Von Schafen, Investoren und der Weltherrschaft

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Oft schreibe ich hier für jene, die noch gar nicht an das Thema investieren heran geführt wurden und hoffe eben doch irgendwie einen kleinen Schubs geben zu können, dass man in die richtige Richtung fällt. Doch heute soll es einmal um ein Thema gehen, dass vor allem an jene gerichtet ist, die bereits diesen ersten Weg gegangen sind und auch schon einige erste Erfolge verbucht haben.

Als jemand der auf dem platten Land aufgewachsen ist, habe ich schon als Kind die Notwendigkeit von Deichen kennen gelernt. Es gehört nicht viel Grips als Kind dazu zu begreifen, dass diese Dinger zwar irgendwie Fremdkörper sind, es aber die Momente gibt in denen man froh ist, dass diese da sind. Jemand der noch nie erlebt hat wie das Wasser bis dicht unter der Deichkrone stand und sein ganzes Hab und Gut – ja vielleicht sein eigenes Leben – auf dem Spiel stand, wird nie verstehen, wieso eine gute Vorsorge wichtig ist.

Doch heute will ich nicht über Überflutung sprechen, sondern von sonnigeren Tagen. Auf diesen gehört auf einen vernünftigen Deich eben auch ein Schaf gestellt, dass ein sehr praktischer Rasenmäher für eben diese darstellt. Zwar blöken und meckern diese stets vor sich rum, schieben sich aber langsam eben doch effizient an jede Stelle an der das Gras zu hoch geworden ist und fressen dieses kurz. Und so ein Deich kann auch sehr groß sein für ein kleines Schaf!

Kein Wunder also, dass sie oft schnell kugelrund werden und sich dann ein wenig in der Sonne auf dem Pelz brennen lassen, der dann natürlich von seinem Schäfer auch immer wieder mal geschnitten werden muss. Zum einen damit die Schafe auch wieder ein wenig freier rumlaufen können und nicht soviel Ballast mit sich rumschleppen müssen, zum anderen eben auch, weil der Schäfer eben etwas verdienen will.

Ein idyllischer Ort für Grünromantiker halt, die nun einmal ihre Augen zuhalten müssen! Denn die bittere Wahrheit ist nun aber auch, dass so ein Schafleben am Ende doch arg begrenzt ist. Am Ende landet es eben doch auch auf einem Grill und kann dort eine durchaus delikate Speise abgeben. Das weiß vermutlich das Schaf und der Schäfer genauso.

Nun versetzt man sich aber einmal in die Rolle eines Schäfers, der nun vor der schwierigen Aufgabe steht ein Schaf auszuwählen, dass er am Ende des Tages schlachten will, da er Hunger hat. Er geht seine Tiere durch und wird darunter sicherlich auch einige Lieblinge haben, die ihm ans Herz gewachsen sind und er sie besonders niedlich findet. Da kann man nicht viel tun, so sind wir Menschen eben und vermutlich wäre er nie Schäfer geworden, wenn er sich dort besonders tief dran beißt.

Auch wird er sicherlich darauf achten, dass er nicht gerade das Schaf schlachtet, dass besonders viel Wolle gibt. Immerhin lässt sich diese gut verkaufen und je mehr davon da ist, umso besser ist es am Ende auch für ihn.

Grundsätzlich könnte er natürlich nach einem besonders großen und fetten Tier Ausschau halten, dass sicherlich eine sehr leckere Mahlzeit abgeben wird. Dies erscheint allerdings nicht besonders sinnvoll, da er für sich nicht die besten Tiere aussuchen wird. Immerhin könnte man diese ja auch besonders lukrativ verkaufen, da auch andere Gaumen sich durchaus daran erfreuen könnten.

Dazu kommt ein weiteres Dilemma. Würde er stets immer nur die größten und leckersten Tiere auswählen, würde irgendwann nur noch die Kranken und Schwachen übrig bleiben und am Ende vermehren. Das Ergebnis wäre langfristig eine extrem schwache Herde voller kleiner Tiere, die weder vernünftige Wolle noch gutes Fleisch abliefern würden.

