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RE: Russia's last Hurrah

in #deutsch2 years ago

Aus meiner Sicht gibt es keine besseren oder schlechteren Regierungen. Sie sind alle gleich, um es reduziert auszudrücken. Ich bin auf der Seite der Menschen, also die, die man als "gewöhnlich" bezeichnet. So die oppositionellen Kräfte mit Waffen und Militär intervenieren, wird es mehr Tote und Zerstörung geben, nicht weniger.

Ich möchte den Aspekt der Frage nach der Sprache und Kultur der Menschen stellen. Meine eigenen Vorfahren sind unter Katharina der Großen in die Ukraine ausgewandert und durch die russische Revolution von dort wieder vertrieben worden. Meine Familie ist dort geboren, dennoch haben wir uns als Deutsche betrachtet und das Deutschtum gerade deshalb hoch gehalten, weil wir Einwanderer gewesen waren und aufgrund der späteren Vertriebenenerfahrungen. Vieles hat sich aber über die Jahre kulturell dennoch vermischt. Die Leute vor die erzwungene Wahl zu stellen, was sie denn sein wollen oder von wem sie regiert werden wollen, ist das eigentliche Übel. Meine Vorfahren wären irgendwann Ukrainer geworden, wären sie dort geblieben. Das Deutsche in ihnen wäre irgendwann ausgestorben und das wäre in Ordnung gewesen.

Nach all der Zeit des (noch zu verarbeitenden) Leids zwischen Deutschland und Russland von persönlicher Natur, halte ich es für nicht klug, Position gegen oder pro Regierungen oder politische Akteure einzunehmen. Die vom Volk ausgehenden Botschaften (beispielsweise in Form von Demos) könnten allzu leicht zum Anlass genommen werden, dass da allgemein Einverständnis mit Kriegshandlungen herrscht. Das würde ich so nicht unterschreiben, wie immer ist das "Volk" in solchen Angelegenheiten von unterschiedlicher Ansicht. Gut zu sehen an der Verschiedenartigkeit der Kommentare hier.

Ich sehe es so: Wer Krieg will, soll sich freiwillig zum Kämpfen melden und das Risiko eingehen, dabei zu sterben. Wer will, dass andere für ihn kämpfen, erklärt sich indirekt damit einverstanden, dass es Tote und Zerstörung der zivilen Bevölkerung geben wird. Mir wäre das als Ukrainer nicht Recht.

Sort:  

"Aus meiner Sicht gibt es keine besseren oder schlechteren Regierungen."

  • Oh, aus meiner Sicht gibt es da ganz gewaltige Unterschiede. Jeder besser "checks and balances" in einem Land ausgestaltet sind, desto mehr Rechtssicherheit und desto bessere Regierungen gibt es. Die Möglichkeit eine Regierung gewaltfrei zu entfernen (Demokratie) ist ganz wesentlich. Leider gibt es diese Möglichkeit in Russland nicht. Deshalb ist jetzt die einzige Hoffnung, dass die Mächtigen der zweiten Linie in Russland Verantwortung übernehmen und Putin in Rente schicken.

"So die oppositionellen Kräfte mit Waffen und Militär intervenieren, wird es mehr Tote und Zerstörung geben, nicht weniger."

  • Was ist die Alternative? Soll man die Ukrainer Putin ans Messer liefern. Der Krieg - selbst wenn er morgen endet - wird höchstwahrscheinlich zu globaler Lebensmittelknappheit führen. Wem wird Putin nach der Eroberung der Ukraine am ehesten die Lebensmittel verweigern? Genau, den Ukrainern, wie schon beim Holodomor. Aus meiner Sicht ist die Alternative zur Unterstützung der Ukraine ein Massenmord.
  • Wenn man nicht unterstützt, was für ein Zeichen sendet man an Moldawien, Polen, das Baltikum, usw.?
  • Es gab mal den Slogan "Wehret den Anfängen!".

"Die Leute vor die erzwungene Wahl zu stellen, was sie denn sein wollen oder von wem sie regiert werden wollen, ist das eigentliche Übel."

  • Warum ist das ein Übel? Sollten die Leute keine Wahl haben?

"Wer will, dass andere für ihn kämpfen, erklärt sich indirekt damit einverstanden, dass es Tote und Zerstörung der zivilen Bevölkerung geben wird. Mir wäre das als Ukrainer nicht Recht."

