👹 Ist Doom 3 heute ein völlig neues Spiel? Ja, Voll Besessen! 🤪

in #vr4 years ago (edited)

Doom 3 erschien im August 2004, d. h. vor fast 16 Jahren. Damit zählt es bereits zu den 3D-Opas der Egoshooter. id Software definierte damals die Qualität für 3D-Shooter abermals neu mit seiner id Tech 4 Engine. Pro-Pixel-Beleuchtung mit realistischem Schattenwurf waren einzigartig. Spielerisch gingen die Entwickler einen etwas anderen Weg als in den Vorgängern. Schockeffekte (sog. Jump Scares) waren ziemlich häufig anzutreffen und die Atmosphäre insgesamt sehr düster und beklemmend in den engen, verschachtelten Räumen und Gängen.

Keine Liebe für Doom 3

Ich persönlich konnte mit der technisch aufwändigen Fortsetzung damals nicht viel anfangen 😑. Spielerisch ging es ja nach wie vor um den Rückversand von Dämonen in die Hölle, mit durchschlagkräftigen Schiesswerkzeugen wie der Schrotflinte. Nur dieses mal eben deutlich gruseliger, aber eben auch sehr schlauchartig.


schön heimelig die Beleuchtung in Doom 3 - auch heute noch beeindruckend!

Diese offensichtliche Aneinanderreihung von Storyelementen und Schockmomenten holte mich einfach nicht ab, so gut die Technik auch war. Da hätte ich mir lieber ein einfaches actionlastiges Doom mit verbesserter Grafik und offeneren Leveln gewünscht. Nun ja, und so dauerte es letztlich bis Doom (4 oder 2016) bis die Serie wieder etwas zu ihren Wurzeln zurückkehrte und jetzt mit Doom Eternal die Krone der bunten Arcade-Action aufgesetzt bekam. Gut oder schlecht? Naja, Doom steht halt im Wandel der Zeit.

Die Überraschung - Fully Possessed!

Technologie kann alles verändern und macht in diesem Fall aus Doom 3 ein praktisch völlig neues Spiel, zumindest für mich.

Wie? Durch VR.
(Bitte beachtet das die Doppelbild-Screenshots vom PC-Bildschirm stammen. In der VR-Brille werden diese natürlich als ein stimmiges Bild zusammengesetzt. Das soll nur der Beweis für die Berechnung linkes und rechtes Auge sein.)

2015 kann man unter GitHub schon erste Eintragungen finden, wo eine kostenlose Modifikation (Mod) Fully Possessed für Doom 3, genauer der BFG Edition entwickelt wurde. Dieser Mod sorgt dafür das Du quasi direkt in die Höllenwelt von Doom geworfen wirst. Du stehst gefühlt plötzlich inmitten dieses beklemmenden Szenarios, umgeben von flackernden Lichtern, zerkratztem, rostigen Metall und Zombiesoldaten. Doom 3 zeigt als Kulisse eine Mischung aus modernster Technologie und düsterem Steampunk. Genauso erlebt man das Spiel wenn man den Mod Fully Possessed erst mal installiert und konfiguriert (s. nächste Abschnitte) hat.


Taschenlampe und Shotgun im Gepäck

Plötzlich macht das alles Sinn! Das war mein erster Gedanke. Beeindruckend waren auch die Cutscenes (Zwischensequenzen) die einem die Hintergrundgeschichte näherbringen. In den Kamerablenden steht man plötzlich den Beteiligten in Lebensgröße direkt gegenüber, Dialoge gewinnen deutlich an Spannung. In der flat-Variante damals war das für mich nur störendes Beiwerk, in VR wird es plötzlich lebendiger. Klar sieht man das Alter des Spiels an allen Ecken und Enden durchscheinen. Doom 3 verwendet noch relativ kantige, niedrig detaillierte Geometrie, macht das aber durch normal mapping und aufwändige Beleuchtung sehr gut wett. In VR bringt das ein bereits sehr hohes Level an Immersion und lässt nur erahnen wie moderne Spiele dieser Art in VR wirken würden. Half Life Alyx hat das ja schon eindrucksvoll bewiesen.

Nicht frei von Fehlern

Es ist ein Fan-Projekt und die Entwicklung wurde 2017 m. W. eingestellt und das auf einem sehr gutem, funktionierenden Stand. Jedoch gibt es doch kleinere Macken, die einem auffallen. Da wären die Wölbungen der Haut der sichtbaren Arme des Charakters (Spiegelszene) die ursprünglich nicht für eine freie VR-Bewegung gerigged (Hautverformung bei bestimmten Gelenkbewegungen) wurden und zu komischen Klappeffekten und Glitches führen.


Zombie ins Gesicht leuchten und zielen!

