Warum ich Planspiele nicht empfehle

in #papertrading3 years ago

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Liegt mir ein junger Mensch besonders am Herzen, dann bekommt er auch mal einen Crashkurs in Sachen Finanzen mit dem dringenden Appell sich umgehend damit zu befassen. Denn jedes verlorene Jahr wirkt sich zum Ende hin fatal aus. Üblicherweise gibt es zwei Kontraindikatoren warum Leute sich nicht damit befassen.

Zum einen ist es vertrauen. Gerade beim Thema Finanzen gibt es eine ganz natürlich Abneigung darin jemand anderen zu vertrauen und das zu recht. Denn gerade dann wenn jemand sich in diesem Thema aufdrängt, sollte man stets sehr hellhörig werden. Jene Menschen auf die ich zugehen haben dieses Problem üblicherweise aber nicht, da sie mich entweder bereits sehr gut kennen oder zumindest aber verstellen werden, dass ich in der Wertschöpfungskette nicht enthalten bin. D.h. ich habe nichts davon, dass ich es tue. Somit kann man nur noch die Expertise anzweifeln, was oft aber nicht getan wird.

Der zweite Punkt weswegen Leute nicht aktiv werden ist oft, dass sie sich selbst dort keine Fähigkeiten zutrauen und auch diese Einschätzung oft richtig ist. Gerade dann, wenn es um Geld geht, sollte man ein wenig vorsichtiger unterwegs sein. Oft unterschätzen die Leute aber die Eintrittsbarriere maßlos und die Hürden sind ganz andere. So hilft es oft einfach mal so eine Webseite einer Depotbank zu zeigen und einzelne Begriffe zu erklären und zu zeigen, wo man einige grundlegende Informationen einholen kann.

Man braucht sich nichts vor zu machen. Die Millenials sind fit in Websachen und man muss ihnen nichts beibringen, sondern nur ein wenig die Angst davor zu nehmen. Sehen sie die Prozesse erst einmal können sie dies in Rekordzeit meistern und sind damit bestens gerüstet auch an der Börse aktiv zu werden.

Doch sind diese beiden Hürden erst einmal genommen, kommt es zum eigentlichen Problem: Wo positioniere ich mich, damit mein Geld am Ende auch wächst? Mein ganzer Blog dreht sich am Ende darum sich diesem Thema langsam von verschiedenen Seiten anzunähern. Das Problem ist eben, dass es hier keinen goldenen Pfad gibt und es immer mehrere Antworten damit gibt. Würde es die perfekte Lösung geben, würde ja jeder an der Börse reich werden, was keineswegs der Fall ist. Genau dieses Wissen aufzubauen ist der wirkliche Knackpunkt.

Ein pfiffiger Kerl fragte mich neulich, ob er nicht zunächst an einem Börsenplanspiel teilnehmen sollte um sich erst ein wenig damit zu befassen. Grundsätzlich bin ich ein absoluter Freund davon sich Themen spielerisch zu näheren, allerdings gab ich ihm den Rat das nicht zu tun.

Zum einen ist es am Ende wieder nichts anderes als einen Vorwand zu suchen sich wieder um das Thema zu drücken. Die Leute verschieben ein eher belastenden Vorgang weiter in die Zukunft und machen lieber ein Planspiel und warten dann noch einmal ein paar Jahre hab, um dann das Ergebnis zu sehen. Kommt es dann noch zu einem Crash, können da auch mal ein paar mehr daraus werden.

Als ich jung war suchte ich mein Heil in einem Planspiel und legte fiktiv 5k€ an. Dieses sind inzwischen fast eine halbe Million wert. Ich holte dort einige unbekannte Firmen rein wie Google und Amazon, Volkswagen und Allianz. Danach vergaß ich das Planspiel und schaute erst vor einigen Jahren rein und mich traf der Schlag. Sicherlich hätte man damals irgendwann verkauft, doch hätte man auch nur einen Teil der Bewegung mitgenommen, wäre das richtig Kohle gewesen.

Hätte ich mein Geld damals allerdings so angelegt, wenn es um echtes Geld ging? Mitnichten! Denn diese riskante Verteilung hat man gemacht, da man einfach sein Geld lustlos auf einige Positionen geschoben hat, wo man den Eindruck hatte, dass sie langfristig interessant sein könnten. Bei echtem Geld wird man allerdings stets anders entscheiden.