  • Diese Toten und Zerstörung gibt es jetzt schon, und die Ukrainer wehren sich mit allen Kräften dagegen - weil sie die Geschichte kennen. Eine Eroberung durch Russland wäre fatal.

Die geschichtliche und reale Nähe zu Russland kann man nicht dadurch wegmachen, dass man die Ukraine gerne verwestlicht sähe. Du hast Leute im Land, die sich nicht einig sind. Diese Uneinigkeit zu übergehen, maße ich mir nicht an.

Ich würde nicht wollen, dass beispielsweise jemand aus Polen für mich als "für alle Deutsche" spricht.

Ich weiß nicht, was geschehen wird und will keine Spekulationen anstellen.

Wen genau meinst du mit "Ukrainer wehren sich?" Die Zivilbevölkerung? Was heißt genau "wehren"? Meinst du kämpfen?

Aus meiner Sicht ist die Alternative zur Unterstützung der Ukraine ein Massenmord.

Alternativen gibt es vermutlich, wenn man sie sehen oder über sie nachdenken will. Daher gebe ich deine Frage an dich zurück.

Ich bleibe vorsichtig mit Begriffen wie Massenmord.

"Die geschichtliche und reale Nähe zu Russland kann man nicht dadurch wegmachen, dass man die Ukraine gerne verwestlicht sähe."

  • Es ist egal, was "man" oder der Westen gerne sähe. Entscheidend ist, dass die Ukrainer in den letzten 8 Jahren durch den dauerhaften Krieg zunehmend anti-russisch wurden (aus Sicht von Putin & Co. ist das neo-nazi). Was bleibt den Ukrainern denn übrig, als pro-westlich zu werden und Unterstützung zu suchen?

"Du hast Leute im Land, die sich nicht einig sind. Diese Uneinigkeit zu übergehen, maße ich mir nicht an."

  • Ich mir auch nicht. Dazu gab und gibt es Wahlen. Und die sind recht eindeutig.

"Wen genau meinst du mit "Ukrainer wehren sich?" Die Zivilbevölkerung? Was heißt genau "wehren"? Meinst du kämpfen?"

  • Ja, die Zivilbevölkerung. Wehren heisst, den russischen Kampftruppen Hindernisse in den Weg zu stellen, um deren Vormarsch aufzuhalten bzw. zu verhindern. Zur Not heisst "sich wehren" auch kämpfen.

"Alternativen gibt es vermutlich, wenn man sie sehen oder über sie nachdenken will. Daher gebe ich deine Frage an dich zurück."

  • Die Alternative zum Stopp der russischen Streitkräfte ist eine Kapitulation. Dieser Kapitulation würden Hexenjagden, Hinrichtungen und ethnische Säuberungen folgen.
  • Ich befürchte wir werden eine Alternative zum Stopp der Russen sehen. Und ich frage mich, wie viel passieren muss, bis die Putin-Apologeten erkennen, wem sie das Wort geredet haben.

"Ich bleibe vorsichtig mit Begriffen wie Massenmord."

  • Bin ich auch. Ein Massenmord findet aber bereits in Charkow statt.

Ich denke mal, dass ich zu wenig weiß, um Argumente zu tauschen. Jedes von Krisen und Krieg betroffene Land ist einer überaus schwierigen Situation ausgesetzt. Ich denke, dass es schlecht ist, wenn die normalen Menschen sich spalten und nicht zur Bedächtigkeit und Freundlichkeit untereinander bereit sind, selbst und gerade dann, wenn sie unterschiedliche Ansichten und Gefühle zur Situation haben.

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass die Mächtigen jeweils ihre Interessen und sie jeweils durchzusetzen im Sinn haben.

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Justin Podur

I interviewed Scott Ritter, former Marine, weapons inspector, and current author and writer about the war in Ukraine. We start with his experiences as a young member of the US military studying the Soviet Union and preparing for war with Russia; then talk about the surprises when he actually met Russians under conditions of detente. I asked him, since everybody seems to be an armchair military analyst, how we could be better at it. Then we talk about Russia's goals, the situation in Ukraine, how Russia's conducting the war so far (we talked on Day 9), and the prospects for Ukraine becoming "another Afghanistan".