Mit 5 PS von Breslau nach Berlin - Tag 6

Zuerst einmal wäre noch einiges aus der Nacht nachzutragen, die ich auf einer Insel am km 540 verbrachte.

Das Anlanden hatte ja prima und auf den ersten Anhieb geklappt

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Angelandet

und die Stelle war mehr als optimal. Eine kleine Insel in einer Buhne am rechten Ufer, dazu dahinter ein kleiner See. Hier die Durchfahrt:

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Hier gehts zum See

Also hatte ich erst einmal geangelt. Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten.

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Schleie

Neben etlichen guten Schleien und dem üblichen Wasserunkraut gab es Karpfen. Alle Fische leben noch, ich habe sie wieder zurückgesetzt. Zu Abend gegessen hatte ich und in Ermangelung von Kühlung wären sie nicht nach Niederlehme zu bringen gewesen.

Langsam wurde es dunkel. Zeit zur Nachtruhe.

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Abendstimmung

Zuvor jedoch gab es tierischen Besuch. Biber oder Bisamratte?

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Schwimmtier

Egal, es wurde Zeit, zu Schlafsack zu gehen. Das schon beschriebene Verfahren mit der Plane sieht in der Praxis so aus:

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Nachtruhe

Es war ein schöner letzter Abend auf polnischem Hoheitsgebiet, der allein für die Mühen entschädigt hätte. Noch ein kurzer Blick in den Nachthimmel und danach gings zu Schlafsack.

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Nacht

In der Nacht plantschte ein sehr großes Tier vor dem Boot. Wels? Karpfen? Gesehen habe ich nichts. Sonst war es absolut ruhig. Diese Insel hat mich ganz bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen.

Am Morgen von Tag 6 gabs dann erst einmal wieder Nebel bei Temperaturen um 7 °C. Irgend jemand tuckerte auf dem Fluss mit einem Außenborder herum. Zu sehen war absolut nichts.

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Nebel

Also gabs nach dem Einräumen erst mal drei Kaffee, bis sich der Nebel verzogen hatte. Jedenfalls auf ein erträgliches Maß. Um 09:25 Uhr ging es endlich los. Von den nachfolgenden 2 km und darüber hinaus gibt es nur wenige Bilder, denn die Feuchtigkeit hatte der Kamera doch erheblich zugesetzt. Objektiv, Spiegel und Sensor beschlagen, da hilft nur Abwarten und Abtrocknen lassen. Digitale Spiegelreflexkameras sind eben nicht für den Wassersport outdoor gebaut.

Trotzdem gibt es einige Bilder von der Annäherung an Deutschland.

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Ratzdorf in Sicht

Langsam kommt Ratzdorf näher und mit ihm nicht nur die erste Tonne der Tour, sondern auch die Mündung der Neiße. Die kann übrigens mit Motorfahrzeugen nur mit Sondergenehmigung befahren werden.

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Neißemündung

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Pegel Ratzdorf

Deutschland hat mich wieder. Naja, jedenfalls zur Hälfte.

Und damit ich gleich weiß, wo ich bin: Die Slipstelle am Pegelhäuschen sieht brauchbar aus, ist aber landseitig nicht zu erreichen. Eine Schranke sperrt sowohl die Zufahrt zur Slipstelle als auch zur Steganlage des Wasserwanderparkplatzes linksseitig ca. 300 m nach dem Pegelhäuschen. Macht ja auch Sinn…

Und dann gab es noch ein Novum. Erstmals kam mir auf der ganzen Tour ein in Fahrt befindliches Schiff entgegen.

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Gruß vom Behördenboot

Um den km 548 ist am polnischen Ufer ein Rastplatz ausgewiesen. Beim Befahren der Grenz-Oder sollte man beachten, das trotz Schengen immer noch die alten Regeln gelten (nur Tags, nur am eigenen Ufer an festgelegten Plätzen anlegen, Nationale etc.) In wie weit das auch tatsächlich kontrolliert wird, kann ich nicht sagen.

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Oderbrücke

Diese Brückenreste deuten an, das mein Oderabenteuer bald zu Ende sein wird und es von nun ab auf deutscher Seite über Kanäle in Richtung Berlin geht. Ein bisschen traurig bin ich schon, denn die Spree-Oder-Wasserstraße (SOW) wurde im Vorfeld als nicht so interessant zu befahren beschrieben.

Kurze Zeit später taucht die Ausfahrt auf.

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In die SOW

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Fürstenberg grüßt

Deutschland, speziell Fürstenberg empfängt mich mit Sonnenschein. Rechts der Stadtanleger.

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Stadtanleger Fürstenberg

Hier kann man nicht nur liegen, es gibt auch eine Slipstelle. Der Platz scheint gut geeignet, wenn man von der Oder kommend rasten möchte, Proviant beschaffen möchte oder es auf der Oder in Richtung Norden gehen soll und man einslippen möchte.

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Schwimm-Trabant

Da liegt auch der Schwimm-Trabi. Doch viel Zeit hatte ich nicht, ich wollte ja schleusen. Vorher gab es noch böse Blicke.

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Böse Blicke…

und eine seemännische Aufgabe:

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Peilschiff

Das Peilschiff "Waschbär" zog mit gelben Blinklicht seine Runden in der Schleusenansteuerung, ohne erkennbares Schema. Links vorbei? Warten? Ich hab mich für langsam weit links außen entschieden und das war richtig. Vor der Schleuse festgemacht, einen speziellen Sportbootanleger gibt es nicht. Hat nicht gestört, denn ich war allein.

