Verschiedenes aus der Anthropologie, Gutes und Böses im Menschen und mehr (Teil 1)

in #deutsch7 years ago (edited)

Intro: Eine kleiner Vorschlag der Systematisierung, der nicht nur zum Rest dieses Artikels in Zusammenhang steht
 

Psychologie gehört als Teilbereich in die Anthropologie, die Lehre vom Menschen. Philosophie ist die Liebe zur Weisheit, also das Streben nach Weisheit, wohin vermutlich mehr Wege führen als die rein akademische Philosophie, die vorrangig Wahrheit sucht und so an Sprache und semantische Systeme gebunden bleibt, was nicht alle Weisheit ist. Dabei ist Weisheit ein möglicher Zustand der menschlichen Psyche, der so auch als Gegenstand in die Psychologie gehört, wobei Philosophie aber nicht in ihrer Offenheit und Freiheit eingeschränkt werden darf, was wohl die Entwicklung von Weisheit gefährden könnte, besonders, wenn die Psychiatrie zu viel missversteht. Logik beschreibt Regeln des Denkens und von Glauben und Zweifeln, muss also als etwas verstanden werden, das innerhalb des Menschen gilt, auch wenn der Mensch sie technisch mittlerweile automatisieren kann, wobei der Mensch Gegenstand der Anthropologie ist. Für Ethik ist wahres Wissen über den Menschen aus der Anthropologie unentbehrlich und über die Umwelt des Menschen aus den Naturwissenschaften. Glaubensinhalte des Menschen und damit auch alle Religionen müssen Gegenstand der Philosophie sein.

Verschiedene Infos über uns Menschen:
 

