Burg und Berg Oybin - Teil 2

in Deutsch D-A-CH2 years ago

Hier nun der zweite Teil zum Besuch von Burg und Berg Oybin. Weit sind wir noch nicht gekommen, wir haben uns nur auf dem Burghof und in den Gebäuden dort umgesehen.

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Nächste Station ist die Klosterkirche. Sie liegt erhöht und ist heute über eine freiliegende Treppe zu erreichen. Früher stand hier ein Vorbau.

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Der Eingang zur Kirche. Ganz links das Bahrhaus. Es enthält eine kleine Sammlung an Fundstücken. Links und nicht im Bild gibt es ein Tonnengewölbe, das erst kürzlich für den Besucherverkehr freigegeben wurde. Rechts vom Bahrhaus der Weg in den Kreuzgang. Daneben die Reste des Vorbaus, die Tür führt in die sogenannte Unterkirche. Aber zuerst in die eigentliche Klosterkirche. Nach dem Betreten bietet sich folgendes Bild:

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Gut, ein durchaus imposanter Bau. Aber was sehen wir hier eigentlich? Erklärungen fehlen im Gemäuer. Deshalb hier die Erläuterungen in etwas ausführlicher Form. Der Bau erfolgte, wie schon im ersten Teil beschrieben, von 1366 bis 1384. Die Zerstörung 1577 durch Blitzschlag und lang anhaltenden Brand. Was wir hier sehen sind also tatsächlich die Reste der alten Bausubstanz und keine neuzeitlichen Bauten. Der Raum ist 29 Meter lang und gliedert sich in Kirchenschiff (der breitere Teil) und Kirchenchor (der hintere, schmalere Teil). Dazwischen steht ein 30 Meter hoher Schiedbogen, an dem ehemals ein sehr großes Kreuz an Eisenketten hing. Direkt am Eingang, auch im Bild oben sichtbar, stehen scheinbar unmotiviert Steine im ansonsten glatten Boden herum. Die gehörten zu einer Säule, die das Kreuzgewölbe des Orgelchors stützten. Das ist heute eingestürzt und nur noch durch eine Tür kenntlich, die im Turm als Zugang vorhanden war. Auch die Nische für den Notenschrank kann man noch erkennen. Der Zugang zum Turm befindet sich rechts des Eingangs und führt heute auf eine Aussichtsplattform. Aktuelle Bilder gibt es keine, zum Zeitpunkt meines Besuches geschlossen wegen Corona.
Zurück zum Innenraum. Links im Kirchenchor befand sich die Kanzel. Man erkennt ihren Standort durch die unterschiedliche Wandgestaltung. Mittig im Chor stand der Hochaltar, rechtsseitig gibt es eine große Aushöhlung im Fels. Dort nahmen die Klosterchefs Platz. In den Wänden gibt es mehrere Aushöhlungen für Schränke und kleine für das heilige Öl. Im Kirchenschiff gab es weitere vier Altäre, von denen allerdings nur der Standort von zweien zu erahnen ist. Weitere Details im Innern sind dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. So die drei blumenumrankten Weihekreuze, die man noch im 18. Jahrhundert bewundern konnte. Ein genauer Blick lohnt sich auch auf die Fensterdetails.

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Alle Fenster waren anspruchsvoll gearbeitet und mit Bunt- und Butzenglas versehen.

An der linken Seite sieht man Türen, von denen aber nur eine dem Besucher offen steht. Sie führt zur Wenzelskapelle oder auch Sakristei.

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Dieser Teil der Kirche war ursprünglich als Betstübchen für Karl IV bestimmt. Der aber starb im Jahr 1378 und hat die Fertigstellung nicht mehr erlebt. Für diejenigen, die sich fragen, warum dieser Name immer wieder auftaucht: Der war nicht irgendwer, sondern wurde immerhin 2 x zum römischen König gewählt und gekrönt, war König von Böhmen, Titularkönig von Italien, römisch-deutscher Kaiser und König von Burgund. Damit herrschte er über weite Teile Europas. Und er war vier mal verheiratet, aber das nur am Rande. Viel mehr ging damals nicht, die Titel betreffend. In der Kapelle erkennt man noch den Unterbau des dortigen Altars.

Die verschlossenen Türen führen zu Seitenkapellen oberhalb des Kreuzganges.

Nun wird es nach so viel Geschichte Zeit für einen kleinen Test. Platzangst? Zu viel Körperfülle? Das kann man rausbekommen. Dazu verlassen wir die Kirche wieder und wenden uns nach rechts. Da gibt es eine Tür, neben der ein Schild mit dem Namen "Unterkirche" prangt. Man gelangt in einen Betraum, der auch heute als solcher von der Kirchgemeinde verwendet wird.

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An sich nicht aufregend, ein schmuckloses Gewölbe. Wäre da nicht ganz hinten links ein sehr enger Durchschlupf. Nicht abgesperrt. Man kann sich hindurchzwängen und landet in einem grob behauenen, fensterlosen Raum.

