Vom Wirtschaftsverständnis, Freiheit und Urinalen

Gerade wenn es um wirtschaftliche Themen gibt, winken die meisten Leute bereits genervt ab. Das erinnert einen ja sonst nur an das eigene Leid in der Geldbörse und wer will sich damit schon näher befassen, wenn man doch so schön bei anderen darüber jammern kann. Aus meiner Sicht verkümmert durch diese Denkweise langfristig das grundlegende wirtschaftliche Verständnis.

Das wiederum klingt fast so als sei das gegenüber dumm (was oft ja auch der Fall ist) und es wird immer gefordert für meine These ein Beispiel zu geben. Daher befassen wir uns heute einmal mit einem (nicht ganz ernst gemeintem) Beispiel, ergründen nebenher noch ein wenig sozialliberales Denken. ;)

Folgender Tweet schlug gestern bei mir auf:

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Und natürlich handelt es sich dabei um einen dieser Unfälle bei denen man nicht weiß, ob man dabei eigentlich lachen oder weinen sollte. Sofort hat man eine ganze Menge merkwürdiger Fragen im Kopf. Warum zur Hölle sollte man auf die Idee kommen ein Urinal auszulecken?

Gerade im öffentlichen Raum gibt es ja durchaus einen ganzen Haufen von Urinalen bei denen man schon ein wenig Sorge hat sein bestes Stück heraus zu holen aus Sorge, dass irgend etwas einem daraus anspringt und sich über einen her macht. Oft ist man mehr als froh, wenn man sich hat erleichtert.

Denn ganz nüchtern betrachtet handelt es sich um einen recht einfachen Vorgang. Meine Blase drückt und ich will etwas loswerden, was mein Körper als Abfall betrachtet. Technisch gesehen ist Urin gar nicht als solches anzusehen, sondern durchaus ein gut hygienisch gefilterte Flüssigkeit. Bei einem Diabetiker darüber hinaus sogar süßlich bis hin zur Lemonade. Würde man ausgedurstet ein paar Wochen in der Wüste sein – vielleicht noch ein Hauch Zitrone dran – wäre das vielleicht gar nicht so weit weg von dem was man beim Discounter so an Lemonaden bekommt.

Eigentlich also völlige Verschwendung, allerdings lohnt sich eine Aufbereitung wirtschaftlich absolut nicht. Zu Hause wäre dies durchaus noch zu machen, aber wenn es nun mal rauswill, muss es halt raus. So sind Körper halt! Und wer will es dann einfach in einem anderen Beutel weiter tragen. Da kauft man sich dann doch lieber irgend ein anderes Getränk und trägt das dann mit sich rum.

Darüber hinaus gibt es eben bei „normalen“ Menschen irgendwie einen natürlichen Ekel sich an Körperflüssigkeiten zu laben. Schon bei Gedanken daran kommt einem irgendwie das Würgen und nur weil ich hier so offen darüber schreibe, soll nicht der Eindruck entstehen, dass es bei mir anders ist.

Nüchtern betrachtet habe ich allerdings meiner Notdurft noch nie nachgeweint. Kurz nach der Verabschiedung hat man es mental bereits abgeschrieben. Wer eine gute Kinderstube genossen hat ist noch so gnädig die Spülung zu ziehen, damit der nächste den Ort so vorfindet, wie man es getan hat. Der Abschiedsprozess scheint bei einigen Leuten allerdings bereits früher einzusetzen.

Nun haben wir hier aber den Mandaten des Anwaltes, der hier scheinbar eine andere Ansicht dazu hat und es zu genießen scheint in Urinalen rumzulecken. Und ganz offensichtlich gibt es auch andere Leute, die sich daran offenkundig stören. Tatsächlich stelle ich mir die Frage, was genau wohl der Anklagepunkt hier überhaupt ist.
Muss er doch eine sehr raue Zunge haben um durch wildes Lecken das Urinal zu beschädigen. Ein Diebstahl liegt auch nicht vor, da die meisten Menschen sich eben nicht weiter um ihr Geschäft zu scheren. Erregung öffentlichen Ärgernisses? Ein Paragraph der sowieso irgendwie ein Relikt aus alter Zeit ist. Von mir aus sollen die Leute nackt draußen rumlaufen. Ein solcher Trend überlebt höchstens einen Sommer und erledigt sich dann von selbst.

