In Hallstatt

Liebe Hiverianer,
letzte Woche nutzten wir coronabedingt die Gelegenheit, Hallstatt einmal ohne Massen an chinesischen Touristen zu erleben. Nichts gegen unsere asiatischen Freunde (und Devisenbringer), aber seit in China ein komplettes Fake-Hallstatt errichtet wurde, wollen noch mehr Chinesen das Original sehen und überschwemmen mit bis zu 7000 Besuchern pro Tag dieses kleine, an sich beschauliche Örtchen am Fusse des ältesten Salzbergwerks der Welt - ein typischer Fall von Overtourism. Nicht aber heuer, wo es wohltuend ruhig war (relativ natürlich).

Übrigens das "Hall" in Hallstatt kommt vermutlich vom Fluss Kızılırmak in Thrakien, in der Antike als Halys oder "Salzfluss" bezeichnet, und steckt auch in manch anderen Orten der Region, die alle mit Salz zu tun haben: Hallein, Hall in Tirol, Bad Reichenhall, Hallwang und einige andere (Quelle).

Morgens war der Hallstätter See noch spiegelglatt (wir hatten allerdings großes Glück mit dem Wetter!).
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Wir waren in Obertraun am gegenüberliegenden Ufer stationiert und wählten daher zur Anreise die beschauliche, ca. 20 min. dauernde Überfahrt mit einer Hallstättersee-Plätte, von denen es nur mehr 80 Stück gibt, und angeblich nur mehr einen (!) letzten Bootsbauer, der weiß, wie man diese traditionellen Lastschiffe aus Fichten oder Lärchenholz baut. Die heutigen, für die Touristen benutzten Plätten werden aber nicht mehr mit einer Ruderstange angetrieben, sondern haben E-Motoren (Dieselmotoren sind am Hallstätter See verboten).
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Vom Wasser aus hat man eine tolle erste Ansicht auf Hallstatt, ein Ort eingeklemmt auf einem schmalen Uferstreifen zwischen dem See und dem steilen Berghang des 1910m hohen Plassen.
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Der idyllische Marktplatz.
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Der winzige Friedhof von Hallstatt.
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Aus Platzmangel wurden seit Jahrhunderten die Gebeine, oft schon 10 Jahre nach der Beerdigung, ausgegraben und im berühmten Beinhaus von Hallstatt aufbewahrt.
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Quelle

Typisches Haus am Wasser. Viele dieser Häuser sind teils auf Stelzen gebaut.
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Aussicht von der anderen Kirche des Ortes. In dieser Gegend haben alle Orte zwei Kirchen, eine katholische und eine evangelische.
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Um die Salzmine besichtigen zu können, muss man erst 400m hochsteigen, in Serpentinen durch den Wald über dem Ort. Dass hier 184 Tage im Jahr Regentage sind, lässt sich unschwer erahnen.
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Oben angekommen wird man mit herrlichen Aussichten belohnt.
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Der Skywalk von Hallstatt mit Blick auf den südlichen Teil des Sees und Obertraun im Hintergrund.
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Seit 7000 Jahren wird hier Salz abgebaut und hat der ganzen Gegend zu ihrem Wohlstand verholfen. Obwohl erste Funde schon aus 5000 v. Chr. datieren (Quelle), war die Blütezeit des prähistorischen Salzabbbaus erst in der älteren Eisenzeit, der sog. Hallstattzeit, zw. 800 und 400 v. Chr.
Um 350 v. Chr. kam es dann zu einer Katastrophe. Vermutlich ein großer Murenabgang verschüttete alles meterhoch. Erst ca. 400 n. Chr. wurde der Bergwerksbetrieb wieder (an anderer Stelle) aufgenommen, aber genau weiss man es nicht, da archäologische Forschung in Hallstatt auch aufgrund des Status als UNESCO-Welterbe nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Der Eingang zur Schaumine erfolgt über den 1719 eröffneten sog. Christinastollen. Man geht 350m waagrecht hinein und hat dann rund 100m Gebirge über sich - nichts für Menschen mit Klaustrophobie!
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Das Gestein in der Mine besteht hauptsächlich aus porösem, leichtbrüchigen Kalk mit einem Salzgehalt von 60%. Prähistorisch wurde es mit Pickeln abgeschlagen und in Körben ins Tal transportiert, seit dem Mittelalter wird aber vor allem Wasser hineingepumpt und das Salz so herausgelöst.
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Für die Auskochung der Sole, des mit Salz gesättigten Wassers, wird viel Holz benötigt. 2/3 der in der Salzgewinnung Beschäftigten waren Holzknechte, die von weit her das Holz herbeischleppten. Als abzusehen war, dass das Holz bei Hallstatt knapp werden würde, liess Kaiser Rudolf II. 1595 eine 40 km lange Soleleitung aus ausgehöhlten, ineinandergesteckten Baumstämmen von Hallstatt bis nach Ebensee errichten - die erste Pipeline der Welt! 1605 ging sie in Betrieb, und das ist sie bis heute, nur wurden die Rohre durch solche aus Kunststoff ersetzt. Die Ebenseer Saline deckt heute noch den Salzbedarf von ganz Österreich (sie stellt pro Jahr 1,2 Mio t Salz her).