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Blick zurück aus der Kammer

Nicht täuschen lassen, so hell wie hier im Bild dargestellt ist der Durchgang nicht. Die Funktion des Raumes ist nicht belegt. Test bestanden und wieder nach draußen. Es geht weiter nach rechts. Dort erwartet uns vor dem Kreuzgang das sogenannte Bibliotheksfenster.

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Das Fenster bildete die Vorlage für diverse künstlerische Darstellungen. Daneben gilt es eine komisch dreinblickende Gestalt zu entdecken.

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Also auf und durch den Kreuzgang

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auf den Bergfriedhof. Den Kreuzgang bilden eigentlich die Stützstreben der Kirche. Die oben im Bild erkennbaren Fenster waren die der Seitenkapellen der Kirche. Der Fußboden dieser Kapellen, gleichzeitig die Decke des Ganges, fehlt heute. Über die verschlossenen Türen rechts an der Felswand wundern wir uns erst mal nur. Der Kreuzgang mündet auf dem Bergfriedhof. Ihn gibt es seit 1512.

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Hier fanden weltliche Bedienstete des Klosters ihre letzte Ruhestätte. Später folgten Adlige aus dem Ort, dann verdienstvolle und später auch ganz "normale" Bürger der Stadt. Mönche wurden hier nicht zur letzten Ruhe gebettet, die fanden sie in den Grüften unterhalb der Klosterkirche. Dazu die Türen im Kreuzgang. Ob es neben diesen offensichtlichen Räumen noch weitere Bauten unter dem Boden der Kirche gibt, wird noch geklärt. Ich habe aber um das Jahr 2000 recht vielversprechende Georadaraufnahmen zu Gesicht bekommen..
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Die Fläche des Friedhofes war nicht immer so eben, er wurde aufgeschüttet und auch der Zugang verändert, der ehemals über eine kleine Brücke durch den ersten Bogen des Kreuzganges (vom Friedhof aus gesehen) erfolgte. Das Lager dieser Brücke ist heute noch erkennbar. Die Aufschüttung erfolgte mit Material, das aus dem sogenannten Felsenumgang gewonnen wurde. Den sehen wir auf dem Rundgang noch. Zu meiner Schande sei erwähnt, dass ich nicht nach dem Grabstein des Peter von Debschitz Ausschau gehalten habe. Er befindet sich an der östlichen Felswand (lebensgroße Rüstung mit Wappen).

Die Treppen im Fels lassen wir erst einmal rechts liegen und gehen in Richtung Bergwirtschaft.

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Auch wenn das Bild anderes vermittelt: Das passiert ohne Leitern und Stufen. Vorbei geht es am vorerst letzten historischen Bau, der großen Zisterne. Dann kommt erst mal Landschaft.

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Die Zisterne wurde um 1370 angelegt. Jedenfalls nennt eine eingemeißelte Zahl dieses Jahr. Sie ist vier Meter tief und hat natürlich eine Sage. Auf dem Boden soll es eine Platte mit eingemeißeltem Kreuz geben. Hinter der verbirgt sich eine Schatzhöhle. Einmal im Jahr läuft das Wasser um Mitternacht ab und Auserwählte können den Schatz heben. Leider ist das noch nie gelungen, Geister und so. Also, wer Tatendrang verspürt und mit dem Landesamt für Archäologie gut kann... In der Ausbuchtung gegenüber befanden sich übrigens der Eiskeller und der Burgbrunnen. Letzterer ist heute vollkommen verschüttet, es gibt auch keine Hinweistafel darauf. Der letzte Versuch, den Brunnen wieder gangbar zu machen datiert auf 1600. Deshalb sind auch keine genauen Daten dazu vorhanden.

Die Bergwirtschaft selbst lädt zu Getränk und / oder Speise (jedenfalls in der Saison) und der Felsvorsprung bietet einen großartigen Ausblick über das Oybiner Tal ins Vorland.

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Weiter geht es halbrechts in den Ringweg. Hierzu sollte man, so vorhanden, die Phobien ablegen. Insbesondere die wegen Höhe und Enge.

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Als Entschädigung gibt es auf dem fast horizontal um einen Teil des Berges führenden Weg wechselnde Ausblicke in die Umgebung. Kurz bevor der Weg wieder von der Wand abzweigt, sieht man einen tiefen Einschnitt im Hang. Das ist der sogenannte Mägdesprung oder auch Jungfernsprung. Leider auch ohne Hinweistafel. Die Sage dazu in Kurzform: Bürgermeistertochter wird geraubt, wird von Ritter auf den Berg verschleppt und rettet sich und ihre Unschuld durch Sprung in Felsspalte, wobei der Reifrock den Fall dämpft und sie unbeschadet davonkommt. Es gibt auch eine Variante mit einem lüsternen Mönch. Die blanke Wahrheit dazu ist: Am Johannistag 1601 (24.06., Hochfest zur Geburt Johannes des Täufers, dummerweise auch heidnisches Fest zur Sommersonnenwende) spielten zwei Zittauer Mädchen dort Fangen. Eine glitt beim Sprung über die Felsspalte aus, strauchelte und fiel in die Tiefe. Die Sache mit dem Reifrock stimmt. Der rettete ihr Leben... Nur für den Fall, dass euch jemand vom Touristikverband was vom Pferd erzählen möchte. Nachdem die Stelle passiert ist, gelangen wir in den Felsenumgang.

