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RE: Was die Paradise Papers mit Vergewaltigungen im Gefängnis zu tun haben

in #deutsch7 years ago

Dann mag das ein ideologischer Unterschied sein zwischen uns beiden. Ich bin jedenfalls der Auffassung, dass es etwas wie "soziale Verantwortung" definitiv gibt. Das ergibt sich für mich schon allein aus dem Grund, dass das Individuum einen Scheiß bewerkstelligen könnte, wenn es nicht in eine Gesellschaft eingebettet wäre. Daraus begründet sich für mich auch eine Verantwortung des Individuums gegenüber dieser Gesellschaft.

Was Hayek dazu geschrieben hat, ist sicherlich interessant. Ich bin allerdings kein Freund davon, mich auf einzelne Gelehrte zu berufen. Deren Meinungen sind innerhalb ihres wissenschaftlichen Faches schließlich immer vielfach umstritten. Es gibt eben, wie du sagst: keine objektive Wahrheit.

Und natürlich hast du Recht, dass der "kleine Steuerzahler" übermäßig belastet wird - gar kein Zweifel. Das liegt aber eben auch daran, dass die "großen Steuerzahler" ihren - mit Hilfe der Gesellschaft erzielten - Profit nicht teilen.

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Dann definiere das Wieselwort "soziale Verantwortung". Kann man das objektiv definieren? ;-)

Angenommen es soll ein Schwimmbad gebauer werden. Du schwimmst gerne und dein Nachbar nicht. Es ist unmoralisch zu deinem Nachbarn rüberzugehen, ihn die Waffe an den Kopf zu halten und aufzufordern, dass er für das Schwimmbad zu zahlen hat. Wenn jetzt aber der Bau des Schwimmbads durch einen demokratischen Entscheid gebaut wird, zwingt halt der Staat deinen Nachbarn dafür zu bezahlen mit Waffengewalt. Ist das moralisch?

Unter sozialer Verantwortung verstehe ich beispielsweise, dass jeder Mensch eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft hat in der er lebt. Denn jede Gesellschaft übernimmt auch Verantwortung für ihre Individuen.

Wenn man unter "objektiv" versteht, dass etwas "intersubjektiv nachvollziehbar" ist, dann kann man Obejktivität zwar nicht herstellen, aber man kann sich ihr annähern.

Auf dein Schwimmbad-Beispiel bezogen, würde das bedeuten, dass auch mit den Geldern meines Nachbarn sehr wohl ein Schwimmbad gebaut werden kann.
Das alles ist für mich aber nur moralisch, solange die Entscheidung über den Bau des Schwimmbades und auch die Entscheidung über die Summe der Abgaben, die mein Nachbar und ich dafür zu leisten haben, durch demokratische Prozesse herbeigeführt wurden.

Davon kann man allerdings leider nicht immer ausgehen!
Anstatt das Prinzip der sozialen Verantwortung in Frage zu stellen, würde ich daher eher in Frage stellen, durch welche Prozesse (bspw. demokratische) es uns gelingen kann, eine möglichst objektive (also für möglichst alle Menschen nachvollziehbare) Definition der sozialen Verantwortung hervorzubringen.

Je allgemeiner eine solche Definition anerkannt ist, desto bereitwilliger wäre mein Nachbar für das Schwimmbad zu bezahlen.

Ich denke das Problem der Demokratie, wie wir sie heute in Deutschland vorfinden, ist dass die Nachvollziehbarkeit der Prozesse und Entscheidungen nicht mehr hinreichend gewährleistet ist.
Das ist für mich aber kein Grund an kollektiven Entscheidungen bzw. an dem Prinzip der Unterordnung des Individuums unter diese kollektiven Entscheidungen zu zweifeln - sondern, wie gesagt, an den Prozessen der Entscheidungsfindung zu arbeiten...

Also hast du auch eine "soziale Verantwortung" gegenüber den Menschen in Afrika, die von unter 1$ am Tag leben? Musst du also denen das Geld, was du mehr verdienst, abgeben?

