Vom Ende der Welt

in #deutsch3 years ago

Man hat auch schon früher, genau genommen ganz früher, immer schon wissen wollen, wo denn das Ende der Welt sei. Man ist ja überzeugt gewesen, dass die Welt eine Scheibe sei und mit der immer mehr aufkommenden Seefahrt war das Wissen um den Rand dieser Scheibe extrem wichtig. Schnell konnte da ein Schiff mit Mann und Maus verschwinden. Und immer wieder sind ja auch Schiffe verschwunden. Wenn man das nicht mit einem schweren Sturm oder mit dem Angriff von Seeungeheuern begründen konnte, dann war es klar: Die Seefahrer hatten – vielleicht im Nebel, vielleicht auch im Rausch, oder im Nebel und im Rausch – den Rand übersehen und waren abgestürzt! Aber wohin waren sie gestürzt? Was war unter der Erde? Man hatte schon tiefe Löcher gegraben, fürchterlich tiefe Löcher, aber unten hinausgesehen hatte man noch nie. Die Scheibe musste schon ziemlich dick sein. Die ganze Graberei schien ziemlich sinnlos zu sein. Man suchte daher nach tapferen Männern, die mit ihren Schiffen ganz an den Rand der Erde heran fahren sollten und von da hinunterschauen. Vielleicht sahen sie ja, wohin die vermissten Seefahrer gestürzt waren. Es hat nur ganz wenige Freiwillige gegeben, die sich über diese Fahrt ins Ungewisse gewagt haben. Einer davon war ein Münchner namens Bobby Schenk. Der hatte sich vorgenommen, sein Schiff ungefähr eine Seemeile vor dem Ende der Welt anzuhalten, den Anker zu werfen und sich mit einem kleinen Floss an einem langen Seil bis zur Kante treiben zu lassen. Von einer langen Strickleiter aus wollte er sich die Welt von unten anschauen. Daran erinnert heute der Spruch „der schaut sich die Erdäpfel von unten an!“ Das ist aber auch ein Schmarren, weil dazu wäre die Erdscheibe auch dann viel zu dick, wenn sie überhaupt eine Scheibe wäre. Kapitän Bobby Schenk ist also im Jahre des Heils 1411 mit seinem Seelenverkäufer aufgebrochen, begleitet von seiner Frau und vielen guten Wünschen. Die Menge war überzeugt, ihn niemals wieder zu sehen. Er segelte Richtung Sonnenuntergang, überquerte den Atlantik und stieß auf Land. Also konnte hier das Ende der Welt nicht sein. Er segelte nun zwei Monate nach Süden. Immer war entweder er oder seine Frau am Ausguck um nur ja den Rand der Erde nicht zu übersehen. Aber an Backbord war immer noch Land, nach Süden aber dehnte sich die endlose Wasserwüste und die unendliche Weite an Steuerbord war wohl immer noch der Atlantik. So näherten sie sich Feuerland und damit auch Kap Hoorn, der Südspitze von Südamerika.
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Hier heulte und tobte der Sturm und riesige Wellen brachen mit ungeheurer Kraft aus allen Richtungen herein. So musste es wohl am Ende der Welt zugehen! War am Ende gar ein riesiger Wirbel zu sehen, wo durch ein Loch in der Erdscheibe das Wasser ausrinnen konnte? So ein Ungeheuer, das man im Weltall heutzutage als schwarzes Loch bezeichnen würde, das einfach alles, aber auch wirklich alles, sogar das Licht, einfach verschlang? Und es wurde auch immer finsterer. Doch an Schlaf war bei aller Müdigkeit, die die Folge der vielen durchwachten Nächte war, nicht zu denken. Gern hätten sie geschlafen, so wie ihr jetzt.

Denn erst morgen geht’s wieder weiter !

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