Somit bleibt noch ein Verstoß gegen das Hausrecht übrig. Klar ist es unangenehm, wenn man eine ohnehin kleine Toilette hat und eine dauerhaft besetzt bleibt, weil sie sich in einer Art Reinigungsphase befindet. Und natürlich könnte dies auch auf andere Nutzer verstörend wirken und sie sich unnötig unter Zeitdruck versetzt fühlen. Aber dies ist ja auch der Fall wenn die Klo:frau (? Ist das so korrekt gegendet? Oder ist das Manninen?) vorne auf einen lungert und Geld von einem Will für eine Leistung, die eben oft ohnehin grenzwertig ist.

Würde man dieses Problem also irgendwie lösen in dem man den Fetischsten den Zugang in einem Zeitraum ermöglicht, wo andere nicht davon beeinträchtigt sind, würde es eigentlich keine Probleme mehr geben. Wie bei jedem Fetisch kann man nun natürlich darüber sinnieren, ob man diesen braucht. Aber so ist es nun einmal, dass es in dem Bereich viele sonderbare Dinge gibt, die man nicht nachvollziehen kann.

Und gewiss gibt es da gewisse Grenzen des Tolerierbaren. Immer dann wenn ein Übergriff auf einen anderen Menschen erfolgt ohne seine Einwilligung, muss man eine rote Linie ziehen. Aber bin ich wirklich in irgend einer Weise betroffen, dass jemand hinter mir das Urinal ausleckt? Insbesondere wenn er nicht gerade zuvor einen anglotzt, sondern man das ganze vielleicht datenschutzrechtlich Einwandfrei hinbekommt?

Auch könnte man natürlich argumentieren, dass es vielleicht hygienische Bedenken durch einen solchen Reinigungsvorgang geben könnte. Immerhin will ich am Ende nicht irgendwelche Krankenhauskosten tragen, nur weil ein paar Menschen wieder an der Toilette rum lecken. Auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Risikosportarten bei denen ich auch nicht einspringen will, aber muss. Und wenn man ganz ehrlich ist, werden einige das auch über das Bäuchlein sagen. Von daher ist es vielleicht nur fair, wenn man sich gegenseitig stützt bei was auch immer zu einem erfüllten Leben dazugehören mag.

Am Ende geht es in einer funktionierenden Gesellschaft ja immer darum möglichst viele Leute glücklich zu bekommen. Der Fetischist hätte seine helle Freude daran. Ich wünsche mir eigentlich nur eine saubere Toilette, die ansehnlich gereinigt wurde. Der Fetisch interessiert mich nicht, solange ich nicht davon betroffen wäre.

Wäre ich Geschäftsführer würde ich sofort erst einmal die Putzfrauen rausschmeißen (oder anderweitig produktiver einsetzen). Der Fetischist würde das Angebot kommen außerhalb der Landenöffnungszeiten Urinale zu reinigen. Wie er das macht würde ich nicht vorschreiben, da wäre er der Fachmann dafür. Die einzige Bedingung wäre, dass er am Ende noch einmal mit nem Toilettenreiniger nach wischt.

Ein Szenario in dem eigentlich alle Fraktionen gewinnen. Der merkwürdige Trieb kann befriedigt werden. Der Gast findet eine saubere Toilette vor. Der Geschäftsführer spart Geld ein und bekommt vermutlich ein besseres Reinigungsergebnis als zuvor. Ich bitte darüber mal offen nachzudenken und den eigenen Ekel außen vor zu lassen. Wir können hier jemanden sein liebstes Hobby zu Beruf machen und gleichzeitig volkswirtschaftlich gestärkt daraus hervor gehen.

Statt dessen ekeln wir uns lieber über so etwas und gucken uns alle angewidert an, dass man ein solch krankes Suspekt aus der Gesellschaft entfernen müsste. Danach ekeln wir uns über dreckige Toiletten. Dafür beschäftigen wir dann Gerichte und Anwälte, die in langen Verfahren darüber streiten in wie weit eine Schädigung vorlag oder das freiwillige Auslecken von Urinalen ein strafbarer Vorgang sein könnte. Und als Unternehmer beschäftigen wir notgedrungen Leute, die eigentlich nur herumsitzen und keiner Arbeit nachgehen und zudem unsere Gäste unzufrieden macht.

Welche Gesellschaft würde langfristig vermutlich besser abschneiden? Aber auf solch eine Idee kommen die meisten Menschen gar nicht, weil sie sich gleich von Anfang an zu stark gedanklich einschränken… ;)

Dieser Text soll primär der Unterhaltung dienen und erst sekundär ein wenig zu nachdenken anregen. Ich selbst möchte darauf hinweisen, dass ich das Risiko einer Ausleckung nicht beurteilen kann, allerdings rein vom Gefühl es nicht für jedem bedenkenlos empfehlen kann. Wer sich trotzdem darauf einlässt, handelt auf eigene Verantwortung. Ich werde nicht von Urinal-Herstellern bezahlt!

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