Um noch mal auf den Fall mit dem Schwimmbad zurückzukommen:
Wenn du zu deinem Nachbarn rübergehst und ihm die Waffen an den Kopf hältst, um für das Schwimmbad was du und deine Freunde haben wollt zu bezahlen, ist es unmoralisch. Stimmst du mir da zu?
Wenn du da mit drei anderern Nachbarn rübergehst und ihr ihm eine Waffe an den Kopf haltet, ist es dann moralisch?
Wenn du mit 80 Millionen Nachbarn rübergeht und ihr ihm eine Waffen an den Kopf haltet, ist es dann moralisch?
Ach ja, sagt ihr dann zu viert auch schon mit der Waffe an seinem Kopf "du hast einfach die soziale Verantwortung, das ist unsere Demokratie!"? Macht das was ihr sagt es moralisch?

Oder mal anders gefragt: Ich bin dein Nachbar und weigere mich für dein Schwimmbad zu bezahlen, dass du und deine Freunde haben wollte. Ich kann nämlich nicht mal schwimmen. Unterstützt du dann Gewaltanwendung gegen mich?

Ersetze auch mal den Fall Schwimmbadbau mit was anderem. Es ist demokratisch legitimiert Menschen, die eine andere Meinung, Hautfarbe, Sexualität usw. haben dazu zu zwingen sich anders zu verhalten, wie man selbst will.
Sollen ist einfach immer das Wollen eines anderen.

Schau mal in die Geschichte, alle Massenmorde des 20sten Jahrhunderts wurden mit der Aufopferung des Individuums gegenüber dem Kollektiv begangen. Wie hieße es bei den Nazis: "Gemeinwohl vor Eigennutz".
Übrigens hatten wir erst vor ein paar Tagen das 100-jährige Jubiläum der russischen Revolution. Leider haben bei diesem Thema die meisten Menschen erhebliche Bildungslücken. Geschweige denn, dass man mal irgendwas von Mises, Hayek usw. gehört hat.

Meiner Meinung nach habe ich defintiv eine Verantwortung gegenüber Menschen in Afrika. Wenn man sich anschaut, wie unsere globale Wirtschaft aufgebaut ist, dann ergibt sich daraus für mich der Schluss, dass ein Teil des Wohlstandes in Deutschland auf dem Rücken ärmerer Länder ausgetragen wird. Ich finde dafür müsste es entsprechende Ausgleichszahlungen geben.

Zum Schwimmbad: Ich bin nicht der Meinung, dass jede Art von Zwang unbedingt etwas schlechtes ist. Ich denke ohne die Übernahme gegenseitiger Verantwortung, würde Gesellschaft nicht funktionieren.
Deine Waffen-Metaphorik finde ich zu überspitzt. In Deutschland würde der Nachbar erstens nicht lebensgefährlich bedroht und hätte zweitens die Möglichkeit, seinen Widerstand gegen den Schwimmbadbau zum Ausdruck zu bringen und geselllschaftliche Mehrheiten dafür zu finden, um das Projekt doch noch zu stoppen.

Und ja du hast natürlich Recht damit, dass es keineswegs eine natürliche Logik ist, den Menschen einen fremden Willen auf zu zwingen. Ich denke nur, dass es sich hierbei um ein philosophisches Grundproblem menschlichen Zusammenlebens handelt, das nicht mit Ja/Nein beantwortet werden kann.
Und für mich persönlich erscheinen demokratische Prinzipien als die aussichtsreichsten, um diesem ewigen Problem der Menschheit zu begegnen.

Erzähl mal von deiner Idee, um Gesellschaft funktionieren zu lassen? Wie sollte deiner Meinung nach der Bau eines Schwimmbades beschlossen bzw. finanziert werden?

