BitCoin und Venezuela

in #deutsch7 years ago (edited)

»BitCoin, Schwarzmärkte und die venezolanische Wirtschaft«
von Ryan Beehler - gekürzt und übersetzt von @besold

Die meisten Menschen glauben, BitCoin und andere Kryptowährungen seien nur eine vorübergehende Erscheinung. Bis vor kurzem wurden BitCoins nur von überzeugten Libertären und Kriminellen genutzt, die über digitale Währungen illegale Güter und Dienstleistungen in nicht öffentlich zugänglichen Teilen des Internets kauften und verkauften. Kryptowährungen sind für den Laien nicht besonders leicht erhältlich, und der Preis von BitCoin schwankt sehr stark, was auf Investoren abschreckend wirkt. Aus diesen Gründen war BitCoin lange Zeit eine sehr obskure Angelegenheit.

Seit einigen Jahren wird BitCoin jedoch von Venezolanern als eine Alternative zur schnell inflationierenden Landeswährung[1] genutzt. Jahrzehntelange sozialistische Mißwirtschaft haben das Land in den Ruin getrieben, aber die selbe Politik hat den Grundstein für den Einzug von BitCoin als legitime Währung gelegt. Die Rolle von BitCoin in der venezolanischen Wirtschaft zeigt, daß normale Menschen durchaus in der Lage sind, BitCoin zu verstehen und es für reguläre Transaktionen zu nutzen. Und was in Venezuela funktioniert, kann auch im Rest der Welt funktionieren. [...]

CryptoDivisas: Venezolanos han recurrido a la minería BitCoin

Aus sowohl innen- wie auch außenpolitischen Gründen leidet Venezuela derzeit unter einer Hyperinflation und einer Wirtschaftskrise. Das Land besitzt große Ölreserven und war einer der größten Erdölexporteure. Der Erdölexport bildete in den vergangenen Jahrzehnten den Schwerpunkt der venezolanischen Wirtschaft. Der Ölsektor macht einen Drittel des Bruttoinlandsproduktes und die Hälfte der Staatseinnahmen aus. Deshalb sendet jedes Absinken des Ölpreises eine Schockwelle durch die Binnenwirtschaft des Landes und sorgt für negative Auswirkungen auch jenseits des Energiesektors. Das heutige Venezuela ist von Rezessionen gezeichnet, die durch fallende Ölpreise verursacht wurden.

Durch die desolate Wirtschaftslage war die venezolanische Regierung in den letzten zwei Jahrzehnten nicht imstande der Wirtschaftskrise angemessen entgegenzutreten. Als Antwort auf Rezessionen hat Venezuela seine Währung abgewertet und Preiskontrollen für Waren und für die heimische Industrie eingeführt. Diese Politik führte zum Abwandern ausländischer Investoren, was die Rezessionen weiter zu verschärfen droht. Eine Maßnahme dieser Politik zog jedoch ungeahnte Konsequenzen nach sich.

Die venezolanische Regierung subventioniert den Strom, und daher gehen alle Rechnungen, die im Zusammenhang mit dem Schürfen von BitCoin entstehen, direkt an die Regierung, so daß es sich für den Einzelnen durchaus lohnt, BitCoin zu "schürfen" ('minen'). Eine kleine Anzahl venezolanischer Computer-Freaks hat das herausgefunden und damit begonnen BitCoin zu schürfen, um damit dann Lebensmittel und andere Güter über den Amazon Prime Pantry Service zu kaufen. Weil Waren aus Eigenproduktion knapp sind, und kaum jemand venezolanische Bolivars mehr akzeptiert, scheint dieser Umweg die einzige Möglichkeit zu sein, Waren zu erwerben, die normalerweise die Ersparnisse von Monaten kosten würden.

Das schürfen von BitCoins und der daraus resultierende Schwarzmarkt bergen jedoch Gefahren für die Teilnehmer. Die venezolanische Geheimpolizei nimmt sogenannte "BitCoin-Mineure" ('Miner') ins Visier und verhaftet sie wegen des "Besitzes von Schmuggelware" oder wegen "Mißbrauchs von elektrischer Energie", weil das Schürfen von BitCoin im Lande ja nicht illegal ist. Nichtsdestotrotz hat das Schürfen von BitCoin einen Schwarzmarkt entstehen lassen, auf dem Importprodukte gehandelt werden, die mit BitCoin bezahlt wurden. Das sichtbarste Beispiel dafür ist eine Facebook-Gruppe mit etwa 7000 Mitgliedern, in der Leute Waren kaufen und verkaufen, und mit BitCoins bezahlen, die sie selbst geschürft haben, oder die sie von einem 'Miner' gekauft haben.

Es ist unklar, wie groß die Rolle ist, die BitCoin in Zukunft in Venezuela spielen wird, schließlich bezahlt nicht nur die Regierung die Kosten für das Schürfen, sondern zusätzlich wird durch den Gebrauch von BitCoin die Nationalwährung zusätzlich delegitimiert und läßt den Schwarzmarkt anwachsen. Klar ist jedoch, daß das einst esoterische Hobby von Computer-Freaks und Anarcho-Libertären endlich den Mainstream erreicht hat. Unabhängig davon wie es damit in Venezuela weitergeht, hat BitCoin bewiesen, daß es auch im Alltag nützlich sein kann, und zwar nicht nur für illegale Machenschaften.


Originalartikel in voller Länge auf Englisch:
FSUnews.com (Virginia - USA) - »Bitcoin, Black Markets and the Venezuelan Economy«

[1] Der Venezolanische Bolivar (VEF) wies zwischen Januar und September 2017 eine Inflationsrate von fast 540% auf.
Quelle: Reuters
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Sehr guter und die Augen öffnender Beitrag!

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