Trump, Europa und die Reindustrialisierung: Wer bezahlt die Rechnung für Amerikas Wiedergeburt?

in #economy2 months ago

image.png
source

Donald Trump verändert die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa radikal. Im Mittelpunkt seiner wirtschaftspolitischen Agenda steht ein klares Ziel: die Reindustrialisierung Amerikas und die Beendigung der jahrzehntelangen Verlagerung der Produktion ins Ausland und der Abhängigkeit von Importen. Aber zu welchem ​​Preis und vor allem: auf wessen Kosten?

In der sich entwickelnden Debatte verteidigen einige Beobachter und Kommentatoren aus dem atlantischen Raum die Entscheidungen des amerikanischen Präsidenten in zwei zentralen Punkten.

Erstens: Die Einführung von Zöllen gegen die Europäische Union wäre durch das Handelsdefizit gerechtfertigt, das zu Lasten der USA gehen würde.

Zweitens: Trump hätte nicht die Absicht, den Alten Kontinent für die Kosten der industriellen Wiedergeburt Amerikas zahlen zu lassen. Diese wäre vielmehr das Ergebnis einer tugendhaften Innenpolitik.

Zwei Aussagen, die eine eingehende Analyse verdienen, da das tatsächliche Bild ganz anders aussieht als das, was gewisse proamerikanische Rhetoriken suggerieren.

Es stimmt, dass zwischen den Vereinigten Staaten und Europa ein Handelsdefizit besteht. Doch die Schuld hierfür den europäischen Partnern zuzuschieben, bedeutet, die jüngste Geschichte der amerikanischen Wirtschaft bewusst zu ignorieren. Im Zuge der Globalisierung – einem Prozess, der von den USA stark vorangetrieben wurde – wurde der amerikanische Produktionsapparat zugunsten von Verlagerungen nach Mexiko und Asien abgebaut.

Dies geschah nicht aufgrund äußerer Zwänge, sondern aufgrund einer bewussten Entscheidung der amerikanischen Wirtschafts- und Politikelite, die es für bequemer hielt, Billigwaren zu importieren und sich ganz auf Finanzen, Dienstleistungen und Technologie zu konzentrieren.

Es war die Stärke des Dollars, zusammen mit einer ständig steigenden Staatsverschuldung, die dieses Modell jahrelang stützte und den Vereinigten Staaten eine Kaufkraft garantierte, die über ihrer tatsächlichen Kaufkraft lag.

Jetzt, wo die Lage ernst ist – die Schulden geraten außer Kontrolle, das Produktionssystem ist brüchig und die Ungleichheit im Inland nimmt zu –, versucht die Trump-Regierung, den Kurs umzukehren. Eine Entscheidung, die an sich legitim sein kann. Doch der Vorwurf, Europa würde die Situation „ausnutzen“, ist intellektuell unredlich und historisch unbegründet.

Und nicht nur das: Europa hat jahrelang großen amerikanischen Digitalmultis erlaubt, auf seinem Territorium zu operieren, indem es minimale Steuersätze zahlte und so Kapital und sensible Daten abzog. Wenn es ein „Geschenk“ gab, dann kam es von Europa an die Vereinigten Staaten und nicht umgekehrt.

Subtiler – aber nicht weniger unbegründet – ist die zweite Verteidigungslinie von Trumps Politik: die Vorstellung, die USA wollten die Kosten ihrer eigenen Reindustrialisierung nicht auf Europa abwälzen. Die Fakten sprechen eine andere Sprache.

Die amerikanische Regierung ergreift gezielte Maßnahmen, um europäische Unternehmen auf ihr Territorium zu locken, und setzt dabei auf den enormen Wettbewerbsvorteil, der sich aus der deutlich günstigeren Energie ergibt.

Dieser Vorteil wurde durch die von Washington stark gewünschte und von Brüssel widerstandslos hingenommene Entscheidung, die Energiebeziehungen zu Russland zu unterbrechen, noch deutlicher. Die (auch physische) Zerstörung der wichtigsten Gaspipelines hat die Energieabhängigkeit Europas in einen strukturellen Zustand verwandelt, dessen Kosten viele Industriezweige in den Ruin treiben.

In diesem Zusammenhang verlangt Trump nun, dass Europa Flüssigerdgas im Wert von mindestens 350 Milliarden Dollar aus den USA kauft, um das im Laufe der Jahre entstandene Handelsungleichgewicht auszugleichen. Die Botschaft ist klar: „Wollen Sie neue Zölle vermeiden? Zahlen Sie für unsere Energie.“ Ein Ansatz, der eher einer kolonialen Auferlegung als einer Verhandlung zwischen Partnern ähnelt.

Am alarmierendsten ist nicht so sehr die Aggressivität der amerikanischen Strategie, sondern die Fragilität – oder Komplizenschaft – der europäischen Reaktion. Anstatt eine eigenständige Industriepolitik zu entwickeln oder neue Energie- und Technologieallianzen aufzubauen, scheint die Europäische Union die Auflagen Washingtons passiv hinzunehmen.

Gleichzeitig wandern europäische Unternehmen über den Atlantik ab, die Bürger zahlen höhere Rechnungen und die Wachstumsaussichten des Kontinents schwinden. Wer heute behauptet, Trump wolle Europa nicht für seinen industriellen Wiederaufstieg bezahlen lassen, ist bestenfalls naiv. im schlimmsten Fall in böser Absicht.

In beiden Fällen handelt es sich um eine Position, die mit einer ernsthaften Führungsrolle unvereinbar ist.

Sort:  


The rewards earned on this comment will go directly to the people( @davideownzall ) sharing the post on Reddit as long as they are registered with @poshtoken. Sign up at https://hiveposh.com. Otherwise, rewards go to the author of the blog post.