Ich erwähnte schon einmal, dass mich das Buch „The Lucifer Principle“ von Howard Bloom an einem Punkt in meinem Leben beeindruckte und damals meine Sicht auf die Dinge änderte. Interessanterweise hat es mir auch ermöglicht später einige gesellschaftliche und politische Entwicklungen vorherzusehen, bevor sie eintraten. Bedauerlicherweise ist das Buch meines Wissens nie in deutscher Übersetzung erschienen. Ich versuche kurz zusammenzufassen, worum es geht. Anhand zahlreicher Beispiele aus der Geschichte und der Natur, die oft mit spannender literarischer Anschaulichkeit geschildert werden, aber durch Quellenangaben sehr gut und detailliert belegt sind, geht Bloom in dem Buch der Frage nach, woher das Böse im Menschen kommt. Die Ursachen sieht er in der Biologie begründet. Er bringt vor, dass Individuen in einer biologischen Hackordnung oder Rangordnung in ihrer Gesellschaft aufsteigen möchten, da das ihre Chancen Partner zur Fortpflanzung zu finden und manchmal die Verfügbarkeit anderer Ressourcen erhöht. In dem Buch kommen noch viele weitere Details dazu, aber diese Theorie ist wohl mit die wichtigste im Buch. Übrigens soll dieses Konkurrenzverhältnis sowohl zwischen jeweils männlichen Individuen, aber auch jeweils weiblichen bestehen, in der Natur anscheinend aber nicht zwischen Weibchen und Männchen. Wie aus diesen Bestrebungen allerlei Gewalt und Grausamkeit entsteht, kann Bloom deutlich machen. Letztlich kommen wir da einer Antwort der Frage näher, warum Menschen manchmal Menschen töten. Mir wurde als Zeuge von Mobbing in manchen Gruppen sehr deutlich, dass die beschriebenen Strukturen besonders in einem solchen Fall klar erkennbar sind. Ein weiterer leicht in der Gesellschaft auffindbarer Effekt, den Bloom beschreibt, ist dass Gruppen besonders in einer Krisenzeit dazu neigen, sich Feindbilder zu suchen, die von der Gruppe abgewertet oder sogar bekämpft werden, weil das das Gefühl der Gruppenmitglieder für ihre Gruppenzugehörigkeit stärkt. Man nennt das Scapegoat(Sündenbock)-Effekt. All das ist überhaupt nicht eine Nutzung menschlicher Vernunftbegabung oder von  Fähigkeiten des Großhirns, sondern kommt auch bei Tieren vor bis zu niedersten Tierarten mit noch sehr kleinen Gehirnen und Nervensystemen. Worauf Howard Bloom meiner Erinnerung nach nur sehr am Rand einging, was mir aber schnell einzuleuchten schien, war dass Menschen und Tierarten mehr dazu neigen sich so zu verhalten, wenn sie Angst vor Ressourcenmagel bekommen, wobei ich betonen möchte, dass Angst davor ausreicht. Unsere Supermärkte blieben während der Wirtschaftskrise 2008 voller Nahrungsmittel, aber die Schwankungen, die einige Geldanlagen betrafen, reichten aus, um den Ton in Gesellschaft und Politik bald aggressiver zu machen. Ich denke, es ergibt Sinn alle antisozialen Handlungen, so lautet ein Fachbegriff für Schaden, den Menschen anderen Menschen zufügen, als von Tötungsimpulsen gegen Menschen motiviert zu betrachten. Dabei gibt es gewisse Anzeichen dafür, dass sie Sublimierungen von Tötungsimpulsen gegen Tiere sein könnten, zumindest scheint entsprechende Politik zuzunehmen, wenn Formen von Vegetarismus in Mode sind. Im Fall von Ressourcenmangel scheint eine, auch tierische Population Versuche zu unternehmen, sich zu reduzieren. Obwohl wir natürlich in unserer Zivilisation viel weniger schadhafte Möglichkeiten haben, Probleme zu lösen, bleiben genügend Menschen von diesen niederen, animalischen Instinkten getrieben. Auch Bloom kannte schon vor Jahren eine Begründung, warum selbst antisoziale Handlungen wie Demütigung, Anschreien (verbal abuse, in manchen Ländern strafbar) und dergleichen tatsächlich schon Versuche sind, jemanden zu töten. Das Immunsystem wird durch derartigen Stress nachweislich geschwächt, was das Risiko erhöht, irgendwann an einer Krankheit zu sterben. Nachgewiesen ist ein direkter Einfluss auf unbemerkte noch lange sich weiter entwickelnde Entzündungsherde, die alle möglichen weiteren Folgen nach sich ziehen können im ungünstigen Fall. In der Medizin entstand erst ungefähr zur Zeit dieses Buches die relativ neue Disziplin der Psychoneuroimmunologie, die solche Zusammenhänge mittlerweile streng wissenschaftlich nachweisen und eindeutiger erklären kann als früher, als man bereits unter dem Stichwort Psychosomatik ähnliche Vorgänge vermutete. Nun habe ich seit der Lektüre von „The Lucifer Principle“ immer mehr Informationen noch aus anderen Quellen gelesen, die Blooms Darstellungen noch relativieren. Er geht nur kurz darauf ein, dass auch Empathie und Kooperation natürlich ist und am Schluss, dass es Lösungen gibt, um abzuwenden, dass Menschen nur immer Menschen schaden. Die Natürlichkeit von Empathie hat schon der Vorläufer Konrad Lorenz betont, der noch kein so umfassendes Gesamtbild entwarf wie Bloom, aber schon eine enorme Menge an Erkenntnissen gesammelt hatte. Heute betonen Psychologen und Forscher immer mehr, dass Empathie natürlich ist und nicht etwa durch Indoktrination mit einer Religion oder dergleichen erst anerzogen wird. Schon Kleinkinder sind spontan ohne Aufforderung hilfsbereit. Außerdem stolperte ich irgendwann über weitere Informationen, die stark relativierten, in wie weit beim Menschen eine hierarchische Hack- oder Rangordnung natürlich ist. Sie scheint wohl möglich zu sein und sich in allen menschlichen Hierarchien zu spiegeln, aber es gibt Grund zum Zweifel. Ich beschäftigte mich damit, wie einige archaische Stämme sich organisieren, um der Frage nachzugehen, welche Gesellschaftsstruktur für Menschen natürlich ist, und so wohl auch immer wieder im Verhalten und zum Beispiel auch politischen Forderungen ausdrücken müsste. Mir fiel auf, dass es eine Art kleinsten gemeinsamen Nenner gab, wie die sozusagen ursprünglichsten Stämme weltweit sich organisieren. In nahezu jedem Stamm gibt es zwei unterschiedliche Sonderrollen, den Häuptling und den Schamanen, und meistens scheinen alle anderen Stammesmitglieder eher alle gleiche Rechte zu genießen, was bedeutet, dass egalitäres Denken natürlich für Menschen sein könnte und vielleicht auch mit einem natürlichen Gerechtigkeitssinn zusammenhängen kann. Übrigens gibt es wohl auch überall persönlichen Besitz, auch wenn der karg sein sollte, und dazu ein entsprechendes Rechtsempfinden. Auf Schamanismus möchte ich noch zu sprechen kommen, zunächst einmal Einiges zum Häuptling. In verschiedenen Kulturen gibt es wohl auch bei Häuptlingen etwas unterschiedliche Funktionen, aber es gibt einen gemeinsamen Nenner in Stammesgesellschaften weltweit. Der Häuptling zerteilt das Fleisch, bereitet es teilweise auch zu, das die Jäger zum Stamm als Beute bringen, und er verteilt es zu gleichen Teilen unter den Stammesmitgliedern. Der Häuptling ist also ein Metzger, der so gut rechnen kann, dass er das Fleisch gleich verteilen kann, und der eine entsprechende egalitäre Idee hegt. Das ist das wirkliche natürliche menschliche „Alphatier“. Es gibt einige andere Zustände bei manchen Stämmen, die sekundäre Entwicklungen sein könnten. Möglicherweise haben sich dort, wo sich Kriegerhäuptlinge durchgesetzt haben, Verhältnisse wie Sklaverei entwickelt, frühe Formen sind Schuldsklaven, die ähnlich wie Leibeigene sind. Das sind aber nur Einzelpersonen. Es gibt keine komplett von ihrem Häuptling versklavten Stämme. Eine mögliche, für mich plausible Erklärung für teils egalitäre Strukturen und teils hierarchische Strukturen in menschlichen Gesellschaften könnte sein, dass in spezifisch menschlichen Teilen des Gehirns wie der Großhirnrinde das Verhalten angelegt ist, egalitäre Gruppen mit einem Häuptling und einem Schamanen zu bilden, und Menschen, deren Großhirnrinde schwach ausgeprägt ist, aus anderen Gehirnregionen zu evolutionär älteren Verhaltensmustern wie dem Ausbilden von Hierarchien motiviert sind.
 

