Cu-Nation - "Kapitel 1 - Wulf" (Teil 2 einer "unendlichen" Endzeit-Geschichte)

in Deutsch D-A-CH3 years ago

Hallo liebe Freunde der gepflegten Schmökerei,

Dies ist der zweite Teil meiner, vorerst unendlichen Endzeit-Geschichte.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.

Beste Grüße
QuantumG

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Kapitel 1 – Wulf

Titelbild

Heute war ein richtig entspannender Samstag-Abend. Wir, meine Frau Henriette und ich lagen gemeinsam auf der Couch, spielten ein paar Runden Scrabble und schauten fern.
Das war wirklich notwendig. Denn wir hatten beide eine sehr stressige Woche auf der Arbeit, da wir einige Mitarbeiter-Ausfälle wegen der CuViD-21 Pandemie zu beklagen hatten. Manche wurden krank, andere kamen aus Angst nicht zur Arbeit. Andere nutzten einfach das Chaos der Zeit, um mal wieder blau zu machen.
Leider ging die Zeit viel zu schnell herum. Als ich auf die Uhr schaute, war es plötzlich schon halb Vier morgens.
Wir beschlossen, schlafen zu gehen und vorher noch ein paar Seiten in unseren Büchern zu lesen.

Wie immer, konnte ich beim Lesen nicht lange die Augen offen halten. In der Regel schaffe ich zwei bis drei Seiten, bis die Augen müde werden und der Lesefluss immer zäher wird.
So auch an diesem Morgen. Schon am Ende der zweiten Seite fielen mir langsam die Augen zu und ich dämmerte gemächlich in den Schlaf.

Kaum im Traumland angekommen, riss mich ein Schrei wieder in die Realität.
Träumte ich von diesem Schrei? Noch während ich darüber nachdachte, schalte ein weiterer Schrei durch den stillen Morgen. Lauter als der Erste und aggressiver obendrein. Eine weiblich klingende Stimme.
Jetzt war ich hellwach.
In unserer gut bürgerlichen Wohngegend geschieht sonst relativ wenig. Unsere spießigen Nachbarn sind akustisch kaum von Schildkröten zu unterscheiden. Schreie in der Nacht oder am frühen Morgen, hört man da höchstens mal während der Kirmes-Zeit, wenn die Dorf-Jugend nach verzechter Nacht den Heimweg antritt.
Es aber war keine Kirmes-Zeit, und es war Sonntag-Morgen.

Meine Frau wurde ebenfalls durch den zweiten Schrei wach, wandte sich zu mir und fragte „Wulf, hast du das gehört? Das klang ja fürchterlich.“. Das tat es und es beunruhigte mich etwas.
„Ich gehe nachschauen, Schatz. Vielleicht kann ich den Schreihals ja ausmachen.“

Ich ging ins Wohnzimmer, leierte den Rollladen hoch, öffnete das Fenster und schaute erst nach Rechts die Straße herunter. Alles schien in dieser Richtung ruhig zu sein, nichts und niemand auffällig.
Als ich meinen Kopf nach links drehte, sah ich zwei weiße Busse mit Blaulicht-Anlagen auf den Fahrzeugdächern mitten auf der Straße stehen. Ihre Warnblinklichter waren eingeschaltet und alle Türen geöffnet. Sie trugen keine Aufschrift, an der man erkennen könnte, um welche Art Einsatzfahrzeuge es sich handeln könnte.
Sie standen vor dem letzten Nachbarhaus am Ende der Straße mitten auf der Fahrbahn.
Das Haus war hell erleuchtet und man konnte sehen, dass die Haustüre weit offen stand.
Nun nahm ich auch das Bellen des Hunds wahr, der dort wohnte. Doch weder der Hund, noch die Nachbarn waren zu sehen.

Ein weiterer Schrei übertönte das Bellen des Hunde. Danach ein lautes, fast herzzerreißendes Quieken, welches nur von dem Hund stammen könnte. Kein Bellen war mehr zu hören.
Es war still.
Die Stille hielt nicht lange an. Eine laute männliche Stimme schien etwas laut zu rufen. Eine weitere männliche Stimme klang mit ein. Ich verstand nicht, was sie sich entgegen riefen. Beide klangen sehr hektisch.
Doch plötzlich wurde eine der Stimmen sehr viel lauter als die andere.
„Schieß… Schieß, du verdammter Idiot.“ war nun deutlich verständlich. Kurz drauf ein lauter Schuss. Dann noch ein Schuss. Wie das Aufflackern eines Fernseh-Apparates blitzte es durch die Spalten der Rollläden des Nachbarhauses, bei jedem einzelnen Schuss.

Ich stand wie angewurzelt und schockiert am Fenster, während ich nur leise, aber näher kommend Schritte hinter mir im Wohnzimmer wahrnahm. Meine Frau hörte die Schüsse ebenfalls.

