Filmanalyse: Warum Unplanned zu Recht mit FSK:16 bewertet wurde.

in #deutsch3 years ago

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Vor mehr als 14 Jahren geriet in den Vereinigten Staaten der hierzulande weniger bekannte, auf dem Glauben basierende Film "Facing the Giants" aufgrund einer Kontroverse über sein PG-Rating in die Schlagzeilen. Es war kostenlose Werbung, die dazu beitrug, dass der Film ein Kassenschlager wurde.

Eine ähnliche Kontroverse gab es dort im letzten Jahr auch, in der es sich um den relativ neuen religiösen Film "Unplanned" handelt, welcher in der westlichen Welt generell sehr umstritten ist und in den USA ein R-Rating erhielt (Altersfreigabe: Unter 18-Jährige dürfen den Film nur in Begleitung eines Erwachsenen ansehen, bei uns gab es immerhin FSK: 16), obwohl seine Befürworter ein PG-13 erwartet hatten. Er kam bei uns am 04.09.2020 in die Kinos.

Unplanned erzählt die Geschichte von Abby Johnson, der ehemaligen Direktorin von Planned Parenthood, die ihre Meinung über das Thema änderte, nachdem sie eine Abtreibung in ihrer Klinik gesehen hatte. Sie wurde eine Pro-Life-Aktivistin.

In Übersee gab das MPAA-Rating Board dem Film ein R-Rating für "einige verstörende/blutige Bilder" - ein Rating, das unerwartet war, wenn man den Inhalt mit anderen Filmen vergleicht, die mit R und PG-13 bewertet wurden.

Shawn Carney, Präsident der Pro-Life-Organisation "40 Days for Life" und eine Person, die maßgeblich an Johnsons Wechsel beteiligt war, sagte, dass er die Tatsache mag, dass der Film ein R-Rating hat", weil es dem Thema Glaubwürdigkeit verleiht". Abtreibung ist schließlich verstörend, blutig und gewalttätig.

"Das heißt, natürlich versucht die MPAA nur, die christliche Basis davon abzuhalten, den Film zu sehen", sagte Carney, der in dem Film dargestellt wird.

Ähnlich wie bei der Debatte um Facing the Giants - der anscheinend aufgrund seiner Botschaft des Evangeliums ein PG bekam - könnte die Kontroverse um Unplanned dem Film zugute kommen.

Hier sind vier Gründe, warum Unplanned kein R-Rating verdient.

1: Die Gewalttätigkeit rechtfertigt keine dermaßen hohe Altersfreigabe

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Ich habe Unplanned gesehen. Ich schaue auch jede Woche mehrere Filme. Lass es mich so ausdrücken: Wenn dieser Film so eine hohe Altersfreigabe verdient, dann gilt das auch für praktisch jeden Action-Abenteuer-, Thriller- und Superheldenfilm des letzten Jahrzehnts, der schon ab 12 freigegeben wurde. Das liegt daran, dass er weniger Gewalt und verstörende Inhalte enthält als Hunderte solcher Filme, die eine niedrigere Altersfreigabe erhalten haben.

Ja, Unplanned ist verstörend, aber nicht auf einem R-Rated-Niveau. Der Film zeigt uns nicht jedes Detail einer Abtreibung, und wir starren auch nicht in den Geburtskanal der Frau. Stattdessen sind wir im Zimmer und schauen auf einen Computermonitor. Wir sehen ein winziges Baby auf dem Bildschirm. Dann sehen wir ein Instrument. Sekunden später ist das Baby auf dem Bildschirm verschwunden. Beunruhigend? Ja. Altersfreigabe? Nicht im Vergleich zu anderen Filmen. In einer anderen Szene steht eine Frau, die eine chemische Abtreibung hinter sich hat, in einer Dusche. Sie blutet von der Abtreibung, aber sie ist vollständig bekleidet.

Vergleiche dies mit dem Film Split von 2016, der ein PG-13 bekam (in Deutschland immerhin noch FSK:16) und einen kannibalistischen Mann zeigt, der buchstäblich das Fleisch einer Frau isst. (Wir sahen ihren ausgeweideten toten Körper) Oder seine Fortsetzung mit der selben Altersfreigabe, die einen Mann zeigte, der die Kehle eines anderen Mannes aufschlitzt.