Jede Auswahl ist am Ende eine Selektion der Herde und sorgt dafür, dass sie eine andere Charakteristik bekommt. Je mehr man es in eine Richtung drängt, umso krasser bilden sich einige Merkmale heraus. Es würde also Sinn machen, wenn das Beil ein eher schwächeres Tier erwischt, das vielleicht zudem bereits als Problemmacher aufgefallen ist. So das die Wollschafe und guten Futterverwerter erhalten bleiben.

Aus irgend einen Grund agieren die meisten Investoren allerdings komplett anders. Es gehört vermutlich nicht soviel dazu die Analogie zu verstehen. Die Schafe sind Anlagen, die Herde das Portfolio, die Wolle könnte die Dividende sein und naja… ein Verkauf ist eben ein Verkauf.

Gerade jene die bereits ein gut funktionierendes Portfolio haben, neigen immer wieder dazu sich meist von Anderen (!) dazu überreden zu lassen, dass man ja auch mal „Gewinnmitnahmen“ machen müsse. D.h. wenn man eine gut funktionierende Aktie hat, dann muss man diese eben auch mal verkaufen. Denn gerade wenn sie bisher sehr gut gelaufen ist, könnte es ja auch passieren, dass sie wieder abstürzt und man dann mit leeren Händen darsteht. Daher verkauft man die Aktie lieber um eben seine Gewinne auch zu realisieren.

Gleichzeitig neigen viele Investoren darauf auf seine schlechten Aktien zu blicken. Jeder von uns hat es bereits einmal erlebt, dass einer seiner Lieblinge und eine totsichere Anlage sich so ganz anderes entwickelt hat als man es angenommen hat. Bei 50€ war es ein guter Deal! Dann sinkt sie unter 40€ runter und man sucht nach Erklärungen. Ganz sicherlich war es Corona, eine Weltverschwörung der NWO oder gar eine besonders garstige Herde genialer Alpakas, die die Geschicke der Welt lenken!

Erst wenn sie dann auf 30€ fällt, bekommt man langsam zweifel, ob man wirklich einen so guten Zeitpunkt erwischt hat. Und spätestens bei 20€ liegt man röchelnd am Boden und sämtliche Euphorie ist verflogen. Man weiß, dass die Aktie nicht so der Burner war. Dies passiert wirklich jedem Mal! Aber die Kunst liegt darin dabei Objektiv zu bleiben.

Denn in beiden Fällen greift eben der sogenannte „Anker-Effekt“ bei dem sich der Anleger zu sehr an seinem Einkaufspreis orientiert. Steigt die Aktie stark an, empfindet er sie als zu teuer. Sinkt die Aktie stark, sieht er die Verluste und hält immer weiter daran fest!

Dabei ist es nicht sinnvoll sich am Anker zu orientieren, sondern vielmehr an den jeweiligen Potenzialen. Eine Aktie die besonders gut gelaufen ist, wird dies ja vielleicht auch noch in Zukunft tun. Wieso sollte man eine Aktie mit guten Aussichten verkaufen? Dies lohnt nur dann, wenn sich grundlegend etwas geändert hat oder man eben daran zweifel bekommen hat.

Genauso braucht man keine Niebelungentreue zu Titeln halten, die abgestürzt sind. Man muss da vielleicht auch mal hingucken, was der Grund dafür geworden ist. Vielleicht hat der Markt in seiner Einschätzung ja durchaus recht und die Zahlen sehen bescheiden aus. Vielleicht ist auch der neue CEO ein visionsloser Verwalter, der besser bei einem Bestatter untergekommen wäre.

Man muss lernen eine vernünftige Balance darin zu finden und seine Anlagen danach zu beurteilen, wie die Zukunft aussieht… weniger wie die Vergangenheit aussah. Natürlich ist es legitim auch mal Gewinne mitzunehmen um sich abzusichern. Ja, vielleicht sogar nur teilweise, damit man seine Ausgaben wieder rein bekommt und trotzdem weiter noch im Spiel bleibt.