Man hat plötzlich „Skin in the Game“ und beginnt damit sich genau zu entscheiden, wo man denn nun seine Kohle reinsteckt. Am Ende hat man halt stets im Hinterkopf wie hart man dafür eigentlich hat arbeiten müssen. Und dies führt üblicherweise dazu, dass man weniger riskant anlegt. Wer es nicht glaubt, sollte sich einfach mal bei einem Planspiel eine Million geben und sehen wie schnell diese weg ist. Glaubt ihr wirklich, dass ihr genauso verteilen würdet, wenn ihr nun eine echte Million hättet?

Gleiches gilt auch für jene Leute die irgendwelche fiktiven Depots führen um zu sehen, wie sich eine Entscheidung hätte ausgewirkt. All jene Titel, die man nicht ins echte Portfolio übernimmt, landen dann in einem fiktiven Depot. Was soll dafür der nutzen sein? Das man sich alle Jahre mal mit dem gruselt, was man alles verpasst hat und sich Vorwürfe macht? Trifft man eine Entscheidung sollte man auch dazu stehen.

Versteht mich nicht falsch! Eine gute Watchliste sollte natürlich jedermann haben. Aber fiktive Depots und Planspiele helfen einfach nicht wirklich weiter. Denn selbst wenn man sieht, dass diese besser gelaufen sind, sagt dies nur etwas über die Entscheidungen in der Vergangenheit aus und es heißt nicht, dass es auch etwas über die Zukunft aussagt.

Paper Trading und Planspiele sind höchstens dazu geeignet um die Bedienung und einige grundlegende Bedienungen und Konzepte zu lernen. Aber keineswegs um in irgend einer Weise an der Börse anzukommen. Tatsächlich hilft hier IMHO ein gutes Buch zum Thema lesen, Blogs zu lesen oder ein paar Videos bei Youtube zu sehen wesentlich mehr, da man sich fast alle diese Dinge auch dort gut aneignen kann.

Wichtig ist am Ende, dass man seinen Arsch hoch bekommt und irgendwo mal anfängt. Gerade den Neulingen rate ich daher zumeist einfach anzufangen und zwar nicht mit einem All-In, sondern nur ein paar hundert Euro im Monat. Bereits dieser kleine Betrag wird statistisch ihren Wohlstand zum Ende hin bereits enorm steigern. Da fast jeder ihn leisten kann tut es auch nicht so weh, falls es doch mal schief geht.

Trotzdem muss man sich mit den Entscheidungen befassen und erlebt auch die echten Crashs mit seinen Tiefs bereits voll mit und kann so sehen, was das ganze eigentlich Emotional mit einem macht, wenn es mal stark nach Süden geht. Genauso wie man sich selbst dabei beobachten kann, wenn es nach oben geht.

Denn gerade Neulinge (z.B. die in der Coronakrise eingestiegen sind) leiden meist zunächst an einem Gotteskomplex, weil sie nur den Weg nach oben kennen und denken, dass solche Erholungen normal seien. Dann packen sie mehr Geld rein und gehe daran zu Grund, wenn es mal wieder in die andere Richtung geht.

Nur dann wenn man wirklich Skin In The Game hat, kann man auch wirklich einige Dinge lernen ohne das man permanent in einem Spiel gefangen ist. Merkt man dann, dass man selbstsicherer geworden ist und ein Gefühl dafür bekommen hat, kann man langsam den Geldhahn aufdrehen und sich auch mit mehr reinwagen.

Alles andere wäre in etwa so als würde man sich nicht um seinen Haushalt kümmern, sondern versuchen dies erst zu lernen in dem man The Sims spielt und sich dann wundern, warum das im richtigen Leben so nicht klappt und warum der größte Teil der Arbeit nicht mit Müllrausbringen bereits getan ist.
Ich sage nicht, dass es leicht ist diesen Knoten zu durchtrennen und die Leute dazu zu bringen sich aktiv in dem Bereich zu bilden und einzubringen. Auch in meinem Freundeskreis kenne ich leider sehr viele Leute, die sehr lange überhaupt nichts unternehmen und in den Tag reinleben. Gerade jüngst erst hat ein 40-Jähriger erst gefragt, ob ich ihm mal eine kurze Einführung geben könnte, da er nicht versteht wie das mit den Aktien so funktioniert.

