Geisel der Zeit

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Kaum habe ich an den Menschen gedacht, schon bin ich um den Schlaf gebracht. Kaum etwas in diesem Universum belastet mich in einer so zuverlässigen Regelmäßigkeit wie der Mensch selbst. Während ich mich selbst als pessimistischer Misanthrop bezeichnen würde, muss ich mich regelmäßig davon belehren lassen, dass ich in meinem Handeln das Gegenteil davon bin und gar beseelt von einem schier krankhaften Hoffnung, dass man es am Ende doch irgendwie richten kann.

Das es nur einen Anstoß benötigt um irgendwie positive Impulse in die Welt zu senden und sie zu einem besseren Ort zu machen. Auf der anderen Seite merke ich mit zunehmenden Alter wie unglaublich schwer ist, überhaupt etwas in der Welt zu ändern. Als eher progressiver Geist mit einer anarchistischen Grundtendenz neige ich dazu ein Prinzip des Laissez Faire zu zelebrieren. Solange es niemanden schadet, soll jeder halt so leben, wie er es für richtig hält. Ein meiner Meinung nach sehr rationales Konstrukt.

Es wird allerdings stets dadurch gestört, dass gerade jene Leute, denen man die Freiheit zubilligt, diese immer wieder dazu nutzt um sie einem selbst zu nehmen. So war das nicht gedacht. Da man aber eben nicht zu jenen gehören will, die sich irgendwann vorwerfen lassen wollen, dass man sich hat seiner Freiheit berauben zu lassen, tritt man als Don Quijote den Kampf gegen die Windmühlen der Gesellschaft aus um sie endlich zu strecke zu bringen.

Dabei wird allerdings eben immer klarer wie schwer es ist überhaupt eine Veränderung zu erreichen. Während man jeden Tag buckelt und sich versucht etwas aufzubauen, bezahlt man eben ständig sehr viele Leute mit, die ihre Freiheit dann dafür nutzen, um einem noch etwas wegzunehmen oder eben gegen einen zu Arbeiten. Irgend ein Horst ist immer da, der wieder mit neuen Geschichten aus der Gruft auf steht um irgend einen Orwellschen Alptraum hin zu zeichnen.

Jeder Bürger soll endlich wieder eine Nummer kriegen! Hurra! Das hatten wir doch schon einmal und lässt sich datentechnisch wesentlich smarter lösen. Mal wieder eine Vorratsdatenspeicherung? Kein Problem, ich klage immer wieder gerne dagegen (sofern man mir dafür irgendwann mal ein anonymes Denkmal setzt). Na und große Corona-Demo in Berlin? Keifte Katharina die Große nicht bereits während der Moskauer Pestrevolte, man „dürfen nicht ohne strenge Bestrafung bleiben (...) Jeder unterwerfe sich friedlich und ohne Aufruhr und gehorsam der Regierung, jetzt und in Zukunft.“ Kommt schon! Schlachtet ein wenig die Geschichte aus!

Wer in der Gegenwart an den Menschen an sich verzweifelt, sollte tunlichst vermeiden einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Immer und immer wieder scheint der Mensch seine Fehler zu wiederholen. Jede Generation in die Selben tückischen Fallen ihrer Zeit zu rennen als wären sie in einer Gesellschaft ohne Schrift und Sprache groß geworden. Die Gelehrten machen sich auf Intelligenz zu definieren als Eigenschaft von den Fehlern anderer zu lernen ohne sie selbst zu begehen.

Sich selbst stolz als „Homo Sapiens“ bezeichnend scheint der wissende Mensch vielmehr als „Homo Degeneratus“ zu sein. Ein schlichtweg degenerierter Primat, was der geneigte Leser bereits an unserer hässlichen Felllücken erkennen können sollte. Jeder sollte einmal einen echten Gorilla oder Mandrille vergleichen mit dem was aus der lokalen Muckibude kommt! Nichts bleibt dort vom erhabenden Gang und einer Würde übrig. Mein Körper ist ein Tempel, der Geist ein Klärwerk. So ließe sich vermutlich der Zeitgeist des Menschens am Besten beschreiben.

Ohne Zweifel kann man sich schier endlos über die Gesellschaft als Ganzes oder eben einzelne Individuen echauffieren. Wer im Leben bereits ein paar Erfahrungen gesammelt hat, wird sicherlich festgestellt haben, dass es verdammt schwer ist einen Menschen zu beeinflussen. Bei Kindern gibt es ein geringes Zeitfenster in denen man ihnen ein paar Werte vermitteln kann, wenn sie zu einem aufschauen. Bei einem ausgewachsenen „Homo Sapiens“ hingegen kriegt man nicht einmal mit nem Stock etwas ins Hirn geprügelt, da der sture Wesen dieses Primaten durch nichts anderes übertroffen werden kann.

