Aber ja, es fällt sehr schwer zu glauben, dass er davon nichts mitbekommen hat. Der Vorstand gehört abgestraft. Entweder wegen Korruption oder halt wegen völliger Unfähigkeit. Glücklichweise kann man die Geschichte mit Spannung von der Seitenlinie verfolgen.

Joa, ich warne halt die Leute immer mal wieder. Aber so ist das, Scheiße zieht Menschen magisch an. Frage mich nicht warum. Vielleicht ist es der ewige Drang nach Selbstzerstörzung in uns, wer weiß?

Die gleiche Frage wie bei Wirecard, stelle ich mir übrigens auch immer wieder mit allem anderem, wie zum Beispiel Bitcoin, Blockchain, Hive und Co. was mein wirken angeht.

Die Antwort ist im Grunde die gleiche wie bei Wirecard, das weis ich aus meinem Herzen. Aber irgendwie muss man ja sein Fressen auf den Tisch bekommen. :-) Herrlich.

Liebe Grüße
Sascha

Naja, der Unterschied ist halt, dass man bei einen noch träumen darf. ;) Mich erinnert das ganze eher ein wenig an Bitconnect! Das war zwar auch von Anfang an mehr als nur "etwas" suspekt. Aber nachdem es als Scam aufgeflogen ist, sind da immer noch Glücksritter reingegangen in der Hoffnung, dass es wieder steigt. Auch damals stand ich mit offenen Mund da und habe die Welt nicht mehr verstanden ;)

Der arme Ex-Chef... hoffentlich geht es ihm gut mit seinen Milliarden..
Mit dieser kleinen Summe wird er kaum eine Woche überleben.
Der Arme kann sich jetzt nicht mal ein Brot kaufen..

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