In dem Alter sollte man eigentlich bereits mehrfach über das Thema gestolpert sein und grundlegend wissen, wie eine Aktiengesellschaft funktioniert. Aber man darf es nicht unterschätzen wie belastend das Thema für einige Leute ist und sie entsprechend einen großen Bogen darum machen. Doch dies rächt sich halt gnadenlos zum Ende hin und wer dann noch ein paar Jahre lang lieber ein wenig Paper Trading betreibt, wird nie etwas werden.

Wir haben in unserer Gesellschaft zunehmend das Problem, dass Leute Risiko scheuen und selbst Führungskräfte sich nicht mehr trauen Entscheidungen und damit verbundenen Konsequenzen zu übernehmen. Auch dies ist ein riesiges Problem und wird sich in Unternehmen gnadenlos rächen. Zumindest bei seinen eigenen Finanzen sollte man aber mit dem rumgeeiere so schnell wie möglich aufhören und selbst die Verantwortung dafür übernehmen.

Auch wenn es einmal die Falschen sind. Denn gerade dadurch kann man auch unglaublich viel lernen und das lieber eben wenn man jung ist und wenig Kapital einsetzt als wenn man mit 40 anfängt und dann mit einem dicken Sparbuch die Fehler macht.

Ich hoffe ich habe heraus arbeiten können, dass ich Paper Trading nicht als Einstieg an der Börse empfehle für jene, die dort selbst aktiv sein könnten. Für mich sollte ein Mensch mit 20 Jahren langsam in der Lage sein mit Finanzen umgehen zu können. Wer Kinder hat, die noch nicht geschäftsfähig sind, kann man sie an das Thema durchaus gut mit Planspiele ranführen um den Umgang und Denkweisen zu erlernen. Diese haben dann aber eben meist auch noch kein eigenes Kapital oder die geistige Reife.

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Ich kann dir da nur zustimmen. Musterdepots eignen sich lediglich dazu die grundlegenden Funktionen kennen zu lernen. Wenn man die kennt sollte man baldmöglichst mit realem Geld loslegen. Natürlich erst mit kleinen Beträgen. Aber wenn man die Nachteile nicht spürt, kann man nichts lernen.

Ich muss sagen, dass ich echt Glück hatte. Ich habe mir am Anfang einige wichtige Bücher gekauft und gelesen, die ihre Geld mehr als wert sind.
Peter Lynch und Kiyosaki haben mich geprägt. Nachdem ich diese Bücher gelesen hatte musste ich einfach anfangen zu investieren!

Daher ist es vielleicht manchmal das Beste solche Bücher zu verschenken, um Menschen zu animieren.

Daher ist es vielleicht manchmal das Beste solche Bücher zu verschenken, um Menschen zu animieren.

Dem kann ich eigentlich nichts hinzufügen. Leider haben diese Art von Lektüre oft einen staubigen Ruf. Auch ich habe mich lange darum gedrückt, muss aber sagen, dass ich sie am Ende doch allesamt auch sehr unterhaltsam fand. Gerade Lynch sollte man wirklich einmal gelesen haben!

Da kommt noch eine wichtige Hürde hinzu: oft haben junge Menschen einfach kein Geld übrig um etwas zu investieren - und schon garnicht um möglicherweise beim investieren etwas zu verlieren.
Zudem hat man in der Jugend andere Interessen und die Zeit, in der man Rücklagen brauchen wird, scheint noch in weiter Ferne. Mir gings ja früher nicht anders. Und das Geld, das zur Zukunftssicherung bestimmt war, stand ja nicht zur Disposition - das floß ungefragt in die staatliche Rentenversicherung. Damit hätte man vieleicht mehr erreichen können als die Grundrente, die ich wahrscheinlich bald erhalten werde.

Ich spreche ja bewusst nicht von Jugend. Jemand mit 20 gehört nicht mehr dazu und ist oft schon in einer Form von Einkommen gebunden. Gerade dann, wenn man keine reichen Eltern hat. Selbst wer als Student nebenher nur 50€ zurücklegt, kann sich eine Menge aufbauen. Und ehrlich das konnte ich trotz Existenzminimum auch damals schon, da eben auch Studenten oft Geld regelrecht verprassen. Es muss ja nicht immer der Club sein, man kann mit nem Sixpack genauso viel Spaß mit Freunden haben.