Fortsetzung folgt... 

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Yeah! ★ Was für ein super Artikel! Sehr, sehr spannend und er beinhaltet tatsächlich ein Rätsel, über das ich in den letzten Jahren schon öfter nachgedacht habe. Ich warte gespannt auf Fortsetzungen und sehe mir zwischenzeitlich mal das Buch an :)
P.S. Unbedingt Text strukturieren, es lässt sich wesentlich besser lesen (konstruktive Kritik)

Das ist eine ganz Klasse Idee, lieber Anthropologe. Hau noch Absätze in deine Arbeit und die Steemians werden dich lieben und voten. Ich vote schon mal für dich…
Und mit einem passenden Bild wärst du noch besser im Blog zu sehen. Weiter so. Sehr gutes, brauchbares Thema.

Danke, studiert hab ich im Hauptfach Philosophie, aber danach nie ganz mit Privatstudien aufgehört. So kommt es zu dem Überblick. Hab auch mit Filmkritiken hier angefangen, das läuft allerdings noch besser. Davor schon zwei Texte mit philosophischen Inhalten. Hier kommt das an, habe ich gemerkt.

Das hast du Klasse gemerkt. Hier bloggt ziemlich viel Hirn und die Kuratoren sehen auch sofort, wer echt ist und was weiß. Es freuen sich bestimmt viele Leser über dein Erscheinen auf dem Steem @stefansoeffky. So, wie ich auch.