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Schachtschleuse Eisenhüttenstadt

Das Problem dabei: Man verlässt sich auf Funk, den ich auf dem Schlauchboot natürlich nicht dabei hatte. In weiser Voraussicht hatte ich mir schon im Vorfeld die Telefonnummern der Schleusen auf der Tour von der ELWIS-Seite ausgedruckt. Beim dritten Versuch klappte es. Ich solle warten, es dauert. Das war 11: 23 Uhr. Logisch dauert es, denn bei einem Schleusungsvorgang mit 14 Meter Hubhöhe werden Unmengen Wasser verbraucht. Logischerweise nicht für ein einzelnes Schlauchboot. Also hieß es warten. Ringelnattern schwammen vorbei, Fische sprangen... Aber irgendwann ging es los.

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Es geht los

Auf Grund der Wassermengen kommt Bewegung vors Unterhaupt. Auch beim Warten sollte das Boot richtig festgemacht sein. Die "Waschbär" fuhr vor, die Lichter gingen auf grün und drinnen war auch noch ein Platz an einem Schwimmpoller frei.

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In der Schleuse

Um 13:25 Uhr war die Schleusung beendet und Eisenhüttenstadt hatte mich wieder.

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Blick zurück

Vor dem Oberhaupt finden sich zahlreiche Anlegemöglichkeiten für Sportboote. Es gibt Parkanlagen und ist auch sonst recht ansehnlich.

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Eisenhüttenstadt

Wasser-Infrastruktur ist natürlich vorhanden und den gängigen Führern zum Gebiet zu entnehmen. Die Einfahrt zum Milenzhafen:

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Milenzhafen

Danach geht es erst einmal scheinbar endlos durch Industriegebiete.

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Industrie

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Rohstoffe

Irgendwann ist auch einmal das ödeste Industriegebiet zu Ende und die Natur hat mich wieder.

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Natur

Die SOW war keineswegs nur öde, wie oft beschrieben. Nette Häuser am Rand, kleine Wasserwanderplätze.

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Am Kanal

Auch wenn es auf den Fotos nicht so aussieht, langsam wurde es dunkler. Und es gab durchaus auch negative Momente:

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Dreck im Kanal

Im Kanal schwamm jede Menge Gras, kleinere Zweige und losgerissene Grasbatzen erheblicher Größe. Aller 5 km mußte spätestens die Schraube vom Gewächs befreit werden. Das ist nur ärgerlich. Allerdings bin ich auch auf zwei unter der Wasseroberfläche treibende Stämme mit ca. 2 m Länge und ca. 15 cm Durchmesser aufgefahren. Einer dieser Stämme kam zwischen Motor und Spiegel hoch. Das möchte ich nicht öfter erleben und finde es schon sehr befremdlich. Solche Begegnungen der dritten Art brauche ich wirklich nicht öfter. Das kann ganz schnell auch mal ans Eingemachte gehen.

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lange Abschnitte

Einige lange Abschnitte nerven dann doch. Weniger solche, die etwas kurvig sind wie oben, sondern die schnurgeraden.

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Gegenverkehr

Da ist Gegenverkehr schon eine Abwechslung. Aber heute geht es darum, Kanal-km zu machen, denn ich muss die Schleuse Kersdorf noch passieren. Sonst kommt der Zeitplan durcheinander. Um 17:45 Uhr kommt die Baustellenankündigung der Schleuse Kersdorf in Sicht, kurz darauf die Baustelle selbst.

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Baustelle Kersdorfer Schleuse

Nun aber schnell. Links angelegt und mit der Schleuse telefoniert. Oder besser: Es versucht. 20 Minuten und 5 Versuche später kam der Kontakt dann doch noch zustande. 18:15 Uhr konnte geschleust werden.

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Schleusung Kersdorf

Und unten...

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Schleusung Kersdorf - unten

Das wäre erst mal geschafft. Nun gilt es "nur" noch, einen Übernachtungsplatz zu finden. Bis zur Schleuse Fürstenwalde wird es heute sowieso nichts mehr. Kersdorf liegt am km 89,7, Fürstenwalde am km 74,7 der SOW. Das ist in einer Stunde nicht mehr zu machen und dunkel wird es auch bald. Also weiter...

Es kam was kommen musste, die Sonne geht mir langsam aus.

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Sonne weg…

Es wird dunkel und still am Kanal. Und langsam wird tatsächlich auch das Licht ausgehen. Nach der Autobahnbrücke der A12 wartet rechtsseitig am km 81 ein Seitenarm, der zum "Strandidyll" verweist.

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Zum Strandidyll im letzten Tageslicht

Der erste Steg war meiner. Gut, Steg ist nun bisschen übertrieben…

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Mein Steg

Egal, schnell festgemacht. Da werde ich heute also mal im Boot schlafen müssen. Das bedingt, die Kisten so umzustapeln, das eine Schlaffläche entsteht. Das Anlegebier wurde zum Abendessen und es ging gegen 21:00 Uhr zu Schlafsack. Nicht ohne vorher noch dem Wetterbericht zu lauschen. Und der versprach schon mal Schauer und einzelne Gewitter. Hoffentlich schaffe ich es ohne großes Baden nach Niederlehme...

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Was für eine geile Tour!!
Ich habe sowas mit Freunden mit Paddelbooten gemacht, allerdings immer nur innerhalb der DDR und immer nur, bis mehr als die Hälfte von uns gesunken ist, was bei jeder Tour so war.

Danke für deinen ausführlichen und guten Bericht!!
Ich schaue mal nach den anderen Teilen.
Wie hast du das denn mit dem Telefonieren gemacht, konkret mit Akku-Strom fürs Handy?

Damals Ladegerät, Konverter und kleinen 12 V- Akku. Das war früher die vernünftige Methode. Heute nehme ich Lithium- Akkus und ein kleines, flexibles Solarmodul.