Wie kam das Salz überhaupt in den Berg??
Es entstand durch die Eintrocknung eines seichten Meeres vor rund 240 Millionen Jahren (es war damals viel wärmer als heute). Es lag damals in Italien und später wurde die Salzschicht dann von anderen Gesteinsmassen überdeckt und so geschützt. Erst vor ca. 135 Mio. Jahren wurde sie im Zuge der Auffaltung der Alpen nach Norden und knapp an die Oberfläche gedrückt. Der Vorgang dauert bis heute an! Die Bewegung ist sehr klein (nur ca. 1mm pro Jahr), ist aber stark genug, dass prähistorische Bergwerkstunnel heute komplett verschwunden sind.

Diese Plastizität des Salzstocks ist es auch, die ausschlaggebend war für den Standort des Memory of Mankind hier in der Schaumine des Salzbergwerks Hallstatt, allerdings abseits des Touristenstroms und (noch) nicht öffentlich zugänglich. Ich hatte 2018 schon mal darüber berichtet!
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Der MOM-Token, um in Jahrtausenden die Stelle des Archivs der Menscheit zu finden Quelle

Ein Highlight der Führung ist die 64m lange Holzrutsche, die früher von den Bergmännern genutzt wurde. Auf der geht es mit 30-40 km/h hinunter!
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Hier wurde auch 2001 eine über 3350 Jahre alte Holzstiege aus der Bronzezeit entdeckt - die älteste erhaltene Holzstiege Europas. Sie hatte im prähistorischen Bergbau als Verkehrsweg in einer der Abbauhallen gedient. Sie wurde hochauflösend gescannt, in 60 Einzelteilen ins Wiener Naturhistorische Museum transportiert, genau untersucht, und 2015 aus konservatorischen Gründen (hier hat es das ganze Jahr über +8 Grad Celsius) wieder zum Fundort zurückgebracht, wo sie heute ein Teil der Ausstellung ist.
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Hinunter gingen wir aber nicht wieder zu Fuß, sondern nahmen die Standseilbahn
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Mehr über die interessante Geschichte der Salzmine hier.

Zurück in Obertraun konnten wir beim Chillen am Strand noch die von der Abendsonne gefärbten Berge bewundern. Dort hinauf ging es dann am nächsten Tag...
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Alle Fotos (ausser das vom Beinhaus und vom MOM-Token) made by @stayoutoftherz

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Einfach fantastisch dieser Ort! Das glaube ich dass da sonst sehr viele Touristen sind hier das Ihr das gut für euch nutzen konntet.

LG Michael

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