Verschiedenes aus der Anthropologie, Gutes und Böses im Menschen und mehr (Teil 2)

in #deutsch7 years ago (edited)

Link zu Teil 1


Teil 2

Auf eine Besonderheit des Schamanismus möchte ich auch noch eingehen. Auf dem Lebensweg eines Schamanen gibt es auch in allen Kulturen Gemeinsamkeiten. Normalerweise erlebt ein Schamane in jungen Jahren eine psychische Krise, es kommt dabei zu Halluzinationen. Erst nach einer Ausbildung bei einem älteren, erfahrenen Schamanen bekommt er eine Rolle, die für den Stamm hilfreich sein soll. Nach den Vorstellungen der Stammesmitglieder bringt der Schamane alle möglichen Arten der Magie zum Einsatz, mit denen es ihm auch möglich sein soll, Krankheiten zu heilen und mehr. Nun ist auffallend und wird wohl von immer mehr Menschen, ob mit oder ohne wissenschaftliche Qualifikation, bemerkt, dass die psychische Krise und auch psychische Zustände, die der Schamane später kontrolliert in Ritualen erlebt, ausgesprochen viel Ähnlichkeit mit Zuständen hat, die in der westlichen und westlich geprägten Zivilisation als Psychose und damit nur als eine Störung, Erkrankung und etwas gesehen wird, dessen Symptome in der Therapie beseitigt werden müssen. Es ist auch wahr, dass den Patienten gute, nebenwirkungsarme Medikamente das Leben in der heutigen Gesellschaft und vor allem Berufswelt erleichtern kann. Aber leider funktioniert nicht einmal das immer problemlos, und die Psychiatrie weiß sich wohl nur wenig mehr Rat dazu. 

Da Schamanen in allen archaischen Kulturen vorkommen, wäre das wohl auch in der westlichen natürlich. Es scheint mir offensichtlich, dass die Veranlagung zu Psychosen, und man geht von einer genetischen Veranlagung aus, wobei Traumata im Teenageralter ebenfalls nach einigen Studien eine Rolle spielen könnten, schlicht und ergreifend die natürliche Veranlagung ist, Schamane zu werden. Natürlich kann eine Psychose dennoch erhebliche Probleme mit sich bringen, und die anfängliche Krise bei Schamanen wird auch nicht umsonst als Krise bezeichnet. Aber eine Möglichkeit diese Veranlagung wie Schamanen irgendwie zu kultivieren und irgendwie, falls auch nur scheinbar sinnvoll zu nutzen, dadurch aber einen gewissen Sinn im Leben mit dieser Veranlagung zu finden, liefert die Psychiatrie so nicht. Entsprechende Angebote aus Religionen oder eher Esoterik sind zum Teil zweifelhaft, aber vielleicht nützlich, wenn man in der Lage ist, da wirklich die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Krankheitsgeschichte der Künstlerin Dorothea Buck ist da ganz interessant, die irgendwann eine Selbstheilung von Psychosen erreichte. Berichte über Heilungen gibt es am ehesten aus den Richtungen der Jungschen Tiefenpsychologie und der recht interessanten, aber manchmal schwer verständlichen darauf auch aufbauenden Schule von Arnold Mindell, womit ich selbst auch gute Persönliche Erfahrungen verzeichnen konnte. Hier ist sicher Vorsicht geboten, aber es es gibt Hoffnungsschimmer. 

Die Zustände in Psychiatrien sind nicht mehr so inhuman wie einst und auch die Stigmatisierung der Patienten oft nicht mehr so groß. Wir wissen aber, dass hier die Ausgrenzung der Patienten tief in der westlichen Geschichte verwurzelt ist, aber nicht bis in alle Jahrhunderte und Jahrtausende zurück. Und das, wo Schamanen in natürlichen Gesellschaften eine sehr angesehene Position hatten. Übrigens gibt es ein paar schwache Hinweise darauf, dass Psychosen mit Vorahnungen zu tun haben, was man nicht als übernatürlich ansehen muss, weil das Gehirn in der Lage sein könnte unbewusst Wahrscheinlichkeiten zutreffend hochzurechnen. Die Psychosen würden symbolisch, wie Träume, die Vorahnungen andeuten, dürften also nicht wörtlich geglaubt, sondern müssten am besten vom Patienten selbst interpretiert werden. 

