Die Kriegstreiberei gegen Syrien hat mit den jüngsten Luftschlägen einen weiteren Höhepunkt erreicht. In Politik und Medien werden diese Luftschläge ganz überwiegend begrüßt, obwohl noch nicht geklärt ist, ob der angebliche Chemiewaffenangriff überhaupt stattfand oder ob er gar von den Rebellen mit Unterstützung westlicher Geheimdienste inszeniert wurde (1).
So hat Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Bericht auf n-tv.de (2) die Angriffe der drei Westmächte auf Ziele in Syrien unterstützt. „Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen“, erklärte die Kanzlerin. „Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben“.
Diese verbale Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Angriffsaktes - für sich genommen schon ein Skandal - wird von nicht wenigen als nicht hinreichend angesehen. So zeigt beispielsweise der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg kein Verständnis für die deutsche Enthaltung bei den westlichen Luftschlägen auf Syrien. „Wenn Menschen abgeschlachtet werden, muss man auch mal eingreifen“, sagte der CSU- Politiker nach einem n-tv.de-Bericht (3). Die Bundesregierung mache es sich zu leicht, wenn sie sage, „die Drecksarbeit machen die anderen für uns.“
In dieser überwiegend tendenziösen Berichterstattung der Mainstream-Medien wird natürlich weder darüber informiert noch hinterfragt, wie es zu dem Syrienkrieg kam, wer ihn gewollt, gefördert und vorangetrieben hat und damit die Mitverantwortung für das Kriegselend trägt.
Es sei daran erinnert: Vor dem Jahr 2011 gab es in Syrien keinen Bürgerkrieg und keine Flüchtlinge. Die verhängnisvolle Entwicklung nahm erst im Frühjahr 2011 ihren Lauf, als sich aus Demonstrationen gegen die syrische Regierung eine Opposition bildete, die dann zunächst durch politischen Druck, schließlich mit Waffengewalt den syrischen Präsidenten Assad stürzen wollte. Dies hätten die oppositionellen Kräfte in Syrien nicht ohne Unterstützung des Auslandes bewerkstelligen können. Die Muster der vom Westen organisierten Regime-Changes sind nur allzu bekannt.
Auch in diesem Fall konnten gut Informierte nicht überrascht sein. Denn der Syrien-Krieg war nach einem amerikanischen Drehbuch schon lange geplant. Dies eröffnete der ehemalige US - General Wesley Clark am 3. Oktober 2007 seinen Zuhörern beim Commonwealth Club in San Francisco. Danach plante der Pentagon schon kurz nach 9/11 , innerhalb von 5 Jahren 7 Länder anzugreifen und dort einen Regime- Change herbeizuführen, nämlich in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, Libanon, Sudan und Iran. (4)
Und hinsichtlich Syriens wird bei genauem Hinsehen deutlich, dass Berlin, Paris, London und Washington seit Jahren Hand in Hand an einem Sturz der Regierung in Damaskus arbeiteten.(5)
Nach dem Ausbruch von Protesten in Syrien hielten die westlichen Regierungen einen Machtwechsel zugunsten der von der Muslimbruderschaft dominierten oppositionellen Kräften für möglich. Insbesondere die Türkei, Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika setzten nach kürzester Zeit auf diese Kräfte, die den Namen "Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte" erhielten.
Dazu äußerte sich die Bundesregierung 2014 gegenüber dem Bundestag wie folgt:
„Die Bundesregierung unterstützt die moderaten Kräfte der syrischen Opposition und betrachtet die im November 2012 gegründete „Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte“ (Nationale Koalition), in der die verschiedenen ethnischen und religiösen Minderheiten Syriens und Vertreter unterschiedlicher politischer Gruppierungen repräsentiert sind, als legitime Vertreterin des syrischen Volkes. Diese Einschätzung wird von ca. 120 Staaten (der sogenannten „Gruppe der Freunde des syrischen Volkes“) einschließlich aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union geteilt. Die Leitung der Oppositionsdelegation bei den Verhandlungen über eine politische Lösung des Syrienkonflikts („Genf II“) durch den Präsidenten der Nationalen Koalition auf Einladung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen bestätigt diese internationale Wahrnehmung der Nationalen Koalition.“ (6)
Auf Initiative des damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy bildete sich Anfang Februar 2012 ergänzend dazu eine Kontaktgruppe von Staaten, die sich „Freunde des syrischen Volkes“ nennt. Ihr gehören unter anderem Deutschland, Kanada, USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Türkei, Saudi-Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate und Jordanien. Ihr Ziel ist der Sturz Assads und die Unterstützung der oppositionellen Kräfte einschließlich der Freien Syrischen Armee. (7)
Im Rahmen dieser Kontaktgruppe übernahm Deutschland zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten die "Arbeitsgruppe Wirtschaftlicher Wiederaufbau und Entwicklung", die seit Mai 2012 Workshops zu diesem Thema in Berlin und Abu Dhabi durchführt. Die Bundesregierung hat für sie in Berlin ein Sekretariat eingerichtet. Die Kosten dafür teilen sich Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate. (8)
Zudem hat Deutschland mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA im Jahr 2013 den "Wiederaufbaufonds" Syria Recovery Trust Fund(SRTF) gegründet, welcher "Projekte zur Versorgung der Menschen in Syrien mit grundlegender Infrastruktur" finanzieren soll.
