Von Geld, Macht und Empathie

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Glaubt man der allgemeinen Meinung, dann sind Menschen mit Geld grundsätzlich böse. Es spielt dabei eigentlich gar keine Rolle wie reich jemand am Ende ist. Wer das geerbte Haus der Oma fair an jemanden vermietet ist dabei auf der gleichen Stelle wie ein Vonovia. Wer ein paar Aktien von BASF gekauft hat, ist mindestens so böse wie ein Blackrock.

Wie ich als Blackrock-Aktionär es eigentlich schaffe jeden Morgen noch in den Spiegel zu gucken, möchte ich einmal in diesem Artikel ein wenig beschreiben. Ein Artikel, denn man durchaus mit einem gewissen Augenzwinkern und trotzdem dem nötigen Ernst betrachten sollte.

Ich selbst komme aus eher armen Verhältnissen und habe noch nie etwas geschenkt bekommen. Alles was ich bisher mein eigen nenne habe ich selbst in irgend einer Form erarbeitet und noch nichts geerbt bekommen. Als ich jung war, gab es von den Eltern nicht einmal Taschengeld. Jeder den ich kannte hat Taschengeld bekommen und ich sollte mir dann lieber einen Job suchen. Was als Kind hart war, hat mir am Ende aber eben doch gelehrt, dass man selbst für sein Glück verantwortlich ist und nicht immer etwas bekommt, wenn man die Hand aufhält.

Als „reich“ würde ich mich keineswegs bezeichnen. Nicht im Vergleich zu den Vermögen, die es sonst auf der Welt gibt. Allerdings habe ich ein überdurchschnittliches Vermögen gegenüber vielen anderen Bundesbürgern, da ich eben sehr viel spare. Wenn man Reichtum darüber definiert, dass man sich alles kaufen kann, was man sich wünscht… dann ist dies keineswegs nur damit zu erreichen, dass man viel Geld hat, sondern auch darüber, dass man gar nicht so viel braucht.

Um einen schicken Wagen zu lieben, fehlt mir irgend ein Gen. Ich finde Autos nicht sexy, wenn ich einen röhrenden Motor mit hoher Geschwindigkeit hören will, gehe ich an den Computer. Auch muss ein Auto nicht komfortabel sein, da ich meist nur kurze Zeit darin von A nach B fahre. Mit Mitleid gucke ich da auf all jene, die sich einen Sportwagen als Traumauto rausgesucht haben. Insbesondere dann, wenn sie ein eher unterdurchschnittliches Einkommen haben. Über Penisprothesen macht man keine Witze.

Während meiner Jugend habe ich durchaus gelernt, dass „Reiche“ sich in unterschiedliche Kategorien einstufen lassen. Wer reich erbt ist sich seines Wohlstandes oft nicht sicher und wirkt oft arrogant in seinem Verhalten. Wer „neureich“ ist hat meist sehr hart dafür geschuftet und eine vage Vorstellung davon, wieviel Entbehrung dahinter steckt. Wesentlich mehr als jene Neider, die nur auf deren Wohlstand blicken und ihren Anteil davon einfordern.

Gerade wenn in seinem Leben erst zu Wohlstand gekommen ist, zeichnet sich oft darin aus in einigen Dingen sehr großzügig zu sein und seinen Wohlstand zu teilen. So war ich durchaus als Jugendlicher sehr fein essen. In Restaurants, die ich mir selbst heute nicht leisten kann, weil man irgendwo als Gast eingeladen war. Mich imponierte das durchaus. Nicht wegen des feinen Essens, sondern das man zwar sparsam und viel investiert, gleichzeitig aber mit anderen teilt.

Das habe ich so für mich übernommen. Ein Teil des Freundeskreises ist durchaus ein wenig ärmer und gerade mit diesem gehe ich gerne auch mal gut essen. Nicht unbedingt edel, aber so, dass man am Ende wirklich satt ist und einen sehr schönen Abend hatte. Und es macht mir eine Freude am Ende auch die Rechnung zu bezahlen. Weil ich mir am Ende etwas kaufe, dass man eigentlich nur für viel Geld bekommt. Eine schöne Zeit mit Menschen, die einem etwas bedeuten.

Eine Überlegung imponierte mich stets sehr. „Nur der Schwache muss aus einer Position der Macht heraus, Stärke zeigen“. Gerade in der Tierwelt gibt es für einen Alpha keine größere Schwäche als mit Aggression einen Rivalen zu beackern. Jeder Beta um ihn herum wird dies als Zeichen der Schwäche auffassen und ihn eher herausfordern bis man irgendwann seinen Status nicht mehr aufrecht erhalten kann.
Wer als Mensch zu irgend einer Form von Macht kommt (Geld, im Beruf, im Verein…) und diese dann missbraucht gibt immer ein sehr schlechtes Bild ab. Gerade wenn man in einer solchen Position ist, sollte man stets die Schwächeren im Auge halten und seine schützende Hand über sie halten. Ein solches Verhalten mag Irrational wirken, sichert einem jedoch langfristig seine Position gegenüber dem, der sich zu seinem Vorteil nutzt.

