Woke im Wald

in #deutsch3 years ago (edited)

Postmoderner Bullshit

Es ist beeindruckend, wie uralte Praktiken und Bräuche auf einmal wieder zu Ruhm und Ehre gelangen, indem clevere Marketingfritzen debilen Dummköpfen vorgeblich neuen heißen Scheiß aus Fernost oder sonst woher daraus basteln. Und verkaufen!

Waldspaziergang

Nehmen wir mal den klassischen Waldspaziergang: Der Horror aller pubertierenden Kinder, die von ihren Eltern am Wochenende mehr oder weniger dazu genötigt werden. Leroy kann ein Lied davon singen. Mein Gott, wie habe ich es gehasst, mit meinen Eltern sonntags durch den Odenwald zu stapfen. Dasselbe bei Klassenfahrten. Wir fuhren ins Mittelgebirge und wanderten den ganzen Tag. Zur Krönung mussten wir noch die Mundorgel auf und ab singen. Bei der Armee kann dann die Krönung: da hieß das nicht mehr Waldspaziergang, sondern Gewaltmarsch.

Gewaltmarsch

Der Gewaltmarsch ist wie ein Waldspaziergang, aber mit G3 und 20 kg Gepäck. Dazu noch extrem naturnah mit Löchern graben (Gräben ausheben) und dort Wache schieben, während Regenwürmer einem beim verbotenen Pennen übers Gesicht kriechen bzw. beim gefechtsmäßigen Scheißen unter einem rumwurschteln.

Ist auch out.

Moderne Zeiten ändern alles

Ob es nun Erziehung, Gewöhnung oder einfach nur die menschliche Natur verbunden mit fortgeschrittenem Alter war: Irgendwann befand sich Leroy auf der anderen Seite und marschierte freiwillig durch den Wald, während seine Kinder nun hart am Abkotzen sind.

Die letzten Jahre aber habe ich gelernt, dass das total hipp ist und Leroy also schon immer cooler Early-Adopter war. Wie sollte es auch anders sein? Nur meine Kinder haben das noch nicht mitbekommen, aber die sind ja auch weder woke noch nice.

Genusswandern

Zum einen gibt es auf einmal eine riesige Online-Community, die sich über Plattformen wie komoot ihre Touren in Form von sozialen Medien plant, kommentiert und austauscht. Dieser Trend heißt Genusswandern. Ist dasselbe wie wandern, aber jetzt halt mit Genuss dabei. Gleichzeitig entstehen überall neue Wanderwege.

Waldbaden

Für die Esoteriker gibt es einen neuen Trend, der sich Waldbaden nennt. Das sind heilende Waldspaziergänge. Also letztlich nichts anderes als der Sonntagsspaziergang durch den Odenwald oder die Brandenburger Heide, aber halt waldbaden. Waldbaden ist kein langweiliger Spaziergang, sondern total hipp und woke.

So haben Forscher herausgefunden, dass selbst kurze Aufenthalte im Wald die Herzfrequenz, die Cortisol-Werte, den Blutdruck und die Symphatikus-Aktivität senken. Und noch tausend andere Sachen. Kurz: Genau das, was die Altvorderen schon immer wussten und praktizierten.

Heute macht man also waldbaden und genusswandern statt spazierengehen oder wandern. Meinetwegen, Hauptsache, die Leute bewegen ihre fetten Ärsche und kommen hysterischer Verblödung zuvor.

Der neueste heiße Scheiß kommt aber jetzt aus Japan:

Shirin-Yoku: Bäume umarmen

Die Japaner, die eindeutig die abgefahrensten Zeitgenossen unter den ernstzunehmenden Völkern dieses Planeten sind, haben dem Waldbaden und Genusswandern die Krone aufgesetzt: Man umarmt Bäume planmäßig und unter Anleitung.

Denn zusätzlich zu den sonstigen positiven Wirkungen, die ein gewöhnlicher Waldspaziergang bzw. seine modernen Umbenennungen nach sich ziehen, kommt hier eine weitere emotionale und psychische Komponente hinzu, die der Focus knallhart aus der Tasche zieht:

Auch das Umarmen von Bäumen kann zur Entspannung beitragen, sofern Sie sich dabei wohlfühlen. Umarmungen setzen das Hormon Oxytocin frei - unabhängig davon ob Sie einen Baum, ihr Haustier oder ihren Partner umarmen.