Gleichzeitig ist es dumm seine Aktie zu verkaufen, wenn die Kurse im Keller sind. Viele Leute verkaufen auch viel zu schnell um „Verluste zu begrenzen“ ohne jemals zu verstehen, dass sie diese dadurch nur realisieren. Stürzt der Gesamtmarkt wie im Corona-Crash ab, muss man halt auch mal das Sitzfleisch mitbringen oder sogar noch einstiegen und nachkaufen.

Stürzt das Unternehmen gegen den Marktrend ab und hat eindeutig eine Markteinführung verkackt, dann sollte man nicht stets denken, dass hier nun ein Schäppchen vorliegt, nur weil sie schonmal höher war. Der Glaube das alles was fällt auch wieder hoch kommt ist gefährlich naiv.

Es gibt ja auch immer noch Leute, die Wirecard kaufen. Nein, die kommen nicht mehr zurück auf 200€. Das Unternehmen ist bankrott. Finanziell und vom Ruf erst recht. Das ist kein Schäppchen mehr!

Trotzdem enden viele Junginvestoren nach einigen Jahren mit einer kränklichen Schafsherde. Wer immer nur seine Premiumtiere schlachtet ohne auf seine Wolle zu gucken oder das Fleisch, dass das Vieh noch ansetzt, wird irgendwann nur noch kranke, klapprige Tiere auf seinem Deich stehen haben, die beim ersten Windstoß von alleine umfallen und das zeitliche segnen.

Genau so sehen viele Depots von einigen Investoren im Laufe der Jahre auch aus. Sei also kein Schaf, sondern ein guter Schäfer! Wähle vernünftige Titel aus, die langfristig wachsen können. Je nach Geschmack und Hunger eben mehr auf Wolle oder Fleisch fokussieren. Trotzdem ist beides nur bei gesunden Tieren garantiert.

Braucht man doch mal spontan Kohle, gehe nicht gleich immer an die Premiumtiere ran, sondern lass lieber auch mal eines der Kranken über die Klinge springen. Gerade wenn dieses ohnehin bereits mit Schaum vorm Mund auf der Wiese steht und andere Viecher beginnt anzuknappern, kann das sehr befreiend sein. Man sollte nicht das Leid vergessen, dass so mancher SM-Investor sich über Jahrzehnte mit einigen Titeln so antut.

Gerade über die Steuer kann man sich getrost auch mal von einigen Titeln unter Einstandspreis trennen ohne gleich echte Verluste einzufahren. Besonders eben dann, wenn absolut keine Besserung in Sicht ist. Kein Grund diesen Teil der Herde permanent zu pflegen und auszubauen.

Die Kritiker mögen nun sagen, dass der Vergleich hinkt. Das gerade wenn eine Sturmflut aufzieht einem schnell der ganze Deich mitsamt der Schafe dahin weg schwimmt. Trotzdem wurde hoffentlich klar, was ich mit dieser kleinen Anekdote eigentlich sagen wollte!

Der schlechte Investor frisst nicht das Schaf, sondern die Wolle. Der durchschnittliche Investor stopft sich nur die dicken Viecher rein bis er nichts mehr hat. Der gute Investor verkauft seine Schafsherde und züchtet die Alpakas um mit ihnen die Welt zu beherrschen! ;)

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In meinem Suff piksd geöffnet, den @der-prophet gesehen und gedacht Jo, Recht hast Du. Wollte ihn Voten, war aber nich inner Käy Tschain eingeloggt und ging nicht. Runtergegugg, dachte vote ihn später, den alten Kumpanen. Der versteht das. Deine Überschrift gelesen und nur gedacht, selten wohl am Tag! :

Wohl, cool, und dumm Gelacht in der Freude auf das Lesen! Gugg ich mir noch an, wie auch die Antworten, die ich Schuldig bin. Wohl nicht nur dir. :-)

Danke für dein Schreiben hier echt!
Sascha

Kein Alkohol ist auch keine Lösung 😇

Sehr interessant!

Liebe Grüße Michael

!invest_vote
!jeenger

Es ist viel schlimmer die Gewinne zu früh mitzunehmen, als die Verluste laufen zu lassen (außer man handelt auf Kredit).