Dann schweben in Cutscenes auch manchmal die Charaktere auf wundersame Weise wie gelähmt bis sie sich wieder fangen oder der eigene Körper drängt sich manchmal etwas unnatürlich in den Vordergrund. Das reißt schon ein Stück weit aus der Immersion, ist aber auch schnell wieder vergessen, wenn man im nächsten dunklen Gang steht und die Bessessenen keuchen und schreien hört 🙄.


mit dem ist nicht gut Kirschen essen

Man kann den eigenen Körper auch ausschalten, um das Problem zu beheben. Letztlich muss man den Moddern höchsten Respekt 🙂🤟 zollen für diese tolle Portierung in die VR, da es ja praktisch ein flat-Game war. Lobenswert ist auch die Implementierung des realistischen Duckens. Geht man selbst leicht in die Knie (ja, das geht in VR 😉), duckt sich der Charakter bereits vollständig hinter einem Objekt wie einer Kiste und das vereinfacht damit das Spiel, wirkt aber trotzdem realistisch.

Oculus Link macht's möglich

Ich habe die BFG Edition mit dem Mod Fully Possessed mit einer Oculus Quest und Link-Kabel ausprobiert, und es funktioniert sehr gut! Ok, PC-typisch gibt wie immer Stolpersteine die wir Nerds 🤓 halt einfach umschiffen: Dazu zählen:

  • frische Installation von Doom 3 ohne jegliche Mods, falls schon modifiziert - deinstallieren und neu installieren
  • Erstinstallation Fully Possessed Mod, die ich aus einer zip-Datei manuell in den Steam-Ordner manuell vorgenommen habe, weil der verfügbare Installer (*.exe) irgendwelche Kopierfehler anzeigte und ich nicht darauf vertrauen wollte
  • startet Doom 3 über den (hoffentlich vorhandenen) Link Doom3BFGVR, alternativ im Steam-Ordner \SteamLibrary\steamapps\common\DOOM 3 BFG Edition\Doom3BFGVR.exe
  • Konfiguration der Steuerung im Spiel selbst - diese ist bei Erststart für VR-Neulinge auf Teleport (ruckartige Vorwärtsbewegung), Snapturn (ruckartiges Drehen in definierten Winkelschritten) eingestellt. Auch wenn man Teleport ausstellt, kann man sich noch nicht typisch wie in Egoshootern flüssig durch die 3D-Welt bewegen, sondern sieht dann eine Third-Person-Perspektive des Spielers und wenn man Analogstick loslässt beamt man quasi an die angelaufene Stelle. Ich dachte das wäre ein Bug, aber vermutlich zu Zeiten wo der Mod entstand, war Motion Sickness noch ein großes Thema. Also auch das noch deaktiviert, smoothturn, free locomotion.. und endlich eine völlig freie Bewegung in VR!
  • fehlgeschlagenes Laden eines Spielstandes - Autosave am Anfang war ausgegraut bzw. nicht über Oculus-Touch-Controller anwählbar, Lösung Neustart des Spiels und ggf. manuelle Savegames anlegen, danach lief es reibungslos
  • VR-Controller aus Versehen deaktiviert - passierte mir bei Ersteinstellung, da ist die Verwirrung erst mal groß, weil man dann nur noch per Maus und Tastatur irgendwie wieder an die Einstellungen ran muss um das Spiel umzustellen, danach hab ich es nie wieder angefasst




VR-Einstellungen für eine realistische Steuerung - Vorsicht, nichts für Anfänger! Motion Sickness garantiert.

Wer mit PC-Gefrickel überhaupt nichts anfangen kann, für den gibt es noch eine Doom-Empfehlung weiter unten 👇.

Was VR so einzigartig macht

Erst mal seh ich in VR ja immer schon mal räumlich, abhängig von der Sichtweite (Field of View - FOV) mehr oder weniger von meiner Umgebung. Allein das macht enorm viel aus um das Mittendrin-Gefühl zu verstärken. Hinzu kommt das Umschauen durch Kopftracking der VR-Brille. Höre ich ein Geräusch hinter mir, dreh ich mich mit meinem echten Körper einfach um oder kann natürlich auch klassisch einen Controller verwenden. Folgend ein Bild wo ich gerade meinen linken Arm mit der Taschenlampe bewege. Da man etwas (VR-Controller) in der Hand hält, ist das Gefühl sehr echt!


Doom 3 - mit der Taschenlampe in der Hand, gespenstisch!

Wirklich interessant wird es dann beim kompletten Raumtracking, heißt ich bewege mich in der realen Welt um in der virtuellen Welt mich zu bewegen. Das ermöglicht dann eben das Lunzen um eine Ecke oder das ich meinen Kopf durch ein Loch stecke um reinzuschauen. In Doom 3 kann ich so z. B. an einer Ecke in Deckung gehen, um dann real einen Schritt zur Seite zu gehen, um ankommende Gegner mit meiner Schrotflinte zu begrüßen. Ich kann aber mit meinem Arm auch einfach die Waffe in den Gang halten und losballern. 🤠 Im folgenden Screenshot seht Ihr die Touch-Bedienung die mit der Bewegung der realen Arme/Hände passiert. Wo in flat einfach nur eine mechanisch wirkende Animation ausgeführt wird, geschieht hier eine natürliche, menschliche Bewegung.