Hier verschleiert das Auswärtige Amt nach einem Bericht von RTdeutsch (9) absichtlich das Zielgebiet, in welchem die vom SRTF finanzierten Projekte realisiert werden sollen. Während die Bezeichnung "Projekte zur Versorgung der Menschen in Syrien" einen humanitären Ansatz suggerieren sollten, bei welchem alle Menschen in Syrien von deutschen und anderen Steuergeldern Hilfe erwarten dürften (10), gestalte es sich in Wirklichkeit ganz anders.
Der SRTF unterstütze nämlich ausschließlich Projekte, die in Gebieten unter Kontrolle der zahlreichen syrischen Rebellengruppen stünden. Damit solle diesen Menschen ein zusätzlicher Anreiz geboten werden, sich für die "Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte" als alleinige Repräsentantin zu entscheiden. Der genaue Wortlaut der Bundesregierung dazu (11) lautet:
„Deutschland leistete zwischen 2013 und 2015 Hilfslieferungen an gemäßigte Kräfte der Opposition mit dem Ziel, den Aufbau von Strukturen zu unterstützen, die in den nicht vom Regime kontrollierten Gebieten Syriens für die Bevölkerung grundlegende öffentliche Dienstleistungen und Schutz anbieten.“
Diese Fakten zeigen, dass die Bundesregierung sowie die Mainstreammedien mit ihrer in der Regel unkritischen Berichterstattung eine erhebliche Mitverantwortung für die Destabilisierung Syriens tragen, für die Zerstörung des Landes, die vielen Toten des Krieges, das Elend der Syrer und die daraus resultierenden Flüchtlingsströme nach Europa. Es ist ein ungeheurer Vorgang, dass die Bundesregierung, die westlichen Mächte und die Mainstreammedien nunmehr dem syrischen Präsidenten für das Elend seines Landes verantwortlich machen wollen.
Vor diesem Hintergrund muss es wie eine Verhöhnung der Syrer wirken, dass Angela Merkel nunmehr vom Franziskanerorden in Assisi am 12. Mai 2018 mit der „Lampe des Friedens“ für ihren Einsatz für den Frieden ausgezeichnet werden soll. (12)
(2) https://www.n-tv.de/politik/Merkel-stellt-sich-hinter-Luftangriff-article20384167.html
(3) https://www.n-tv.de/politik/Guttenberg-wirft-Merkel-Ausreden-vor-article20386016.html
(4)
(5) https://deutsch.rt.com/inland/44352-deutschland-mitverantwortlich-fur-blutvergiessen-in/
(6) http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/017/1801746.pdf BT-Drs. 18/1746: Antwort der Bundesregierung vom 12.6.2014 auf eine kleine Anfrage zur Beurteilung des Syrien-Konfliktes durch die Bundesregierung, Seite 3
(7) ) https://de.wikipedia.org/wiki/Freunde_Syriens
(8) http://www.spiegel.de/politik/ausland/syriens-wiederaufbau-wird-in-berlin-geplant-a-836966.html
(9) ) https://deutsch.rt.com/inland/44352-deutschland-mitverantwortlich-fur-blutvergiessen-in/
(10) https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/syrien-node/160201-srtf/278054
(11) ) http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/071/1807114.pdf Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage zum Thema „Einmischung der NATO- und GCC-Staaten in den syrischen Bürgerkrieg und sogenannte gemäßigte Oppositionsgruppen, Frage 18, Seite 8