Kapitel V – Geständnisse einer Computerspielerin

in #deutschlast year

Alleine beim Schreiben der Überschrift habe ich mich schwer getan. Ich mag den Begriff „Zocker“ nicht – das klingt als würde es um etwas wichtiges gehen was ich verlieren/ verzocken könnte. Wie beim Poker. Spieler – mag ich schon etwas mehr, weil spielen nach Spaß klingt, ist aber auch nicht stimmig genug als Begriff, könnte alles sein. Was gerne genutzt wird, seit nicht mehr ganz so Neuestem, ist die englische Variante davon „Gamer“ – das mag ich auch nicht weil es für mich von Anfang an nicht so hieß und „plötzlich“ so häufig und lari-fari-mäßig nebenbei benutzt wird, und damit ein Schubladendenken eröffnet als wären „Gamer“ eine andere Art Mensch oder so. Wie man eben heutzutage auch sofort plötzlich als „Hacker“ bezeichnet wird, nur weil man weiß, wie man Drucker einrichtet. Aber ich schweife ab.

Ich habe – in meiner Form als Mädchen und auch Frau – nie auch nur im Ansatz über Männer und Frauen in Computerspielen nachgedacht. Damit meine ich: weder, ob die Rolle der Frau hier denunziert wird, ob Männer sexistische Machos sind, ob die Gewalttaten die Volk A an Volk B ausübt aus Rassenfeindlichkeit geschehen oder ob manche Aussagen politisch korrekt sind. Für mich sind Computerspiele Spiele. In denen man spielt. Da sind die fiktiven Charaktere so, wie sie sein sollen und geschrieben wurden. Ich habe nicht analysiert, wer wie übertrieben dargestellt wird oder nicht. Darum geht es hier nicht, ich stelle das nur klar um langsam auf mein Ziel zuzuschreiben.

Ich habe nie (und glaube es bis heute nicht) geglaubt, dass Frauen, die Computerspiele spielen, etwas seltenes oder besonderes sind. Das erste Mal dass überhaupt jemand eine Bemerkung zu meinem Geschlecht gemacht hatte, war irgendwann mal im Online-Spiel Guild Wars. Da war ich gelangweilt mit einem anderen Spieler von meiner Freundesliste sinnlos in Ascalon jenseits des Walls unterwegs, bis er auf die Idee kam, er habe ja einen Festnetzanschluss im Zimmer und könnte anrufen, dann könnten wir quatschen. Erste Reaktion nachdem ich mich gemeldet hatte: „Du bist ja ein Mädchen!“ Ja es gibt uns – und ja, auch wir mögen Computerspiele.

Ich möchte niemandem zu nahe treten wenn ich voll und ganz offen MEINEN Glauben hier niederschreibe: Ja, es gibt meiner Meinung nach Männerberufe! Genauso, wie es auch Frauenberufe gibt! Auch wenn in der heutigen Zeit die „Grenzen“ immer mehr verwischt werden – es ist ja auch schön und richtig, dass (fast) alle Berufe von Mann oder Frau ausgeübt werden können. Ich rede jetzt vom KÖNNEN (das meines Erachtens einen Einstieg in einem Beruf ausmachen sollte), nicht davon, um einfach nur eine Quote zu erfüllen. Quoten sind dann doch wieder Trennung in männlich und weiblich. Aber ich schweife schon wieder ab ^^. Es gibt sicherlich mehr Frauen, die heute in der Spieleindustrie tätig sind, als es noch vor 20 Jahren der Fall war. Weil es anscheinend immer mehr Frauen gibt, die Computerspiele nicht nur sehr gerne als Zeitvertreib mögen (so wie ich), sondern diese darüber hinaus so lieben, dass sie selbst daran mitarbeiten wollen! Es sind Heldinnen!

Wir begeben uns in die Abgründe meines Ichs: 2009 kam der erste Teil von Assassins Creed raus. Was für mich das erste Computerspiel war, das ich gekauft habe, wo man NUR einen männlichen Protagonisten spielen konnte (Indiana Jones zählt hier nicht, die Disketten habe nicht ich gekauft). Natürlich habe ich das Spiel nicht alleine deshalb gekauft, weil Altair auf dem Cover so gut aussieht, sondern auch wegen der Vermischung Zukunft/ Vergangenheit, der Story usw. Aber ich fand halt auch zum ersten Mal, dass irgendwer gut aussieht. Und Assassins Creed hatte eine weibliche Produzentin, Jade Raymond! Zusammenhang unklar! Ich weiß – kein Schwein interessiert das, wie er aussieht, also nicht wirklich. In meinem Gedankengang ist es aber eine Erwähnung wert, einfach weil es mir damals aufgefallen ist.

