Gab es da nicht jemanden, der noch etwas zu erzählen hatte?

in Deutsch D-A-CH3 months ago

Wenn Buchstaben für die kleinen Wunder verantwortlich sind.

Wie viele Bücher hast du im vergangenen Jahr gelesen?
In wie vielen Bücherseiten bist du mit Geist und Seele tief versunken?
Von welchen, vom Autor angelegten Fesseln, kannst du dich bis zum heutigen Tag nicht befreien?
Wie verfallen bist du deiner Gier nach dem unvergesslichen literarischen Erlebnis?

Kostproben aus meinem Bücherschrank

Nicht ganz ohne Grund habe ich mich für den dieswöchigen Gemischtwarenladen dazu entschieden, ein Regal für das geschriebene Wort, auf Papierseiten konserviert und durch zwei Buchdeckel geschützt, freizuhalten.

Denn es scheint doch unbestreitbar, mit der Behauptung recht nahe an dem alltäglichen Wahnsinn angelangt zu sein, uns als nahezu unschlagbare Experten für den perfiden Nachbarschaftsstreit ausgemacht zu haben. Kein Grund zu banal, keine Waffe zu stumpf und jede sich bietende Gelegenheit willkommen, dem (aus welchem Grund auch immer) von heute auf morgen plötzlich Ungeliebten das Leben möglichst schwer zu machen.

Daher erscheint es mir naheliegend, mich den Menschen wieder zuzuwenden, die sich eines Tages an einen stillen Ort zurückzogen, um das zu Papier zu bringen, was in kein Nachrichtenformat oder in die engen Spalten der Tagespresse passt. Menschen, die etwas zu erzählen haben und dem interessierten Leser einen Einblick in das Leben gewähren, welches nicht vom Blitzlicht oder grellem Scheinwerferlicht verfälscht wird.

Mit der nahezu unglaublich zerstörerischen Eskalation im Nahen Osten Tag für Tag konfrontiert, erinnere ich mich an einen Roman, einsortiert in meinem Bücherschrank, der mir vom Leben auf einem Flecken jener Welt erzählt, auf der Frieden längst zum Fremdwort des Jahrhunderts auserkoren wurde.

Zuerst stelle ich den Autor vor:

Raja Shehadeh (geboren 1951 in Ramallah)

Dem Geburtsort von Herrn Shehadeh möchte keine spezifische Ländererkennung beifügen, da diese sich morgen bereits als Schnee von gestern erweisen könnte.

Raja Shehadeh wuchs in einer christlich-arabischen Familie auf, in der seit Generationen die Literatur und die Juristerei eine nicht unbedeutende Rolle spielten. Der Großvater väterlicherseits, Bulus Shehadeh, war nicht nur ein geschätzter Lyriker, sondern auch Herausgeber der Zeitung »Mirat es-Shark« (Spiegel des Ostens), während der Vater seiner Mutter, Wedad, als Richter in Jaffa tätig war.

Anstatt den literarischen Weg des Vaters zu beschreiten, entschied sich Rajas Vater für den juristischen Werdegang und arbeitete fortan als Rechtsanwalt, ebenfalls in Jaffa, wo auch dann die ganze Familie wohnte. Nachdem israelische Truppen 1948 das Westjordanland (damals zugehörig zu Jordanien) besetzten, flohen die Familie Shehadeh nach Beirut.

Raja Shehadeh wurde dabei von der Familie getrennt und blieb seine gesamte Schulzeit über in Ramallah. Nach Beirut zog es ihn erst wieder, als er sein Literaturstudium an der dort ansässigen „Amerikanischen Universität“ begann. Nach dem Abschluss folgte noch das Studium der Rechtswissenschaften in London. Erst 1978 kehrte er nach Ramallah zurück, wo sein Vater inzwischen eine Kanzlei betrieb. Vater und Sohn machten fortan beruflich gemeinsame Sache.

1979 gründete Raja Shehadeh die Menschenrechtsorganisation »Al-Hag« und kümmerte sich beruflich vermehrt bei Klagen gegen den israelischen Siedlungsbau. 1989 heiratete er die Autorin Penny Johnson.
Die literarischen Werke dieses besonderen Menschen sind in jeder gut bestückten Buchhandlung oder hier zu finden.