Zeit endlich einmal ehrlich zu sein und halb resigniert, halb frustriert, festzustellen, dass es in dieser verdammten Welt nur ein Individuum gibt, dass wir verändern können: uns selbst. Während ich dabei grundsätzlich mit den Augen funkeln sollte, da dies dies eben mit meinem grundlegenden Selbstbildnis deckt. Wie romantisch! Jeder kann nur sich ändern und somit jeder genauso leben, wie er es für richtig hält!

Die Euphorie darüber verfliegt bei manchem Zeitgenossen allerdings bereits, wenn er seinem Bauch herab blickt und sich darauf besinnt, dass man dort ja eigentlich mal wieder etwas tun wollte und wie wenig dies in der Praxis funktioniert. Ist man eben objektiv, dann ist es bereits verdammt schwer sich selbst zu ändern. Immer wieder ist man eben einer Situation ausgesetzt, wo man sich verführen lässt. Durch Konsum, durch Dinge, durch Ideen. Ein Widerspruch?

Wir sind am Ende eben auch nur verlorene Seelen, die in einem Universum umher irren nach irgend einer Form von halt. Je mehr man über die Welt und allem darin sinniert, umso mehr schmerzt einem der Kopf. Was auch immer man über sie sagen mag, sie braucht sich nicht vorwerfen lassen simple zu sein. Kein Wunder, dass soviele Menschen sich damit abgegeben sich einfachen Erklärungen hin zu geben.

Da will man nicht dazu gehören! Man muss sich selbst diesem Kampf stellen und als leuchtendes Beispiel vorangehen. Doch je mehr man in den Abgrund blickt, umso mehr lächelt einem der Nietzsche daraus an und feixt sich einen. Denn in einem hat er ohne Zweifel recht. Was auch immer wir ein Leben lang versuchen zu bekämpfen, umso mehr werden wir eben zu diesem.

So muss ich immer wieder ein wenig darüber lachen, wenn junge Ökos in den Bundestag streben um die Welt zu verbessern! Ja, glaubt ihr etwa wirklich die Generationen vor Euch haben sich nicht darin versucht zu bemühen? Fragt doch mal die ganzen 68er, die die Fronten gewechselt haben. Kommt endlich vom hohen Ross einmal herunter und glaubt besser zu sein als all die Generationen vor Euch! Jede davon hat ihre eigenen Kämpfe geführt und sind kläglich daran gescheitert. Nicht einmal, sondern vermutlich millionenfach.

Wir träumen von einer Welt in der es eine solide und friedliche Zukunft gibt. In der wir keine ungewollte Arbeit mehr haben, jeder genug zu essen hat und kein Mensch mehr leiden muss. Bekommen haben wir einer der produktivsten Gesellschaften in denen viele Menschen unglücklich sind. Wir haben soviel zu essen, dass wir Wege suchen müssen um uns diesem wieder zu entziehen! Na, wenigstens kann man beim Leid erfolge Verbuchen! Wenn ein Land wie die USA die schwerste Opium-Krise durchmacht, dann kann es davon ja auch nicht mehr viel geben.

In einem solchen Moment bin ich froh, dass Mandrille und Gorillas kein Internet haben. Sie würden sich vermutlich feixend am Boden rollen und erst einmal den nächsten Menschen ein wenig nachäffen, während sie vor Freude laut brüllen. Dabei sollten sie sich nicht zu früh freuen, denn der Mensch handelt in sich dumm und nicht rational und brennt ihre Äußer schon einmal bei einem unbedachten Silvesterspaß nieder.

Was soll ich sagen. Manchmal fühle ich mich wie eine Geisel der Zeit. Vielleicht bin ich zu früh geboren worden und wäre in einer Zukunft in der es etwas mehr Zivilisation gibt besser aufgehoben. Blickt man allerdings auf den aktuellen Stand, wird es diese vermutlich nicht mehr geben. Vielleicht ist man dann einfach zu spät geboren worden. Irgendwo muss doch der entscheidende Tag sein an dem der Mensch den falschen Weg eingeschlagen hat.

Wo irgend ein Vorfahre sich nicht richtig an den Ast festgehalten hat und kopfüber den Baum heruntergefallen ist um sich selbst seiner als „Homo Sapiens“ bewusst zu werden und all dieses Elend auf dem Weg gebracht hat. Ob seine Zeitgenossen diesen Moment wohl haben erkannt und gewusst haben, dass nun der ganze Planet der Affen baden gehen wird? Oder ob sie es für eine gute Idee hielten und es dem ungeschickten Primaten gleich getan hat? Ich weiß es nicht.

