Inseratenaffäre: Rechtsschutzbeauftragte der Justiz sieht „Gefahr für Pressefreiheit“

in #deutsch2 years ago

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Die Rechtsschutzbeauftragte der Justiz ist das oberste, unabhängige und weisungsfreie Kontrollorgan über die Staatsanwaltschaften. Gegenüber einer Tageszeitung äußerte sie sich am heutigen Freitag kritisch zum Vorgehen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bei den Hausdurchsuchungen der Zeitung „Österreich“. Wie Wochenblick berichtete, wird das Medium der Fellner-Brüder beschuldigt, zentral in den Inseratenskandal rund um die Kurz-ÖVP verwickelt zu sein. „Wer den Rechtsstaat vertritt, hat sich selbst an die Vorgaben des Rechtsstaates zu halten. Ich sehe in den letzten Entwicklungen mit Blick auf das Redaktionsgeheimnis eine Gefahr für die Pressefreiheit“, betonte die Juristin.

  • Oberstes Kontrollorgan der Justiz übt Kritik an Hausdurchsuchungen bei „Österreich“ durch WKStA
  • Handystandort-Bestimmung muss bei Journalisten vorab von der Rechtsschutzbeauftragten bewilligt werden
  • Rechtsschutzbeauftragte erkennt keinen Tatverdacht
  • Juristin sieht Gefahr für Pressefreiheit
  • WKStA weist Vorwürfe „entschieden zurück“
  • Mediengruppe Österreich klagt die Republik

Prof. Dr. Gabriele Aicher übt auf 13 Seiten Kritik am Vorgehen der WKStA bei ihren Ermittlungen. Für die weisungsfreie Rechtsschutzbeauftragte war die Bewilligung der Hausdurchsuchung im Medienunternehmen von Wolfgang und Helmuth Fellner rechtswidrig. Sie sieht das Redaktionsgeheimnis und die Pressefreiheit gefährdet.

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Rechtsschutzbeauftragte sieht keinen Tatverdacht

Prof. Aicher sieht bei Ermittlungsmaßnahmen gegen Berufsgeheimnisträger, wie den Fellner-Brüdern, keinen dringenden Tatverdacht. „Sympathie darf keine Kategorie des Rechtsstaats sein. Ich bin in Sorge, weil ich wahrnehme, wie fortlaufend versucht wird, Grenzen zu verschieben, und das beunruhigt mich“, erklärte Aicher.

Prof. Aicher kritisiert weiters, dass alle Verfahren unter einem Dach gegen den ehemaligen FPÖ-Chef und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache geführt werden. Daraus ergebe sich der Umstand, dass immer derselbe Richter sämtliche Entscheidungen treffe. „Diese Sorge betrifft insbesondere die Frage der gerichtlichen Bewilligung: Der Haft- und Rechtsschutzrichter hat Anordnungen der Staatsanwaltschaft auf deren Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit hin zu prüfen“, führte die Juristin dazu aus.

WKStA weist Vorwürfe „entschieden zurück“

Die WKStA wies die Vorwürfe am Freitag in einer Aussendung von sich. Zugegeben wurde, dass man irrtümlich verabsäumt habe, eine geplante Handystandortbestimmung bei der Rechtsschutzbeauftragten zu beantragen. Bei Journalisten wäre dies vorab erforderlich. „Nach der gerichtlichen Bewilligung erkannte die WKStA selbst noch vor Umsetzung der Maßnahme am 5. Oktober 2021 dieses Versäumnis, hielt diesen Umstand transparent im Akt fest und wies das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) umgehend an, die Maßnahme nicht durchzuführen. Tatsächlich wurden die Standortdaten auch nicht erhoben“, wird die WKStA in einer Tageszeitung hierzu zitiert.

Die WKStA weist alle übrigen Anschuldigungen „entschieden zurück“. Denn diese stünden im Widerspruch zur Aktenlage und teilweise auch zur geltenden Rechtslage. Die Vorwürfe würden ohne ausreichende Tatsachengrundlage ein missbräuchliches Amtshandeln andeuten. „In Anbetracht dieser Kritikpunkte legte die WKStA die Beschwerde mit einer ausführlichen Stellungnahme dem Gericht vor. Das Oberlandesgericht Wien wird im Rechtsmittelverfahren über die Zulässigkeit dieser Beschwerdepunkte und die rechtliche und inhaltliche Berechtigung der Einwände entscheiden.“

Klage der Fellner-Mediengruppe gegen Republik

Die Mediengruppe Österreich hat indes eine Klage gegen die Republik wegen der Hausdurchsungen eingebracht. Einer Aussendung der Fellner-Mediengruppe ist zu entnehmen, die WKStA verschweige unter anderem, „dass sie ihre Anordnung zur Handy-Überwachung erlassen hat, bevor sie um Ermächtigung bei der Rechtsschutzbeauftragten des OGH angesucht hat. Die WKStA verschweigt damit auch, dass ihr von der Rechtsschutzbeauftragten des OGH im betreffenden Akt eindeutig eine ‚Rechtsverletzung‘ nachgewiesen und vorgeworfen wird.“

Die WKStA gehe „in ihrer Stellungnahme mit keinem Wort auf den Vorwurf der Rechtsschutzbeauftragten des OGH ein, dass für den schwerwiegenden Eingriff einer Handy-Überwachung und damit natürlich auch für die Hausdurchsuchung die Ausführungen bzw. Feststellungen zu Schädigungs-, Tatbild- und Beeinflussungs-Vorsatz fehlen und damit die besonders schwerwiegenden Gründe für diese Eingriffe ‚zur Gänze‘ fehlen“.


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