Auch dies versuche ich im Leben durchaus zu verwirklichen. Mich macht es sauer, wenn der Müllwagen rumfährt und eine wütende Kolonne von Autofahren dahinter hupt. Es gehört nicht viel Intelligenz dazu um festzustellen, dass diese Leuten dort gerade ihre Arbeit machen und vermutlich wie wir alle, nur begrenzt Freude dabei haben. Es steht vollkommen außer Frage, dass wir alle wollen, dass der Müll abgeholt wird. Wie man dann wegen 2 Minuten Verzögerung alle paar Wochen dann so austicken kann, finde ich verstöhrend.

Gerade zu Weihnachten oder auch im heißen Sommer, lasse ich gerne Müllabfuhr oder der Post auch mal eine Kleinigkeit zukommen als Trinkgeld. Das muss nichts Großes sein, nur eine Geste. Der dunkelhäutige Postbote wird vermutlich es nicht überall sehr leicht haben. Ich weiß, dass er laktoseintolerant ist und deswegen bekommt er keine Schokolade mehr, sondern ein paar Gummibärchen. Die liebt er inständig und freut sich halt sehr, wenn man einmal an seinen Geburtstag gedacht hat.

Trotzdem sichert es einen zu, dass das eigene Paket auch mal sicher auf der Rückseite des Hauses verstaut wird und man tatsächlich eine Benachrichtung im Briefkasten hat. Ich rege mich weniger auf über die Post, schätze einen anderen Menschen wert und es kostet kaum etwas.

Gleiches gilt auch für Kellner oder den Kräften im Hotel. Werde ich nett behandelt, zeige ich mich auch mal erkenntlich und so manch einer wundert am Ende, warum meine Portion Pommes stets ein wenig größer zu sein scheint als die auf den anderen Tellern. Nicht das dies mein Ziel ist und vielleicht Ursache für den Wohlstandsbauch, aber es zeigt, dass Freundlichkeit sich auszahlen kann.

Wer jemand anderen so richtig am Kragen greifen kann, sollte ihn nicht durchschütteln, sondern durchaus zeigen, dass man ihm etwas sehr unangenehmes zufügen kann, es aber am Ende nicht macht. Der Luxus von Wohlstand ist eben der, dass man die Zeit haben kann sich empathisch auf andere Menschen einzulassen und nicht die ganze Zeit nur gestresst seinen eigenen Problemen hinterherläuft.

Und wenn man die letzte Bahn verpasst hat, kann man durchaus auch mal dem Obdachlosen an der Station einen kleinen Snack spendieren. Wohlgemerkt kein Geld, sondern direkt etwas zu essen. Oft merkt man dann erst, wie sehr man selbst in Schubladen denkt, da viele sich wirklich eher etwas über was zu essen bedanken. Dies kann einen durchaus interessante Gespräche und Einsichten auf das Leben gewähren, die man nicht bekommt, wenn man solche Menschen meidet.

Für mich macht es keinen Unterschied, ob jemand Reichtum hat und über Leichen geht oder ob dieser Rettungskräfte während des Einsatzes bepöbelt, die auf seiner Auffahrt stehen. Für mich macht es keinen Unterschied, ob jemand arm oder reich ist, wenn er entgleist und versucht andere Menschen unter seinem Joch zu zwingen. Ich finde dies alles verabscheuungswürdig.

Damit will ich keineswegs sagen, dass es mir immer gelingt. Auch ich bin nur ein Mensch, der stets bemüht ist das beste aus sich heraus zu holen und oft genug daran scheitert. Aber wenigstens versuche ich so fair zu sein, dass ich einen Menschen nach seinem Handeln beurteile und nicht danach, woher er kommt, wieviel er besitzt oder welchen Job er gerade nachgeht...

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sehr schön, gerade die story mit dem postboten erfüllt einem das herz
edit: ich liebe aber autos:D
@tipu curate

sehr schön, gerade die story mit dem postboten erfüllt einem das herz

Nun auch wenn er von einigen Kreisen gerade etwas verschriehen wird... am Ende gilt eben doch immer Kant! Behandele alle anderen Menschen genau so, wie man selbst behandelt werden möchte. Strebt man dann noch danach das beste Ich zu werden, was einem möglich ist, bleibt einem ja fast nichts anderes übrig ;)

ich liebe aber autos:D

Niemand ist frei von Lastern. Ich bin ja auch nicht frei und stehe auf Taktraten ^_-

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Seeehr viel Wahres dran, toller Post! Vor allem beim Auto/Sportwagen und dem Müllwagen hast Du mir sowas von aus der Seele geredet ! 👌

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Schöner Post, ja so ist das, leben und leben lassen :)

Diese Hauen und Stechen ist für mich ein Merkmal des Westens. in Asien sieht man das viel weniger, da gilt halt Anstand und gegenseitiger Respekt noch etwas.