Künstlerin, Ausstellungsmacherin ... oder beides?

in #deutsch6 years ago (edited)

Wie vielleicht einige von Euch wissen, bin ich seit einiger Zeit nicht nur als Künstlerin tätig, sondern repräsentiere (gemeinsam mit meiner Kollegin Christine Hirschberg) auch gleichzeitig die andere Seite - nämlich die der Ausstellungsmacher, Organisatoren, Kuratoren, ... oder wie immer man sie auch nennen möchte.

Vergangenen Dienstag wurde in Wels in der Galerie NÖFA die zweite "Labyrinth der Wirklichkeiten"-Ausstellung eröffnet. Die erste Ausstellung dieser von Christine und mir ins Leben gerufenen Serie fand im oö. Kulturquartier Linz statt. Beide Ausstellungen waren sehr gut besucht und die Rückmeldungen ebenfalls unglaublich motivierend - was zwar wirklich toll, aber nicht unbedingt nötig ist. Weshalb? Weil meine Motivation aus dem Entschluss kommt, meiner Lieblings-Kunstrichtung, der phantastischen Kunst, zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen.


Gruppenfoto "Labyrinth der Wirklichkeiten", Wels. Foto © Galerie NÖFA.

Wie ist das nun für eine Künstlerin, sich aus dem mehr oder weniger einsamen Dasein im Atelier heraus zu wagen und Ausstellungen zu organisieren? Nun ja, es hat wie alles mehrere Seiten – positive und weniger positive. Aus meiner Sicht überwiegen die positiven Seiten (klar, sonst würde ich es ja nicht mehr machen ;) ). 

Kontakte
Das Beste am Organisieren von Ausstellungen ist natürlich, dass ich mit meiner Tätigkeit vielen Kolleginnen und Kollegen helfen kann, ihre Kunst sichtbarer zu machen. Die Ausstellungsmöglichkeiten für die phantastische Kunst sind ja immer noch sehr begrenzt. Außerdem bringen die Ausstellungen Künstler in Regionen, in denen sie normalerweise nicht vertreten sind. Das hilft einerseits den Künstlern bei der - marketingtechnisch ausgedrückt - Erschließung neuer Märkte. Andererseits bekommen Kunstliebhaber so aber auch neue (oder renommierte überregionale und ausländische) Künstler und Arbeiten zu sehen.

Was ich besonders schätze ist die Tatsache, dass ich meine Kontakte durch die Ausstellungsorganisation laufend erweitere. Ich lerne so viele interessante Menschen kennen, die mein Leben bereichern! Manche sind zu lieben Freunden geworden, auf die ich nicht mehr verzichten möchte. Andere sind gute Lehrmeister in allen möglichen Bereichen und natürlich habe ich auch persönlich als Künstlerin schon von dem einen oder anderen Kontakt profitiert. Wer sich ein wenig mit Marketing beschäftigt wird wissen, dass Kontakte eines der wichtigsten, wenn nicht DAS wichtigste Standbein sind. 

Persönliches Wachstum
Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist der persönliche Nutzen - und ich meine damit jetzt nicht materiellen Nutzen (der hat sich bisher noch nicht eingestellt). Ich spreche vom persönlichen Wachstum. Für mich war zum Beispiel die erste Eröffnung eine große Herausforderung. Ich bin ein Mensch, der ungern im Mittelpunkt steht, aber wenn man Ausstellungen organisiert und Ansprechpartner für viele ist, lässt sich das nun mal nicht vermeiden. Man wächst mit seinen Aufgaben: Mittlerweile macht es mir sogar Spaß, gemeinsam mit Christine unsere Rede zu schreiben und bei der Vernissage etwas über die Ausstellung und die Künstler zu erzählen.
Ich habe ebenfalls viel punkto Kommunikation und den Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeiten gelernt. Und auch darüber, wie ich mit Situationen umgehe, die so nicht geplant waren.
Und noch etwas Wichtiges ist passiert: Mein Einblick in die Tätigkeit von Ausstellungsmachern und Kuratoren hat dazu geführt, ein größeres Verständnis für sie zu entwickeln und mich als Künstlerin noch professioneller zu verhalten wenn ich selbst an Ausstellungen teilnehme.
Ich habe Seiten an mir entdeckt, die ich nun ausleben kann, wie z.B. das Organisieren, das mir große Freude macht. Und nicht zu unterschätzen ist auch, dass meine Kreativität punkto Ausstellungen immer weiter wächst. Ich habe so viele Ideen, neue Konzepte im Kopf! Vieles lässt sich momentan noch nicht verwirklichen – aber übermütig zu denken und rumzuspinnen ist unglaublich befreiend, motivierend und anspornend.


Eröffnungsrede "Labyrinth der Wirklichkeiten", Linz. Foto © Sigrid Nepelius

Zeitmanagement
Einen Nachteil (und für mich bislang der einzige) möchte ich aber aufzeigen, weil er für das Leben als Künstler nicht unwichtig ist: Ausstellungsorganisation macht Arbeit - richtig viel Arbeit! Das bedeutet auch: Es geht richtig viel Zeit drauf. Das hat zur Folge, dass ich oft wochenlang nicht künstlerisch tätig bin, weil mir schlichtweg die Zeit dazu fehlt. Schließlich ist da auch noch unser Hortus-Permaculturis und mein Webmagazin Phantastisch.at sowie eine Teilzeit-Erwerbsarbeit um die Fixkosten zu decken. Ich habe für mich noch keinen wirksamen Ansatz gefunden, mein Zeitmanagement so in den Griff zu bekommen, dass eine ausgewogene Balance zwischen den Tätigkeiten möglich ist, die mir am Herzen liegen. Irgendwas bleibt immer hinten :)

Nerven
Die Organisation von Ausstellungen kann übrigens manchmal auch ziemlich viele Nerven kosten. Das liegt an einzelnen Kollegen, denen nicht klar ist, dass sie als Künstler auch Unternehmer sind. Aber das soll hier nicht Thema sein – zur Unprofessionalität von Künstlern schreibe ich später einmal einen eigenen Artikel. Man sollte einfach nur darauf vorbereitet sein, sich in gewissen Belangen eine dicke Haut zulegen und sich nicht die Begeisterung nehmen lassen. Der Vorteil daran, selbst Kuratorin zu sein ist, dass ich mir aussuchen kann, wer bei der nächsten Gelegenheit eingeladen wird, und wer nicht ;)

Fazit
Auch wenn das Organisieren von Ausstellungen nicht nur Schokoladenseiten hat, möchte ich alle Kolleginnen und Kollegen ermutigen, es selbst zu versuchen. Nicht nur wegen der oben genannten Gesichtspunkte, sondern vor allem aus einem Grund: Gemeinschaftssinn. Sind wir doch mal ehrlich - Künstler haben doch ein eher bedauernswertes Image, mit wenigen Ausnahmen wie Film- oder Popstars. Was man für uns tut, kommt meist mit einem Beigeschmack von Almosen daher. Dabei ist Kunst und Kultur essenziell für eine funktionierende Gesellschaft. Wir können gemeinsam dazu beitragen, uns wieder mehr Gehör zu verschaffen, mehr gesehen zu werden, unser Schaffen öffentlich zu machen. Wenn wir uns zusammentun, können wir viel bewirken und der Kunst wieder zu mehr Stellenwert verhelfen. Dazu braucht es aber Engagement, deswegen mein Aufruf: Raus aus den Schneckenhäusern, liebe Künstlerinnen und Künstler, werdet aktiv!


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vielen Dank Otto, bin noch dabei mich hier einzuleben, aber bisher gefällt es mir sehr gut!