Konsolen werden in der VR-Version direkt mit Hand bedient

Dadurch entsteht ein herrliches Mittendringefühl. Grundvoraussetzung dafür ist eine möglichst freie Fläche von ca. 2x2m oder sogar mehr. Denn sobald ihr mit Hand, Beinen, Kopf gegen irgendwas in der realen Welt stoßt, wird Euch wieder bewusst das Ihr in zwei Welten unterwegs seid 😀 und es kann auch weh tun 😆. Erfahrene Spieler kommen auch mit weniger Platz aus, aber VR ist eben auch Freiheit!

Mehr Doom in VR

Wenn man sich etwas umschaut, so gibt es noch weitere interessante VR-Ableger. Besonders zu empfehlen ist die PSVR-Version von Doom VFR mit Aim-Controller, ein Höllenspaß und vor allem funktioniert das Plastikgewehr dort perfekt. Ich hatte das Spiel hier, hier und hier erwähnt.

Ganz anders in der Version für PC, wo man bspw. mit Oculus Link und den Touch-Controllern erst mal überhaupt nicht zurecht kommt, weil gewohnte Eingaben wie Analog-Drehung einfach mal nicht konfiguriert sind, schade. Um 2016/17 dachten sich noch einige große Entwickler wie Bethesda das man flat-Spiele mit wenig Aufwand einfach in die VR portieren konnte. Das Ergebnis war eher ernüchternd, VR-Enthusiasten freuten sich aber trotzdem, überhaupt etwas von den großen Titeln in VR spielen zu können (s. a. Skyrim VR). Bei Doom VFR kann man sich in Standardkonfiguration nur physisch umdrehen. Mit Kabel am PC führt das aber eher zu komischen Verwicklungen 🙂. Kabelloses Spielen mittels Virtual Desktop (Oculus Quest) oder Vive Wireless Modul ist zwar möglich, aber bei weitem kein Standard. Es gibt Anleitungen im Netz, wie man die verkorkste Steuerung beheben kann, ich hab es aber noch nicht fixen können. Übrigens müsst Ihr das Doom VFR nicht für 30 EUR bei Steam kaufen, es gibt günstigere Anbieter.


Quake 2 als mobiles VR-Vergnügen für Oculus Quest

Wenn man Quake zum Doom-Universum zählt, gibt es per Sidequest auch noch die tollen Quake I und II Versionen für die Oculus Quest, d. h. hier könnt Ihr diese Klassiker völlig ohne Kabel und kostenlos zocken. Grafisch sind die natürlich noch älter als Doom 3, aber in VR einfach mal 5x beeindruckender als in der flat-Version. Auch die erwähnte BFG Edition (auch die gibt es günstiger) hat noch die Klassiker Doom I und II im Angebot, jedoch nur in einem flat Kinomodus. Will man diese mal wirklich in VR erleben, bietet hier auch Doom VFR die passenden Klassik-Levels, aber mit den neu modellierten 3D-Gegnern. Ein Höllenbaron in Lebensgröße ist auch was Anderes 😨.

VR wächst weiter

Es ist wohl nur eine Frage der Zeit bis VR im Mainstream komplett ankommt und Titel wie Doom Eternal selbstverständlich als VR-Version erscheinen. Vielleicht gibt es ja dann auch Vermieter die VR-Zimmer in ihrem Mieter-Exposee ausweisen 😁 und Architekten die immer die Frage mit stellen: "Haben Sie auch an eine VR-Fläche gedacht?".


flat-Gamer - Bild von Dean Van Der Linde auf Pixabay

Aber auch Bewegungsmuffel können in ihrer gewohnt starren Körperhaltung bleiben, denn es gibt auch viele VR-Spiele und Erfahrungen die komplett mit Gamepad und im Sitzen gespielt werden können. Erwähnenswert ist auf jeden Fall auch der Kinomodus, der Euch ein gefühlt mehrere Meter großes Bild vor die Augen projiziert, wo Ihr wie gewohnt auch flat-Titel am PC spielen könnt oder Euch eben wirklich mit Freunden als Avatare, inklusive Audio-Chat zum Kinoabend trefft.

Wie das alles geht? Findet es heraus! Es gibt mittlerweile viele deutsche Communities um VR, die gern helfen. Zu nennen z. B. die VR-Legion, MRTV, VoodooDE VR, Zitronenarzt, Mo Fun VR wo es auch teils gut besuchte Discord-Kanäle gibt.