Blockchain-Hanse #1 Revolutionäre Netze

in #deutsch7 years ago (edited)


Als 2010 die Bitcoin-Blockchain schon geboren war, hatte man sich im deutschen Bundestag über die Folgen der Digitalisierung der Gesellschaft beraten lassen. Prof. Dr. Peter Kruse hat 10 Thesen eingebracht, wobei die Kernthese eine Machtverschiebung ist. [Link] Demnach haben Systeme mit einer enormen Vernetzungsdichte, eine hohe Spontanaktivität und kreisende Erregungen eine Tendenz zur Selbstaufschaukelung. Diese Netzwerke können plötzlich mächtig werden. Damit geht eine massive Machtverschiebung vom Anbieter zum Nachfrager einher. Das heißt, wir haben einen extrem starken Kunden, einen extrem starken Mitarbeiter und einen extrem starken Bürger. Nach Peter Kruse ist es geboten empathisch zu sein, um zu erkennen, was resonanzfähig ist. Denn Vorhersagen können nicht mehr getroffen werden.

Eine derartige Aufschaukelung hat dieses Jahr zweifelsohne am Markt der Kryptowährungen stattgefunden. Zu Beginn des Jahres betrug die Marktkapitalisierung aller Blockchain-Projekte noch weniger als 18 Mrd. $. Im Juni war der Markt ca. 100 Mrd. $ schwer. Selbst Mario Draghi fürchtet unkontrollierte Disruption im Finanzwesen. [Brief ans Parlament der EU] Das heißt, dass veraltete Technologien, in diesem Fall staatliche Fiat-Währungen wie der Euro und der US-Dollar, abrupt durch die neue Blockchain-Technologie ersetzt werden könnten. Aber noch ist diese Revolution nicht in der Wirtschaft angekommen, beschwichtigt der Zentralbänker. In den letzten Wochen ist auch eine Konsolidierung im Kryptomarkt  eingetreten.

Aber was ist die Blockchain und was macht sie so gefährlich? Ohne jetzt schon auf die technischen Details einzugehen, sei gesagt: Die Blockchain ist der Grundbaustein, um super resistente sowie dezentrale Netzwerke, Buchhaltungssystem und Register zu kreieren. Für einen Laien hört sich das jetzt technokratisch an, aber hier drin steckt der Sprengstoff für die Machtverschiebung, von der Peter Kruse gewarnt hatte. Hiermit kann man nicht nur ein Grundbuchamt effektiver gestallten, wie es kürzlich in Schweden eingeführt wurde, sondern Personengruppen können sich autonom selbst verwalten und z.B. ihr eigenes Geld drucken. Das Prinzip ist hierbei ganz einfach. In diesen Netzwerken gibt es ein Protokoll, das den Transfer von sogenannten Tokens regelt, welche in ihrer Summe bekannt und limitiert sind. Diese Tokens fungieren damit wie Aktien oder sind eben das Geld dieser Netzwerke. Damit kann am Markt gehandelt werden. In letzter Konsequenz heißt das, dass sich diese autonomen Gesellschaften über die Blockchain, an die sie glauben, weil sie darin einen Nutzen sehen, am Markt kapitalisieren. Gedeckt ist die Blockchain dabei nur durch die Wirtschaftskraft ihrer Anhänger. Steigt die Anzahl der Anhänger, so nimmt auch der Wert der Blockchain zu, was auch zur Aufwertung der Tokens führt. (Nebenbei gesagt funktionieren Aktien, spekulative Rohstoffe, Fiatwährungen usw. genauso.) Marktspekulationen können hier schnell Resonanzen hervorrufen - in beide Richtungen. Dies kann in Zukunft dazu führen, dass Angestellte des Staates, die nicht mit Pensionen versorgt werden und damit kein zwingendes Interesse am Werterhalt des staatlichen Fiats haben, ihr Gehalt in ihrer eigenen Blockchain-Währung verlangen, während der Staat die Steuern weiterhin in Fiat einfordert - zur Not natürlich mit staatlicher Gewalt.

Wie weit wir von solchen Szenarien weg sind, kann man nur schwerlich vorhersagen. Bewegt man sich aber durch soziale Netzwerke, so ist der Unmut in der Gesellschaft gegenüber den Staaten doch recht groß. Spreche ich Leute auf die Blockchain an, so haben einige vielleicht mal von Bitcoin gehört, aber sonst ist das für fast alle Neuland, mit dem man sich mal beschäftigen könnte … wenn man denn mal Zeit hat und jemanden findet, der das mal vernünftig erklärt. Aber meistens empört man sich dann doch nur über das Theater in den Massenmedien und der Politik.

Ich komme mir vor wie zu Zeiten des Ablasshandels: Die wenigsten können lesen und einige Nerds basteln an der Druckerpresse ... 

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Sehr gut geschrieben. Wenn das nur mehr Leute kapieren würden, dann wäre das System im Eimer, weil keiner mehr Fiat benutzen würde - höchstens um Steuern zu bezahlen, aber das wäre ja dann billig zu haben.

Eine kleine Anmerkung: Euro, Dollar usw. sind kein Staatsgeld. Es wird von privaten Institutionen geschaffen, der "Staat" leiht es sich nur aus und zwingt seine Untertanen, es zu benutzen.

Zwei gute Bücher, die ich zu diesem Thema nur empfehlen kann:

Danke fürs Feedback.

Dass Euro, Dollar usw. kein vom Staat (besser Parlament oder Bürger) kontroliertes Geld ist, weiß ich. Es sind nur gesetztliche Zahlungsmittel. Nur für den Anfang wollte ich es einfach halten und die Take-Home-Message soll nur sein: Diese Netzwerke sind mächtig. Es fehlt nur noch etwas an Infatruktur und Bildung

Dieser Blog soll natürlich noch weiter gehen. Da kommt dann, dass EZB und FED Institutionen des Deepstate sind usw. Aber erstmal lasse ich es bei Staatsgeld, da ja das Geld subjektiv für viele vom Staat in Umlauf gebracht wird.

Ich will auch mal eine Buchempfehlung geben:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Der Tragödie zweiter Teil
http://www.digbib.org/Johann_Wolfgang_von_Goethe_1749/Faust_II_.pdf Lustgarten Seite 32 ;-)

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Hier noch ein kleiner Nachtrag:
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Bitcoin-Co-EZB-tritt-fuer-straffe-Regulierung-virtueller-Waehrungen-ein-3354018.html

"So fürchtet die EZB auch, dass eine verstärkte Nutzung solcher Währungssysteme die Macht der Zentralbanken untergrabe, Geldmengen zu steuern und Preisstabilität herzustellen.
...
Eine juristische Definition der Kryptowährungen sollte diese laut EZB-Sicht auch keinesfalls als gesetzliche Zahlungsmittel auffassen, in denen sich zum Beispiel Steuern zahlen lassen."