Wie kann man einer Person einer Verantwortung gegenüber haben, die man nicht kennt? Und wo zieht man da die Grenze? Musst du dann auch Verantwortung für Außerirdische übernehmen, die kennt man ja auch nicht ;-)

Und wenn man sich mit Wirtschaft beschäftig, sieht man, dass ein freie Wirtschaft Menschen nur agieren, wenn sie sich beide darunter einen Vorteil versprechen. Da kommt es immer zu Win-Win-Situationen. Aber da kommen die Linken ja immer und sagen so einen Unsinn wie „Wenn du nicht arm wärst, wäre ich nicht reich“. Da lässt immer nur auf sehr wenig ökonomisches Verständnis schließen. Wirtschaft ist nie ein Nullsummenspiel.

Und natürlich steckt hinter jedem Gesetz immer Waffengewalt! Egal, ob es der Schwimmbadbau, deine eigene Überwachung, Banken-Bailouts, Unterstützung von Kriegen im Ausland oder nur die GEZ ist, sobald ich mich weigere dafür zu bezahlen (bei Steuern kann z.B. ein Selbständiger einen Anteil einbehalten), macht man mit Staatsgewalt Druck. In letzter Konseqeunz kommt man zu dir nach Hause und wendet dir gegenüber Gewalt an. Wenn du dich wehrst, hat man das Recht dich zu erschießen. Und jeder der solche Gesetze unterstützt, unterstütz Gewalt gegen diejenigen, die dagegen sind.

Zum Schwimmbad: Lass uns das Schwimmbad mal mit unserem Fall des Gefängnisses ersetzen. Da gibt es dann eine Gruppe von Männer, die jeden täglich hart von hinten durchnehmen. Weil alle diese Gruppe demokratisch legitimiert haben und sie sich den Anschein geben moralisch zu handeln. Die moralische Begründung ist dann: Wenn wir euch nicht täglich hart rannehmen, werdet ihr unzufrieden sein und das stört das Zusammenleben hier im Gefängnis. Wer sich da weigert hart rangenommen zu werden, dem wird gesagt: „Zwang [ist nicht] unbedingt etwas schlechtes […] ohne die Übernahme gegenseitiger Verantwortung, würde Gesellschaft nicht funktionieren.“

Da kann man dann natürlich fragen, wo zieht man jetzt die Grenze? Bei wie vielen Entscheidungen muss Gewalt im Spiel sein? Meine Antwort heißt da bei keiner einzigen! Man kann alles auf freiwilliger Basis und ganz ohne Zwang kläre. Im Falle des Schwimmbads können z.B. diejenigen, die das gerne nutzen, das über ihre Eintrittspreise finanzieren. Die es nicht nutzen, müssen dafür einfach nicht bezahlen. Das nennt sich Kapitalismus, also das Wort, was bei den meisten Menschen negativ besetzt ist. Da muss man sich auch mal fragen warum ;-)

Die Antwort lautet also einfach alles privatisieren und den Markt alles regeln lassen :-) Und wer gerne alles vergesellschaftet haben will, kann das gerne machen. Mein Ideal wäre da ein Europa der Tausend Lichtenstein. Da kann dann jedes Land das machen, was es möchte. Die einen wollen dann das BGE, die anderen Gemeinschaftseigentum, die anderen dann komplett Privateigentum usw. Im Wettbewerb der unterschiedlichen Systeme, wird dann das beste sich durchsetzen. Deswegen bin ich auch so ein Freund von Cryptowährugen: decentralize and privatize everything! :-)

Wie ich auch schon geschrieben hatte, sind deine Ideen die Ideologien, die allen totalitären Regimen des 20sten Jahrhunderts zu Grunde lagen. Das Individuum musste sich immer dem Kollektiv aufopfern. Oder wie hieß es bei den Nazis: „Du bist nichts, dein Volk ist alles!“ oder auch „Gemeinwohl vor Eigenwohl“. Da waren dann auch ein paar Tote und Verschleppte nicht so schlimm, wenn es denn für das größere Ideal passiert ist, also immer für die Gesellschaft.

Das Thema habe ich übrigens auch gestern mit Philipp hier besprochen.