Ein Becher voller Melancholie 👹🍣🎎 Mein Japan

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Auch die schönsten Tage gehen vorrüber und man muss schließlich dann doch loslassen und Abschied nehmen. Man hat hoffentlich viel erlebt und genug Erinnerungen gesammelt, um sich später an die tolle Zeit zu erinnern, die man gehabt hat. Am Ende des Tages sind diese Erinnerungen noch frisch und wir spüren spätestens beim Sonneruntergang dieses bitter-süße Gefühl, die warme und schwere Melancholie, die uns zeigt, dass wir noch gar nicht bereit sind für morgen. Und dabei hilft uns meist auch nicht, dass auch der nächste Tag ein großer sein könnte. Nein, was zählt ist das Hier und Jetzt, und das möchte man einfach nicht loslassen.

Abschied nehmen mussten wir gerade ja auch von der Kirschblüte, die im letzten Monat für so einige fabelhafte Momente gesorgt hatte, und an welcher ich mich so sehr berauscht hatte. Das Ende dieser so besonderen Zeit wirkt auf mich wie das Ende eines Sommers. Etwas Großartiges geht auf einmal zu Ende und man weiß auf einmal gar nicht, ob man sich überhaupt auf das, was nun vor einem liegt freuen will und freuen kann. Auch wenn die Aussichten doch eigentlich ziemlich gut sind und der Frühling nun bald so richtig Fahrt aufnehmen wird.

Aber das Ende der Sakura-Zeit ist für mich wie ein einschneidender Zeitenwechsel voller Unbekannter und voller Ungewissheit. Wahrscheinlich fühlt es sich deshalb manchmal so schwer an, so wie der Blick auf die untergehende Sonne, die im Meer versinkt. Auch wenn diese bereits nicht mehr zu sehen ist und der Himmel immer dunkler wird, will ich immer noch nicht nach Hause. Es ist, als könnte ich den Moment des Loslassens für immer hinauszögern, wenn ich denn nur an genau diesem Ort verharre und das erwähnte Hier und Jetzt nicht aus den Augen lasse.

Aber letztendlich wird es immer dunkler und ich muss mir eingestehen, dass dieser Tag nun doch vorbei ist und nicht zurückkommen wird. Und genau wie am Strand ist es auch mit der Kirschblüte. Man zögert den Abschied heraus und sucht nach Zugaben und Verlängerungen. Dabei wird man auch fündig und man redet sich ein, dass dieses großartige Spektakel doch für immer so weiter gehen würde. Dabei ist natürlich der Wunsch der Vater der eigenen Gedanken, denn wenn man ganz ehrklich ist, weiß man dann doch ganz genau, dass sich manche Dinge sich nun einmal nicht aufhalten lassen und dass man auch einmal bereit sein muss, Ade zu sagen. Hilfreich mag dabei die Gewissheit sein, dass sich in spätestens einem Jahr der Zauber wiederholen wird und dass es auch dann wieder so magisch um uns herum aussehen wird, wie in diesen Tagen.

Aber wer und wo ist man dann selber? Diese Frage ist es wohl, die uns so sehr an genau diesem Augenblick festhalten lässt, und die uns so ungewiss in die Zukunft blicken lässt. Bin ich dann noch ich?

In jungen Jahren mag diese Frage viel weniger relevant sein, als sie es mit zunehmenden Alter wird. Und vielleicht wird sie eines Tages sogar wieder total unwichtig sein, aber so weit bin ich dann zumindest noch lange nicht. Zum Glück will ich dann auch ganz schnell zufügen, denn glücklicherweise fällt es mir meist gar nicht schwer, den Tag und den Augenblick zu leben und zu erleben. Alle wollen das Leben genießen, aber Erleben und sich dessen bewusst sein, sind für mich viel entscheidender.

Und genau aus diesem Grund will ich am Ende des Tages nicht nach Hause und fahre noch einmal einen kleinen Umweg. Und dann fahre ich über die Brücke und halte an uns schaue auf die Kirschbäume neben mir, die im Licht der untergehenden Sonne leuchten. Ganz spontan biege ich dann in diese kleine ungepflasterte Straße ein und fahre noch einmal ins Ungewisse. Noch einmal ein wenig Herzklopfen und Aufregung, und die Freude, der eigenen Spontanität nachgegeben zu haben. Das Auto wackelt und ich bin am Leben, und genau darum geht es in diesem Moment. Und wenn ich am Ende dann doch auf der Hauptstraße lande, die mich wieder zurück nach Hause führt, habe ich ja zum Glück meine Erinnerungen, die meinem Herz zu gut tun und die mir hoffentlich noch lange bleiben werden.

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