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Diese Passage wurde von Hand ausgearbeitet, ganz ohne modernes Werkzeug! Der Nachweis dafür sind die Werkzeugspuren an den Wänden. Das Material diente der Auffüllung des Friedhofs. Auf den gelangen wir nach Durchwandern dieser künstlichen Schlucht auch wieder.

Nun bleiben noch zwei Wege, die es zu erkunden gilt. Beide sind mit Treppen bergauf verbunden. Zuerst geht es zum Standort des ehemaligen Raubschlosses. Wir erinnern uns an Teil 1 - das ist das Gebilde, was die Zittauer gleich zu Beginn der Geschichte des Oybin dem Erdboden gleich gemacht hatten. Dorthin gibt es nur einen Zugang: Durch ein Tor, welches in luftiger Höhe in einer Steinwand rechts des Friedhofes befindet. Dahin führt eine Treppe. Bevor man die erreicht, geht es am Kräutergarten vorbei. Ein Blick darauf lohnt sich. Vom alten Bau sind nur noch die Brustwehr und Teile eines Tores erhalten. Vom Kirchenturm gab es ehemals eine Verbindung zu diesem isolierten Felsen, die man noch erahnen kann. Gleich rechts des Eingangstores stehen die Reste eines Turmes, die man begehen kann. Auf dem Rundgang sieht man Anzeichen von weiteren, ehemals bebauten Bereichen und von weiteren Wahrttürmen sowie einen Streitgang. Daneben bietet sich ein guter Blick auf die oberen Bereiche der Klosterkirche. Auf der Nordseite gibt es eine Vertiefung, die als Zisterne interpretiert wird. Von der eigentlichen kleinen Burg ist nichts mehr erhalten. Wir gehen auf dem Weg, den wir gekommen sind, wieder zurück auf den Friedhof.

Nun gilt es. Eine vorletzte Kraftanstrengung, bevor wir den Rückweg antreten. Genau gegenüber des Tores, was wir gerade passiert hatte, befindet sich - natürlich - eine Treppe. Die geht es hinauf. Wir gelangen auf ein Plateau unterhalb des Gipfels. Das Gebilde nennt sich Kegelstein (leider auch kein Hinweis darauf vor Ort zu finden), der eigentliche Gipfel des Oybins. Wir stehen auf der unteren Ebene. Nicht zu übersehen ist das Gebäude auf dieser Ebene. Es beinhaltet heute eine funktionierende Camera obscura.

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Früher befand sich hier das sogenannte Schießhaus. Daneben gibt es Kaiserstuhl und Kaiserbett, die im Felsen gekennzeichnet sind. Von hier soll Karl IV. auf Zittau geblickt haben. Das können wir auch, der Blick ist noch genialer als der von der Bergwirtschaft aus. Daneben gibt es eine kleine Höhle zu entdecken. Hier sollen die Mönche weltlichen Genüssen nachgegangen sein. Bier und Wein... Nach der Besichtigung der unteren Ebene wartet die letzte Treppe zum Gipfel

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des Oybin. Auch der ist als Plateau ausgebildet.

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Hier stand während des Baus der Klosterkirche ein Bethaus. Vorher gab es die älteste Bebauung des Oybin wie in Teil 1 beschrieben. Und noch früher eine heidnische Kultstätte. 1794 wurde ein Sommerhaus errichtet, was aber im 19. Jahrhundert wieder abgerissen wurde. Immerhin, 514 Meter über dem Meer und mit prachtvoller Aussicht wäre das heute eine sehr begehrte Lage. Heute wird die durch Bewuchs etwas gemindert. Die bessere Wahl ist wohl die untere Ebene des Kegelsteines. Bleibt die Frage nach der Herkunft des Namens. Wie ein Kegel sieht der höchste Punkt ja nun auch nicht aus. Auch das hat mit den Mönchen zu tun. In der Nähe der kleinen Höhle mit dem Alkohol befindet sich ein Areal, das früher als "Kegelbahn der Cölestiner" bezeichnet wurde.

So, erledigt. Von nun an geht es nur noch bergab und zurück zum Ausgangspunkt. Die meisten interessanten Dinge haben wir gesehen. Und ein bisschen in der Geschichte gewühlt.

Trotz der Teilung des Beitrags ist es schon wieder ein sehr langer Text geworden. Sorry. Die Bilder sind wie immer von mir, die historischen Angaben entstammen diversen Quellen des 19. Jahrhunderts. Meist habe ich mich auf Dr. Alfred Moschkau gestützt. Das ist der Herr, der die Erforschung des Oybin bedeutend vorantrieb und u.a. das dortige erste Museum eröffnete. Auch er hat mit seiner Ehefrau sein Ehrengrab auf dem Bergfriedhof gefunden. Am Mittelweg rechts direkt am Felsen.

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