„Was war das? Das waren doch Schüsse?! Was passiert da?“. Sie drängte sich an mir vorbei um einen Blick aus dem Fenster zu werfen.

„Wulf, da kommt wer aus dem Haus der Stiegelmeyers. Zwei Männer mit einer Trage oder so etwas in der Art….“. Sie schaute mich kurz sehr erschrocken an und wandte ihren Blick wieder auf das Geschehen.

Ich schob mich über Henriettes Schulter um das Geschehen ebenfalls beobachten zu können und sah zwei Männer in weißen Schutzanzügen mit Atemhauben eine Trage aus dem Haus schieben. Eine Trage wie man sie aus Krankenwägen kennt. Jedoch war bei dieser der Patient mit einer Art durchsichtigem Plastik-Schlauch bedeckt.
Der Schlauch war leicht faltig, wodurch man nur die Umrisse der Person auf der Trage erkennen konnte. Jedoch ähnelten die Umrisse Frau Stiegelmeyer sehr.
Frau Stiegelmeyer hat eine gewaltige Oberweite und eine extrem wuschelige Frisur, wie Tina Turner in den 1980er Jahren.

Wenige Sekunden später kamen zwei weitere Männer in Schutzanzügen aus dem Haus und schoben ebenfalls eine solche Trage.
Den Umrissen der Person auf der Trage nach zu schließen, konnte es sich nur um Herrn Stiegelmeyer handeln. Seine sehr schmächtige und kleine Figur war gut erkennbar.

Nachdem die vier Männer die zwei Tragen in den beiden Bussen verstauten, ging einer noch einmal ins Haus und kam kurz darauf mit einem großen, schwer anmutenden Plastiksack aus dem Haus, den er mit einem großen Schwung in den Vorderen der beiden Busse warf. Er rannte kurz zurück ins Haus, die Lichter im Haus und am Haus erloschen.
Schnell stiegen Sie in ihre Fahrzeuge und brausten mit hoher Geschwindigkeit und quietschenden Reifen davon.

Ich wollte mehrmals rufen „Hey, was macht ihr da?“ oder etwas ähnliches. Aber ich war vom Schock erstarrt und hatte auch die Sicherheit meiner Frau im Kopf.

Bei dem Lärm, als die Busse wegfuhren fiel mir erstmals auf, dass die restliche Nachbarschaft gar keine Notiz vom Geschehen zu nehmen schien.
Weder als die Schüsse fielen, noch als die Busse laut und mit quietschenden Reifen davon fuhren. Auch nicht, als vorher die lauten Schreie zu hören waren. Alle Rollläden blieben unten.
Sonst brauchte es nur ein röhrendes Mofa um die Neugierde, beziehungsweise den Argwohn der Nachbarn zu erwecken. Schnell versammelte sich sonst die Nachbarschaft auf der Straße, wenn einmal ein Krankenwagen vorfuhr. Rollläden schossen in die Höhe, schon beim kleinsten ungewöhnlichen Geräusch von der Straße

Alles blieb ruhig.

Henriette und ich schauten uns an und erkannten die eisige Kälte, die uns beiden über unsere Rücken lief. Wir waren für einen Moment sprachlos.
Wie in gemeinsamer Trance setzten wir uns auf die Couch, die an der Wand, rechts neben dem Fenster stand. Das Fenster blieb offen. Schweigen!

Nach einigen Minuten, die mir wie Stunden vorkamen, unterbrach ich die Stille.
„Henriette, was haben wir da gerade erlebt?“
Sie schaute mich mit weit geöffneten, glasigen Augen an. Ihr Kehlkopf bewegte sich ein wenig, als wolle sie etwas sagen. Es kam aber kein Wort über ihre Lippen.
So ergriff ich erneut das Wort.
„Die Stiegelmeyers waren doch gute Menschen und die fremden Männer waren nicht gerade angezogen wie Polizisten...“, sagte ich mit einem hörbaren Kloß im Hals. Ich wusste das Erlebte nicht einzuschätzen.
Steigelmeyers waren wirklich ein Traumpaar und beide charakterlich völlig friedfertig. Sie stritten nie, verloren nie ein böses Wort über andere Menschen und waren in Krisensituationen stets Lösungsorientiert.
Als Alfons Stiegelmeyer seine Schuhwerkstatt durch Insolvenz verlor, bezeichnete er es als neue Chance und freute sich ganz offensichtlich darauf, fortan neue Wege zu gehen.

„Waren sie vielleicht krank?“, ergänzte ich.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass beide wohlauf waren. Heute Morgen war ich erst bei Claudia. Da kam sie gerade erst vom Einkaufen und präsentierte mir Stolz ihre neu gekauften Gardinen. Sie wirkte völlig Gesund und sorgenfrei.“, entgegnete Henriette.