Vielleicht waren die Mitglieder der Prüfungskommission wirklich der Meinung, dass "Unplanned" ein "R" verdient hat. Vielleicht waren sie gestört. Oder vielleicht hat das Gremium ein R draufgeklatscht, in der Hoffnung, dass weniger Leute zuschauen würden.

2: Der sonstige Inhalt ist FSK: 6-würdig

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Der Oscar-prämierte Film Green Book (2018) wurde mit PG-13 bewertet und enthielt mehr als 70 derbe Wörter. Der Actionfilm Stirb langsam 4.0 (2007), ebenfalls PG-13, hatte etwa 100.

Und Unplanned? Ich konnte gerade mal fünf zählen. Der Film enthält auch keine Sexualität oder Nacktheit. (Im Gegensatz zu, sagen wir, dem 1997er Film und PG-13 bewerteten, bei uns FSK:12-Film Titanic, der all das hatte.)

Carney sagte, dass das R-Rating Kinobesucher anziehen könnte, die sonst nicht interessiert wären.

"Ich frage mich, ob wir das Kinopublikum anlocken werden, das wir sonst nicht angelockt hätten, weil einige College-Kids nur in Filme mit R-Rating gehen", sagte Shawn Carney in einem Interview.

3: Jeder Marvel-Film ist schlimmer

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Ich hätte kein Problem damit, meinen Sohn im Teenageralter Unplanned sehen zu lassen, aber ich würde nicht wollen, dass er jeden Marvel-Film mit Freigabe ab 12 Jahren sieht, der jemals gedreht wurde. Das liegt daran, dass Marvel-Filme mit Freigabe ab 12 Jahren mehr Gewalt und verstörende Inhalte enthalten als dieser Film.

Avengers: Infinity War (2018) enthielt Stellen, an denen gefoltert und aufgespießt wurde. Thor: Ragnarok (2017) zeigte dämonenartige Kreaturen, die die Guten jagen, und eine Person, die ihr Auge verliert. Black Panther (2018) enthielt so viele Messerstechereien, Schießereien und UFC-ähnliche Faustkämpfe, dass ich ein paar Mal in meinem Sitz zusammenzuckte.

Marvel-Filme mögen unterhaltsam. sein, aber sie sind noch gewalttätiger als Unplanned.

Carney sagte, dass die Altersfreigabe Familien nicht davon abhalten sollte, den Film zu sehen, weil es kein typischer R-Film ist.

"Sie können Teenager mitnehmen, um Unplanned zu sehen", sagte er. "Es ist eine sehr erbauliche, schöne konvergente Geschichte."

4: Auch das Rundfunkfernsehen ist schlimmer

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Ich war ein großer Fan der Serie 24, die von 2001 bis 2014 lief. Aber die Heldentaten von Jack Bauer waren - trotz des TV-14-Ratings - schlimmer als das, was ich in Unplanned gesehen habe. Er folterte Menschen. Er schoss und tötete weit mehr. Einmal hat er sogar einem Menschen die Hand abgeschnitten, um ihn vor dem sicheren Tod zu retten. (Vielleicht war das nötig, aber es war trotzdem eklig.)

Was mich zurück zu Unplanned bringt. Die Gewalt in diesem Film ist weitaus zahmer als alles, was Jack Bauer tat. Aber während ich lobend anerkennen muss, dass der Film in Deutschland zu Recht eine FSK: 16 bekam, hat er in den Staaten irgendwie ein R bekommen.

Natürlich, wenn Unplanned eine Abtreibung zeigen würde, von Anfang bis Ende - das Einführen von Instrumenten in den Geburtskanal, das Herausziehen eines abgerissenen blutigen kleinen Ärmchens und Beinchens - würde es ein R-Rating rechtfertigen. Aber das tut er nicht.

Er enthält gerade genug verstörenden Inhalt, um den Zuschauer zu beeindrucken, aber nicht so viel, dass er das Kino verlassen will, weshalb dieser Film meiner Ansicht nach auch ruhigen Gewissens jüngeren Menschen, die noch nicht volljährig sind empfohlen werden kann.

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