Die meisten Menschen denken immer, dass der Kapitalismus um Geld geht. Das ist falsch. Es geht um Zeit. Und je älter man wird, umso mehr Geld muss man zur Seite legen um überhaupt noch etwas zu bewirken. Dann ist die Falle zugeschnappt und man arbeitet nur noch für andere. Das ist der Grund, wieso ich konsequent junge Leute dazu bringe sich bereits JETZT damit zu befassen und nicht noch 5-10 Jahre zu warten.

Ich wünschte auch es wäre anders, aber leider ist unsere Welt so. Und die Frage stellt sich halt, ob man ein paar Jahre feiern will oder ein Leben lang.

Leider hast Du natürlich recht, dass man so manchem "Rentenbeitrag" mit Tränen hinterher weint und sich fragt, was man damit alles hätte machen können. Gerade als noch "Jüngerer" kalkuliere ich nicht mehr damit irgend etwas zu erhalten.

Mit "Jung" meinte ich natürlich Leute, die schon ein eigenes Einkommen haben - und auch einen eigenen Haushalt. Wer noch im "Hotel Mama" wohnt, der kann leichter was sparen. Wer aber eine eigene Wohnung, Auto usw. hat, bei dem bleibt selten was übrig am Monatsende. Und bei so manchen bleiben nur rote Zahlen. Da hat sich das mit dem Anlegen von selbst erledigt.

Perfekter Beitrag.
Genaus so muss es sein. Planspiele helfen beim Umgang bringen aber keinerlei Mehrwert, da Spielgeld reizlos ist. Spiel mal Onlinepoker, einmal mit Spielgeld und dann mit Blinds von 1 und 2 cent. Selbst dieser kleine Einsatz wird dein Spiel verändern. Genauso verhält es sich bei der Anlage von Geld.

Planspiel habe ich nur mal mit nem Freund gemacht, wer in 6 Monaten mehr Kohle hat, und einmal fürs CFD Trading um mit dem Tool vertraut zu werden und 1, 2 Dinge auszuprobieren. Wobei ich hier jedem rate, der einen Totalverlust scheut, einzusteigen. Den so schnell man Gewinne erzielt, so schnell verliert man auch sein Kapital. Aber das ist noch mal ein anderes Thema.

Spiel mal Onlinepoker, einmal mit Spielgeld und dann mit Blinds von 1 und 2 cent. Selbst dieser kleine Einsatz wird dein Spiel verändern.

Tatsächlich habe ich es nie gemacht. Aber es fällt mir nicht schwer es nachzuvollziehen, da oft bereits ein sehr geringer Anreiz vollkommen ausreicht um eine entsprechende Verhaltensänderung zu erzielen.

und einmal fürs CFD Trading um mit dem Tool vertraut zu werden und 1, 2 Dinge auszuprobieren.

Genau. Zum Lernen kann man das durchaus mal machen. Auch als ich mit der Broker-Software angefangen habe, habe ich natürlich erst einmal mit dem Paper Trading angefangen. Leider bleiben einige darauf ewig stecken... gerade wenn es mal nicht so läuft.

Na und CFDs... das halt auch so eine Sache für sich ;)

Quote Na und CFDs... das halt auch so eine Sache für sich ;)

Ja, das ist auch eher Nervenkitzel und mache ich nur mit Geld was ich letztlich abgeschrieben hab. Ein paar Regeln sind für mich, dass ich eine gesunde Stop-loss Strategie habe und das es für Privatanleger keine Nachschusspflicht mehr gibt. Habe da aber zB mit Gold im letzten Jahr ein paar Mark nebenbei verdient.
Aber der Staat macht das immer unlukrativer für kleine Fische, da bei der Steuer Verluste nicht mehr komplett gegengerechnet werden können.
Naja, mal sehen wie lange ich das noch treibe ;)

Quote Tatsächlich habe ich es nie gemacht. Aber es fällt mir nicht schwer es nachzuvollziehen, da oft bereits ein sehr geringer Anreiz vollkommen ausreicht um eine entsprechende Verhaltensänderung zu erzielen.

Vorsicht hohes Suchtpotential :D Gewinne reizen zu höheren Einsätzen und Verluste wollen zurück geholt werden. Spielt man auch lieber real mit seinen Freunden. Dann verzockt man auch nicht Haus und Hof ;)

Erinnert mich an Poker, da hat das Spiel mit Spielgeld auch so gut wie keinen Lehrwert.

Exakt. Solange es nur ein Spiel ist, wird man kaum etwas daraus lernen. Erst dann wenn es einen realen Einsatz gibt (selbst wenn er klein ist), wird man erst einen Effekt merken.

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