„Die Männer trugen 2 Personen aus dem Haus. Was wohl mit Sabine ist? Sie scheint nicht zuhause zu sein. Sonst hätte man sie doch gehört oder gesehen, als ihre Eltern aus dem Haus getragen wurden. Außerdem sind ja alle Lichter gelöscht.“

Henriette fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, schaute kurz nach unten und antwortete: „Heute morgen war sie nicht zu hause. Ich habe sie nicht gesehen. Sonst setzt sie sich immer mit mir und Claudia zum Kaffeetratsch. Aber Claudia erzählte etwas von einem neuen Freund, den Sabine in einem Internet-Chat kennenlernte. Vielleicht ist sie ja gerade bei ihm?!“

„Ich denke, wir sollten Sabine anrufen und ihr erzählen, was wir gesehen haben. Hast du die Mobilfunknummer?“

Sie hob sprachlos ihr Telefon vom Wohnzimmertisch auf, schaltete es ein und fing an im Kontaktverzeichnis zu suchen. „Ja, ich scheine die Nummer zu haben. Ich ruf an, bitte halt dich kurz im Hintergrund.“

Henriette wählte die Nummer von Sabine und wartete mehrere Sekunden. „Freizeichen...“
„Sabine… Liebes, ist bei dir alles in Ordnung?“, „Ich weiß nicht ob du… Es ist daheim etwas passiert...“

Sie erklärte Sabine, was wir beobachtet haben. Henriette musste sie mehrmals am Telefon trösten.
Wie ich mithören konnte, wusste Sabine überhaupt nicht was daheim los war. Sie war tatsächlich bei ihrem neuen Freund zu hause.
Das Gespräch endete nach ungefähr 5 Minuten und Henriette sagte zum Schluss mehrfach, dass sie erst mal bei ihrem Freund bleiben und die Polizei anrufen solle.

Wir saßen noch einige Zeit im Wohnzimmer zusammen. Henriette legte sich irgendwann ziemlich fertig mit ihrem Kopf auf meinen Schoß und schlief kurz darauf ein.
Nach ein paar Minuten, als sie leicht zu Schnarchen begann, legte ich ihren Kopf vorsichtig auf ein Sofa-Kissen, deckte sie zu und stand auf, um nochmal aus dem Fenster zu sehen.
Ich war noch zu sehr aufgeregt, als dass ich hätte schlafen gehen zu können und entschloss mich, kurz die Straße herunter zu gehen. Eventuell könnte ich ja mehr über das Geschehene aus der Nähe erfahren.

Am Haus der Stiegelmeyers angekommen, sah alles wie gewöhnlich aus. Keine Spur der Geschehnisse von vorhin. Nichts deutete darauf hin. Das Haus war dunkel, die Eingangstüre und die Fensterläden verschlossen.

Ich ging ums Haus zur Veranda, über einen schmalen Weg der um das Haus führte. Kurz bevor ich an der Veranda ankam, knirschte es unter meinen Schuhsohlen. Durch das Licht der Gartenbeleuchtung sah ich, dass es Glassplitter waren. Ich stieg auf die Terrasse und sah sofort die zerbrochene Terrassentüre.
Um mich nicht zu schneiden, ging ich nicht hindurch. Konnte aber auch von außen das Chaos im Inneren sehen.
Der Boden war quer durch den Raum blutverschmiert, Stühle, lagen auf dem Boden, zerbrochene Vasen lagen herum. Scheinbare Zeichen eines Kampfes.
Als ich zwei große Blutflecken, mit glitschigen, fleischigen Brocken an der Wand zum Hausflur entdeckte, übergab ich mich spontan.
Ich wischte mir über den Mund, atmete ein paar Male kräftig ein und aus, um mich zu fangen.
Offen gesagt, wurde mir derart mulmig, dass ich die Beine in die Hand nahm und äußerst schnellen Schrittes nach Hause ging.

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Ich schlich mich ins Wohnzimmer, setzte mich vorsichtig zu Henriette und legte ihren Kopf zärtlich wieder auf meinen Schoß. Sie bekam gar nichts mit, von meiner kleinen Exkursion. Das war auch gut so. Reden mochte ich mit ihr noch nicht über die Eindrücke, die sich mir an Stiegelmeyers Haus boten. Unnötig sie aus dem Schlaf zu reißen und zu beunruhigen.
So entschloss ich mich, ihr alles am Tage zu erzählen.

Weiter geht es im nächsten Teil "Kapitel 2 - Erik".

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I presume we are going to the beginning, before the virus hit. You have a fluent easy style, which is wonderful to read.

We are all relieved he didn't go in the house ;))

Waiting for more....