Doch es gibt Tage wie diese an denen ich mit dem Gedanken spiele mein Gesicht mit bunten Fingerfarben zu bemalen, ein wenig die Schulterhaltung vor dem Spiegel zu beobachten, auf einem soliden Baum zu klettern und jedem Menschen der vorbei kommt eine gehörige Portion Fäkalien zur Begrüßung ins Gesicht zu schleudern. Na und wenn man richtig fiel Glück hat, finden vielleicht ein paar Andere daran auch noch gefallen und klettern wieder zurück auf die Bäume. Wenn man nur stark genug dran glaubt, kann man ja vielleicht doch noch etwas verändern! :)

Sorry, dass ich mich heute einmal ein wenig zynisch auslassen muss über einen der gefährlichsten Lebensformen auf diesem Planeten. Nicht wegen ihrer Zähne, ihres Intellekts oder ihrer Kraft. Sondern schlichtweg, weil sie sich selbst maßlos überschätzt und glaubt, dass man Fehler nur oft genug wiederholen muss, um dazu zu lernen!

Und solltest dieser Betrag die Zeit auf der Blockchain überdauern, dann verzweifel nicht daran. Du siehst, dass deine Vorfahrne genauso ratlos waren! ;)

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Woooow. Respekt. Selten so ein Genuss beim Lesen empfunden in letzter Zeit. Viele, die sich beruflich mit dem Schreiben ihre Brötchen verdienen, könnten sich hiervon ein paar Scheiben abschneiden.
👏👏👏

Vielen Dank. Mich freut es wirklich sehr, wenn am Ende etwas rausgekommen ist mit dem jemand etwas hat anfangen können. Meist versucht man ja den Schein zu wahren und mal etwas runter zu schlucken. Auf der anderen Seite gibt es einfach Dinge, die man auch mal sagen muss... ;)

Leicht melancholisch, mit der gewissen Würze Witz. :-) Sehr gut geschrieben und vor allem ausgedacht.

Ich nehme es einfach locker und vermeide, von Affen im Baum mit Fäkalien beworfen zu werden. Natürlich wäre ich auch gerne manchmal dieser Affe. :-D Wahrscheinlich, bin ich es auch, öfter als mir lieb ist. Immer Gefahr laufend, das ich gerade einen fatalen Fehler begehe.

Liebe Grüße
Sascha

Leicht melancholisch

Manchmal eher schon lethargisch. Wenn man von Menschen nichts erwartet und trotzdem immer wieder doch noch enttäuscht wird, dann ist es eine Leistung und zugleich beschämend :)

mit der gewissen Würze Witz. :-) Sehr gut geschrieben und vor allem ausgedacht.

Danke, dann ist das Ziel erreicht worden. Ich versuche zu vermeiden einfach nur wie ein Frustrierter zur wirken. Ein Brise Zynismus und man kann wenigstens noch etwas darüber lachen *sg

Ich nehme es einfach locker und vermeide, von Affen im Baum mit Fäkalien beworfen zu werden. Natürlich wäre ich auch gerne manchmal dieser Affe. :-D Wahrscheinlich, bin ich es auch, öfter als mir lieb ist.

Das vermeiden ist leider in einer modernen Gesellschaft sehr schwer. Wenn ich irgendwann mein "finanzielles Ziel" erreicht habe, stehen die Chancen nicht schlecht, dass ich irgendwo hinziehe, wo es sehr wenige Menschen gibt und vielleicht das vermeiden doch einfacher ist.

Daran genau dieser Affe zu sein, finde ich nichts verwerfliches, solange man es mit Schmackes macht. Wenn ich eines beim Umgang mit Primaten bereits gelernt habe, dann ist es, dass man deren Gehirne permanent am Laufen halten muss. Sonst riskiert man leicht den Hirntod von ihnen ;)

:-) Herrlich, Danke für die Lacher.

Ich werde mir nächstes mal auch etwas mehr Mühe geben, die Scheiße gut und weit zu werfen. Ich denke dann einfach an deine Worte. Das gibt Kraft alles aus mir raus zu holen. Ich sterbe gerade ein bisschen vor Lachen, bei all der potentiellen Doppeldeutigkeit. :-D

ABER wenn Du wirklich auswandern, wegziehen, dich in deine warme Höhle, am Ende der Welt verkriechen möchtest, so sei dir das gegönnt.

Solange, Du eine Interneverbindung hast, um weiter gute Sachen zu schreiben. :-D

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