Gut, bei manchen Partnern kann ich das verstehen, da ist ein Baum evtl. sogar vorzuziehen. Und ich kann jetzt eine Erfahrung vom letzten Jahr verarbeiten, als ich bei einem Spaziergang vier Frauen in den Wechseljahren gesehen habe, die mitten im Wald standen und sich an Bäume geklammert hatten. Damals dachte ich noch, die seien einer geschlossenen Anstalt entkommen oder haben sich einem modernen Guru angeschlossen, der sie so auf Gruppensex vorbereitet. Wir wir nun alle wissen: Sie haben Shirin-Yoku gemacht.

Leroys Offenbarung

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Als ich obigen Baum am Wochenende beim Waldbaden sah, war ich fast versucht, Shirin-Yoku zu machen. Was für ein tapferes, sympathisches Kerlchen.

War mir dann aber doch zu blöd. Immerhin habe ich ihn länger betrachtet und bin dann hingegangen und habe ihn etwas getätschelt.

Wenn Leroy nicht am Waldbaden ist oder Shirin-Yoku "light" praktiziert, befasst er sich ausschließlich mit anderen spirituellen Dingen, z.B. in seinem bisher etwas unterschätzten Jahrhundertwerk zur Bewältigung aller möglicher Probleme

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Sort:  

Man sieht, dass Du im Woke-Sein nicht geschult bist.

Bäume umarmen without consent = normalizing of rape culture

Genau deswegen wurde das Stinktier Pepe Le Pew aus dem neuen Space Jam Zeichentrickfilm mit LeBron James geschmissen

Da die Hautfarbe des Baumes in der Regel dunkler ist als deine, habe wir es auch noch mit einem Fall von White Supremacy zu tun.

Da Du ein alter weißer Mann bist und Shirin-Yoku machst, ist das auch noch Cultural appropriation.

Fehlt nur noch Blackfacing.

Ich kann Dir nur empfehlen ein Sensitivity Training zu machen, bevor man dich wegsperrt.

Alter! Du bist PROFI!
Ich habe kein Wort verstanden außer woke, und selbst das hab ich erst kürzlich von Dir gelernt.
Leroy arbeitet nur mit Ausländern, da gibt es so einen kranken Scheiß nicht.
Mehr davon!
PS: Sensitiy-Training mach ich, aber nur wenn Du mitmachst und mein bulgarischer Kumpel uns dabei filmen darf!

Es war noch nie so einfach zu glänzen wie heutzutage.
Man muss nur ein paar Schlagwörter der ganz radikalen linken Amerikaner auswendig lernen.
Da die immer ein paar Jahre früher dran sind als wir, bist Du bei uns immer der König.

Wobei ich sagen muss, auch ich komme an meine Grenzen.
Bei folgendem Tweet bin selbst ich ausgestiegen:

Immerhin habe ich neulich erklärt bekommen, dass ich ein CIS-Mann bin. Wofür die Abkürzung steht, weiß ich allerdings nicht. Was ist nur aus den guten alten Hurenböcken geworden? Gibt es die auch noch oder sind das vielleicht die CIS-Männer?

Hurenböcke gibt es nur solange gevögelt wird.
Die woke Jugend macht das nicht mehr.
Klimawandel, White Supremacy, Normalizing Rape Cultur, usw. fängt ja alles damit an, dass jemand gevögelt hat.

Gibt es wirklich jemanden, der ernsthaft an white supremacy und Klimawandel zweifelt?

Es gibt immer noch viel zu viele Menschen, die leugnen, dass White Supremacy am Klimawandel schuld ist.

Congratulations for your great article.

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Herzlichen Glückwunsch zu deinem tollen Artikel.