Selling your winners and holding your losers is like cutting the flowers and watering the weeds.” – Peter Lynch

Aber das hört sich in der Theorie viel einfacher an. Ich habe das gerade mit zwei Unternehmen festgestellt. Hive Blockchain Technologies und The naga Group AG. Beide sind extrem schnell sehr stark gestiegen und da will man einfach die Gewinne sichern. Der Drang ist richtig stark. Es könnte ja wieder fallen und dann hat man die Chance verpasst.
Aber bei beiden Unternehmen sehe ich die Entwicklung des Kurses als gerechtfertigt an und die Story ist intakt, also die Aussichten für die Zukunft sind gut. In so einem Fall muss man eisern bleiben und die Hände still halten.

In der Retrospekative sieht es immer krass aus, wenn man nachrechnet, wie viel Geld man mit einem Investment von 1000$ in Apple im Jahr 1990 hätte machen können. Fakt ist aber, dass die meisten Menschen in der Zwischenzeit ihre Anteile verkauft hätten. Irgendwann kommt immer der Moment, wo man denkt: "Jetzt reichts aber, ich verkaufe". Obwohl das Quatsch ist. Die Aktien können fast unendlich steigen. Das wird uns immer wieder bewiesen. Der Kurs darf keine Rolle bei der Entscheidung über den Verkauf eines Unternehmens spielen. Es muss auf das Unternehmen und seine Zukunftschancen geschaut werden.

Bei HBT würde ich tatsächlich auch eher ans Verkaufen denken. Naga ist mir neulich ins Screening reingerutscht.

Tatsächlich ist es in der Praxis gar nicht so einfach. Das geht ja schon immer beim "fairen Wert" los. Einige Leute beschränken sich da ja immer auf der Theorie und man hängt anschließend genauso ratlos da wie vorher.

Gerade wenn Du Dir des Problems bewusst bist, gehörst Du nicht zur Zielgruppe des Textes. Gefühlt 80% aller "Investierten" kommt ständig an und fragt, ob man etwas verkaufen sollte, weil es 5% hoch gegangen ist. Am Ende hört man dann immer wieder das sie ihre "gutlaufenden Titel" geschlachtet haben und lieber auf irgend eine dubiose Wette gesetzt haben. Das tut mir immer in der Seele weh.

Ob man wirklich ein Apple vollständig mitgenommen hätte, bezweifel ich auch stark. Aber in einem solchen Fall sollte man vielleicht eben lieber einen Teilverkauf machen und weiter im Spiel bleiben. Eine solche Strategie ist am Ende aber auch seltener als man glaubt, da es ja jene Leute gibt, die glauben, dass 10 Aktien im Depot absolut ausreichen und entsprechend schnell ins Trading übergehen.

Tatsächlich habe ich erst durch Beate Sanders gelernt, dass man als Privatinvestor durchaus auch mal ein sehr breites Portfolio halten kann und erfolgreich sein kann. Klar ist am Ende ein ETF oft auch ein Ansatz... aber solange die Aktie noch blökt, habe ich kein Bedarf mich davon zu trennen.

Ja Teilverkäufe ziehe ich in letzter Zeit auch immer mehr in Betracht. Ich denke ich muss mir mal eins von Beate Sanders Büchern kaufen. Hast du schon eins gelesen oder kannst eins empfehlen?

Nein, Bücher habe ich bisher keine von ihr gelesen. Ein Kumpel hat ihren "Börsenführerschein" gelesen und fand den gut. Mit dem würde ich wohl anfangen. Gibt aber zig gute Interviews mit ihr wo sie ihre Strategie erklärt.

määäh!

!WINE


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wine-greeting


WINE Current Market Price : 1.100 HIVE

Das ist halt nicht so einfach für Jedermann, idealerweise sollte man von allem ein wenig haben.
Grundwissen, das nötige Kleingeld dass nicht abgeht, gute Nerven und eine gewisse psychische Stärke.

Das stimmt. Nicht jedermann ist in der Lage dort besonnen zu agieren. Dabei ist der ganze Wissenskomplex nicht unbedingt moderne Raketenwissenschaft. Selbst mit einem Gespräch mit einem Schäfer kriegt man eine bessere Beratung als bei so mancher Bank. Leider treten viele die Reise gar nicht erst an aus Angst vor Fehlern und das ist der Einzige echte Fehler.

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