Nun war ich hier auf genetische Veranlagungen eingegangen und möchte noch mehr auf dieses Thema zu sprechen kommen. Wenn man sich die bekannten Persönlichkeitsstörungen ansieht, wird hier oft eine genetische Veranlagung, teils in Kombination mit Prägungen angenommen. Etwas zweifelhaft an manchen dieser Diagnosen finde ich, wenn man einmal überlegt, was die jeweilige Persönlichkeit wohl stören soll, kommt man meistens nur darauf, dass das der wirtschaftliche Nutzen des Menschen als Arbeitskraft sein soll. Vielleicht sind da überall etwas bessere Lösungen denkbar. Wir waren anfangs bei dem Thema, wie es entsteht, dass manche Menschen anderen Menschen schaden, nun kann man wohl erkennen, auch wenn man das bedauerlich findet, dass manche Persönlichkeitsstörungen stärker zu Schaden an Mitmenschen neigen als andere. Oft kommt das eher aus gewissen Unfähigkeiten als wirklich ehrlich empfundener Boshaftigkeit. Die meisten Menschen halten sich ja sowieso für normal, wie sie sind, wenn sie keine psychiatrische Diagnose abbekommen. 

Ein klassischer Schocker aus der Presse sind die Berichte über Leute, die durch einen  psychotischen Wahn Verbrecher werden. Nun sind diese Leute oft zutiefst verwirrt und selbst verängstigt von ihren Wahrnehmungen und nicht wirklich böse. Aber ganz deutlich erforscht ist heute, dass diese Patientengruppe insgesamt statistisch betrachtet nicht häufiger Verbrechen begeht als die Normalbevölkerung. Psychosen sind nicht per se gefährlich. 

ADHS halte ich für eher harmlos, was das angeht, aber den Betroffenen unterlaufen wohl aus einer gewissen Unachtsamkeit schon mal so diverse soziale Fehler, weil sie gerade einfach nicht aufmerksam für die Bedürfnisse anderer sind, sind dazu aber eigentlich in vollem Umfang in der Lage. Ihre Empathie funktioniert auf jeden Fall. 

Ein Jammer ist es auch mit den von Borderline Betroffenen, die teils sich selbst schaden, aber auch gern schon mal austeilen, dabei haben sie meist durchaus gute Seiten und ein großes Gefühlsspektrum, das aber in diesem Fall so einige Verwirrungen und Komplikationen mit sich bringt, die dann auch schon mal den Partnern und nahestehenden Personen sehr weh tun. 

Na ja, die Weltmeister unter den Schadensanrichtern, also sogar völlig nutzlos, sind wohl die Patienten mit dissozialer oder antisozialer Persönlichkeitsstörung. Menschen schaden zu wollen, ist ständige Motivation für sie. Sie haben keine Empathie, wovon es verschiedene Aspekte gibt. Kognitive Empathie ergibt sich aus ethischen Werten und kann natürlich theoretisch ein Stück weit vermittelt und verstanden werden. Ein anderer Aspekt der Empathie ist die Fähigkeit Gefühle, die Mitmenschen ausdrücken, wahrzunehmen und zuordnen zu können. Diese Fähigkeit fehlt Antisozialen völlig, und sie können im Gesicht ihres Gegenübers überhaupt nicht die Abläufe wahrnehmen, die alle normalen Menschen dort sehen können. Und die meisten Antisozialen wissen das gar nicht, sondern haben sich, spätestens ab einem gewissen Alter, eine frei erfundene Erzählung über ihre ach so große Überlegenheit eingeredet, klar, wenn jemand als Korrektur dessen die Stirn runzelt oder wütend guckt, sehen die Antisozialen ja nichts davon oder nicht mal, wenn jemand kurz davor ist ihnen eine runterzuhauen, dann machen sie mit ihrem Piesacken immer noch weiter und wissen nicht, dass sie in Gefahr sind. Damit kommen sie oft durch, weil das Christentum den Menschen dummerweise Gegenwehr abgewöhnt hat. Letztlich hilft die übrigens, kann ich bestätigen. Den Antisozialen stört also nur wenig beim Glauben an die eigene frei erfundene Grandezza. Beide Formen der Empathie sind übrigens mit psychologischen Methoden erlernbar und trainierbar. 

Da die Psychiatrien sowieso andauernd mit Behörden zusammenarbeiten, könnten sie der Gesellschaft hier wirklich einen erheblichen Gefallen tun, da die Antisozialen durch die Traumatisierungen, die sie mal mehr und mal weniger raffiniert auf ihrer Verwüstungstour durchs Leben bei anderen Menschen verursachen, die dann wieder Erkrankungen nach sich ziehen, wie sagt man immer so schön, Kosten verursachen. Mehr Behandlungen Antisozialer gegen ihren Willen würden erheblich viele Probleme lösen. 

Fortsetzung folgt...