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Also, so neu ist das Bäume-umarmen auch wieder nicht. In meiner Hippie Phase vor gut 40 Jahren war das auch im Gespräch - da war das einzig japanische was man hier kannte, Godzilla und Yoko Ono. Es kam wohl eher aus den USA, und wurde "Tree Hugging" genannt. Das spricht sich irgendwie einfacher als "Bäume umarmen".
Aber damals war das - wie gesagt - was für Hippies, nicht für Hipster. Es kommt halt nur drauf an, wie man etwas verkauft, nicht was man verkauft. Sicher schafft es auch bald irgendein ausgebuffter Werbefritze die katholische Kirche wieder angesagt zu machen, dann laufen wieder alle Sonntags in die Kirche. Wenn man das wieder darf.

"Tree Hugging" - das ist vermutlich zu weiß und klingt auch voll aggro. Krass und heftig und ungefragt umarmen.

"Shirin-Yoku" dagegen klingt weich und nett und feminin und ist eher so die softe Art vermutlich, mit Rücksichtnahme auf die vermuteten Gefühle des Baums. Daher auch mit teuren Kursen zu vermitteln.

Aber nein, das war eine ganz sanfte Sache, zwecks verschmelzen mit der Natur, eins werden mit Mutter Erde und so weiter. Und natürlich wurde der Baum auch um Erlaubnis gefragt. Bei entsprechender Medikation hat der sogar geantwortet. :)

während Regenwürmer einem beim verbotenen Pennen übers Gesicht kriechen bzw. beim gefechtsmäßigen Scheißen unter einem rumwurschteln.

Ist auch out.

vielleicht gar nicht so sehr, kommt drauf an was man zulässt. Als ich zu Arte aufgewacht bin hatte ein "Earthlover" einen Eimer voll Würmer und Erde am Wickel.

Nur getätschelt? Ökoerotik ist doch völlig woke und im Trend. Finde deinen E-Punkt! Waldbaden ist Vorspiel. Aber passe auf! Wie man auch bei der Freundin von draußen nur noch zugucken darf, so ist auch unsere Gaia weiblich - was dich so fern du Dieselfahrer bist eh zum Ökosexisten macht. Sehr sensibles Thema.

Ich mache nur Fresh-Air-Snapping.

Leroy ist eher für mushroom-searching beim fresh-air-snapping.

Waldbaden ist immer noch mein Favorit 😎

Die Japaner und Asiaten sind ja berühmt für ihre Perfektion. Bonsai, Origami, Tuschezeichnungen, Holzkunst und dergleichen mehr. Die Altäre in den Häusern, so sie richtig geführt werden, orientieren sich an den Jahreszeiten und die Zen-Tradition tut das Ihrige. Natürlich sind das absolute Minderheiten, wo das so ist. Aber importiert wird eben aus dem Westen alles Mögliche und wird hier auch gern total missverstanden.

Umarmungen setzen das Hormon Oxytocin frei - unabhängig davon ob Sie einen Baum, ihr Haustier oder ihren Partner umarmen.

Ich mag diese biologisch-chemischen Erklärungen aus irgendwelchen Gründen nicht. Genau wie ich es nicht mag, dass man das nun auch über's Lachen sagt und auch von irgendwelchen chemischen Formeln redet. Alles ist "um zu". Dass man einfach Spaß und Freude an was hat, reicht im Sprachgebrauch wohl nicht mehr aus. Es hat alles einen wissenschaftlichen Hintergrund. Aber menschliches Denken, Fühlen und Handeln allein auf den Gesundheitszustand abzustellen, finde ich irgendwie pervers.

Ich bin aber trotzdem mit dir auf Linie, wenn es darum geht, dass wenn man von sowas hört, es doch tatsächlich dazu anregt, es mal selbst zu versuchen mit einer Baum-Umarmung. Heimlich hab ich das auch schon mal gemacht. Bin also ein Stück weiter gekommen als du. :)

Die biologisch-chemischen Erklärungen sind ja auch keine Erklärungen, sondern nur hilfloses Gestammel von Akademiker-Affen ohne Triebabbau. Als echt krasses wissenschaftliches Zitat taugen sie aber supergut.

"das Umarmen von Bäumen kann zur Entspannung beitragen, sofern Sie sich dabei wohlfühlen"
Scheint mir der entscheidende Satz hier zu sein. Sofern man sich dabei wohlfühlt, kann so einiges zur Entspannung beitragen, z. B. auch das Sitzen um einen toten Baum, wenn dieser als Lagerfeuer vor sich hin kokelt.