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RE: Bye-bye Deutschland!

in Deutsch D-A-CH11 months ago

Da ich es seit dem Schulabschluss nicht anders kenne, als alle paar Jahre einen Länder übergreifenden Tapetenwechsel zu vollführen, blieb meist nie die Zeit für den Aufbau von »sonderbaren« Gefühlen gegenüber dem jeweiligen Land. Ohnehin (vollkommen egal, wie sexy der Staat sich auch geben mag) haben Liebesbekundungen auf dieser Ebene nichts verloren. Bemerkt habe ich lediglich, bei all den verschiedenen Aufenthaltsorten, immer ein Plätzchen ausgemacht zu haben, an das ich mich entweder gerne erinnert oder immer wieder mal aufgesucht habe. Was selbstverständlich nichts mit Liebe zu tun hat. Die ist für die wunderbare Dame reserviert, die mich mit all meinen Macken durch den Alltag begleitet. 16 Mal, ohne das Überreichen eines Protestschreibens, die Umzugskisten zu packen, dazu ist auch nicht jedermann bereit.
Was begleitet mich bis heute von dem Land, in dem ich zufälligerweise geboren wurde? Obwohl man sich als Saarländer immer wieder fragen muss, ob das mit dem deutschen Pass so wirklich stimmig ist?
Außer an den Erinnerungen und ein paar wenige Freunde aus der Jugendzeit, klammere ich mich ausschließlich an die Sprache. Nicht nur, weil sie mir ein Einkommen verschafft, sondern für mich in allen Lebenslagen immer exakt das passende Wort bereithält. In meiner Schublade für erlernte Sprachen finden sich auch eine nicht geringe Anzahl von Schimpfwörtern, die zum Einsatz kommen, wenn mir mal wieder die Hutschnur platzt. Hantiere ich jedoch mit der deutschen Sprache, verzichte ich meist auf diese oft wenig schmeichelhaften Ausdrücke. Hier kann ich auf das feine Besteck zurückgreifen, mit dem ich den Übeltäter fein säuberlich zerlegen kann.
Ob es notwendig erscheint, dass der Schornsteinfeger einmal im Jahr seinen Rüssel in den Kamin steckt, sei dahingestellt. Sicher scheint mir jedenfalls, dass viele Kaminbrände (hier sei als Beispiel der Balkan herangezogen) zu vermeiden wären, wenn ab und an der Experte nach dem Rechten schauen würde.
Der überwachte Zahlungsverkehr ist nun wirklich kein spezifisch deutsches Phänomen. Die Kleinkariertheit, mit der an die Sache herangegangen wird, dagegen schon.
Mich zog es auch nie in ein anderes Land wegen dort vorherrschender Steuergesetze oder Regeln bei der Altersvorsorge. Es war stets die neue Herausforderung. Außerdem kann ein Land mit all seinen Vorzügen dir attraktiv erscheinen, wenn sich übermorgen ein paar Wirrköpfe in den Kopf setzen, den Nachbarn mit Waffengewalt zu malträtieren, bröckelt der schöne Schein schnell dahin. Alles bereits erlebt und fassungslos daneben gestanden.
Das Thema Homeschooling hatte ich ja bereits mit @kobold-djawa angeschnitten. Da ich meine Schulzeit (inklusive des langen Fußmarsches und der Bahnfahrt) genossen habe, fällt es mir schwer hier eindeutig Stellung zu beziehen. Der eine Fall, bei dem ich Homeschooling live und in Farbe miterleben durfte (musste), trieb allerdings meine Nackenhaare in die Höhe.
Die Form der (Aus)Bildung wird wohl auch nicht der Hauptgrund für den Tapetenwechsel sein?

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Bezüglich der Sprache stimme ich dir absolut zu!

Der überwachte Zahlungsverkehr ist nun wirklich kein spezifisch deutsches Phänomen.

Nein, wie ich selbst schrieb, ist in meinen Augen das mittlerweile weltweit um sich greifende, ungezügelte staatliche Überwachungsbedürfnis ein globaler, höchst infektiöser Virus, dem sich kaum noch jemand entziehen kann.

Allerdings gibt es zwischen den verschiedenen Ländern immer noch sehr deutliche Unterschiede.

Mich zog es auch nie in ein anderes Land wegen dort vorherrschender Steuergesetze ...

Da das hiesige Steuersystem sich unter ungünstigen Umständen existenzbedrohend auf uns auswirken kann, weil wir fast ausschließlich von Krypto-Einkünften leben, bleibt uns gar nichts anderes übrig, als die in den jeweiligen, als Wohnort in Betracht kommenden Ländern herrschenden Steuergesetze als eines der Hauptkriterien für unsere Standortwahl zu berücksichtigen.

Das Thema Homeschooling hatte ich ja bereits mit @kobold-djawa angeschnitten.

Mit mir auch. :)

Die Form der (Aus)Bildung wird wohl auch nicht der Hauptgrund für den Tapetenwechsel sein?

Der Hauptgrund nicht, aber ein wichtiger schon. Es stört mich sehr, dass man hier zwar einerseits gezwungen wird, sein Kind täglich in der Schule abzugeben, dort dann aber noch nicht einmal auf seine individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten eingegangen wird.