Das Buch:

Fremd in Ramallah

Mancher könnte sich nun dazu geneigt fühlen, den Vorwurf zu erheben, mit der Zusammenfassung, worum es in dem Roman überhaupt geht, die Würze dem Gericht zu entziehen. Für all jene kann mit bestem Gewissen Entwarnung signalisiert werden.
Es ist nämlich nicht vordergründig der grob gefasste Handlungsstrang, der dem autobiografisch geprägten Roman die Spannung verleiht, sondern, die zwar so manches Mal von Wut und Verzweiflung geprägte, aber dennoch ruhige, besonnene Art der Erzählung (Schilderung), die dem Leser das Gefühl verleiht, hautnah vor Ort zu sein. Endlich zu verstehen, was es ausmacht, unter bestimmten Voraussetzungen in der Region in und um Ramallah zu leben.

Raja Shehadeh erzählt exakt davon, wovon viele Kinder berichten könnten, bei denen das Gefühl nicht weichen möchte, stets hinter dem zurückstehen zu müssen, was die ältere Generation (in diesem Fall der Vater) für drängender/wichtiger einschätzt. So hat sich der angesehene Rechtsanwalt Aziz Shehadeh, nach der Installation des Staates Israel, sich als Aufgabe gesetzt, die arabische Welt von einer Anerkennung des jungen Staates zu überzeugen, da er fest davon überzeugt scheint, nur so die Grundlage für den Staat Palästina herstellen zu können.

Der Sohn, der zwar die Argumentation des Vaters grundsätzlich nachvollziehen kann, steht trotzdem dessen wilder Besessenheit und sturem Willen kritisch gegenüber, weil der Vater die Wünsche und Belange des Sohnes nicht wirklich zu interessieren scheinen. Aziz Shehadeh ereilt tragischerweise das gleiche Schicksal, welches bereits zig andere Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit hat verstummen lassen. Er wird von seinen eigenen palästinensischen “Nachbarn “ auf offener Straße ermordet.

Dies scheint der entscheidende Grund, weshalb der Sohn sich anschließend an den Schreibtisch setzt und die Geschichte seiner Familie und des palästinensischen Volkes niederzuschreiben.
Insbesondere möchte ich hervorheben, wie einerseits nahezu sachlich und dann doch literarisch fesselnd hier diese Geschichte erzählt wird. Vielleicht auch nur logisch, wenn sich der Jurist und der Literat in ein und derselben Person wiederfinden.

Der Abschluss lässt Raum für eine Prosa aus eigener Produktion. Zu Papier gebrachte Gedanken, auf welch dünnem Seil wir Tag für Tag tanzen, ohne uns dessen bewusst zu sein, mit unserem Tun auch Menschen tief und nachhaltig verletzen zu können.

Streiten in der Partnerschaft: Immer dasselbe! - Gesellschaft - SZ.de

….all die Tage

Ein weiterer Dienstag zieht durch durchs Land
und hinterlässt – wie fast immer – seine Spuren.
Dieses Mal – man wird es sehen – vielleicht nur ganz minimale.
Ein tiefer Schlaf, bis wir dem Mittwoch in die Augen schauen.
Und vielleicht ist alles wie magisch weggesogen.

Dass es auch anders kommen kann,
hat der letzte Freitag eindrucksvoll bewiesen.
Die schlechte Stimmung, mit der er durch unser Leben zog,
hat bei uns unübersehbar tiefe Narben hinterlassen.
Wir versuchen zwar verzweifelt mit Gesprächscreme
und behutsam, zärtlich gestampftem Puder
die Spuren gänzlich zu beseitigen.
Doch wie das mit Narben mal so ist -

Etwas Sichtbares wird für immer bleiben.

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Ich habe zwei Bücher im diesen Jahr gelesen ... im vergangen Jahr habe ich ein Buch geschrieben. Das war so schwer, dass ich mein andere Lesen vergessen habe!

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Das Buch ist auf meiner Liste gelandet.
Danke dafür
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Edit: Wie immer den falschen Acc aktiv 😅

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