Leider sind diese Heldinnen – für meinen Geschmack – trotzdem noch zu unpräsent (gibt es das Wort überhaupt?). Warum sonst bewegt sich mein weiblicher Hauptcharakter in Dragon Age: Origins (DAO) genauso wie mein männlicher? Nämlich: männlich! Die Zeit hat hier bewiesen, dass es doch geht: ab Dragon Age 2 haben weibliche Charaktere dort nämlich ihr eigenes Skelett. Allerdings nur beim Gehen und manchen anderen Interaktionen, es ist anscheinend doch einfacher alles andere männlich zu programmieren und dann copy paste zu machen. Auch die Stimmen nerven mich sehr – gut, in DAO spricht man gar nicht, aber die Auswahl an weiblichen Sprechern klingen auch so… maskulin. Bullig. Tatsächlich habe ich die Sprecherin aus DA2 für die selbe wie aus Mass Effect gehalten („Sie schicken keine Spectres auf Testflüge!“), weil ich die beide nicht mochte und finde, die klingen sehr ähnlich. Hin und wieder bei manchen Spielen dachte ich mir: „ich als weiblicher Spieler fühle mich benachteiligt!“ Was mich „früher“ keinen 4. oder 5. Gedanken gekostet hat, wird mittlerweile durch die gefühlt Allseits-Präsenten Worte GENDERN und MINDERHEITEN und DISKRIMINIERUNG dann doch zum 4. Gedanken – alá: was würde XY dazu sagen?

Das Simsteam kümmert sich null um seine Männer in Sims – weibliche Sims haben im Charaktereditor bestimmt über doppelt so viele Klamotten und Haare zur Auswahl wie männliche Sims. Oder z. B. in Mass Effect – Hier gab es in Teil 1 u. 2 noch Gleichstand an Charakteren, mit denen man eine Romanze beginnen kann, wohingegen im 3. Teil für einen männlichen Protagonisten 5 Frauen zur Auswahl stehen, für einen weiblichen Protagonisten nur noch 3 Männer (DLCs nicht mitgezählt, aber auch hier verlieren die weiblichen Shepards). Dafür dass die möglichen Romanzen nur eine schöne Nebensache in den Mass-Effect-Teilen sein sollen, kam ich mir ganz schön oft von Frauen regelrecht angebaggert vor. Von Männern nie. Warum ist der einzige Charakter in Dragon Age Inquisition der gut aussieht (zumind. auch ohne Mods) schwul? Ebenso in Cyberpunk 2077 – hier wird man geradezu ANGESCHRIEN von weiblichen Sexarbeitern, Hologrammen, Tänzerinnen etc… Spielt man einen männlichen V hat man Panam zur Option, die eine lange eigene Geschichte hat und einfach HOT ist. Spielt man einen männlichen V der auf Männer steht: Kerry Eurodyne, der superreich und Rockstar ist und den auch Johnny Silverhand kannte. Als weibliche V die auf Frauen steht hat man Judy zur Option, die auch eine lange Geschichte hat und COOL ist. Und als weibliche V die auf Männer steht: einen einäugigen Glatzkopf mit langem Mantel und Pelzkragen, der seinen Job verliert. Dass Männer als Objekt im Vergleich zu Frauen als Objekt als weniger BEGIERLICH dastehen, wird hier ja wohl offensichtlich!

Die Mehrzahl der Spieler und Entwickler sind wohl Männer. Behaupte ich jetzt einfach mal. Und solange das so ist, wird sich an der Objektverteilung bzw. Darstellung wohl auch nichts ändern. Wie ändert man das??? Wie bekommt man mehr Frauen in diese Berufe? Nicht aus „Quoten“- oder „Gleichberechtigungsgründen“ – sondern einfach damit andere Frauen / weibliche Spieler von deren fraulichen Ansichten profitieren können???

Jeder, der morgen in Berlin beim Treffen dabei ist: bis morgen! ♪♫
Xixi

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Viele interessante Punkte und stimme dir bei fast allem zu, denke, dass es nach wie vor mehr männliche Gamer gibt und das die Hauptzielgruppe ist, aber Computerspiele haben seit einigen Jahren auch einen aufgezwungenen Woke-Character bekommen, bei manchen Spielen muss eingeblendet werden, dass sie divers sind etc. Leider auch bei neueren Assassins Creed Teilen gesehen. Finde das übertrieben. Das sollte organisch passieren, wenn es mehr weibliche Gamer gibt, werden sich auch die Games anpassen. Auch ohne Woke-Zwang.

woke-zwang habe ich nun zum 1. mal gehört?

Interessanter Artikel, und ich weiß gar nicht ob ich überhaupt sehr viel dazu sagen kann (nicht wegen meinem männlichen Geschlechts, sondern weil ich schon lange keine Spiele mehr spiele).

Allerdings kann ich sehr gut verstehen dass Du Dir anfangs keinen großen Kopf über die Geschlechter der Charaktere oder Spieler gemacht hast, dann aber immer mehr, als die generelle Diskussion über dieses Thema auch anstieg. Klar, ob's einem passt oder nicht, sowas führt unweigerlich zu der Frage: Was sollen bloß die Nachbarn denken? Und ich bin sicher, Du bist nicht die einzige der dies passiert ist, was auch erklärt wie der Trend quasi beim Aufsetzen auf die andere Seite des Pferdes fällt. Deine Beschreibung von Cyberpunk 2077 macht dies schon sehr deutlich! Aber ich denke das ist nur ein Trend wo wir durch müssen, bis die ganze Genderdiskussion allen so langweilig geworden ist, dass sie von selbst aus aufhören es zwanghaft allen Recht machen zu wollen. (Bis dahin kann es aber noch etwas dauern.)

Ach, und bezüglich "der einzige gut aussehende Kerl ist schwul", hahahaha! Ich glaub das hab ich irgendwo schon mal gehört! Vielleicht was es ja auch volle Absicht von den Entwicklern, um es eben besonders lebensnah zu machen. 😜

dafür dass du nicht wusstest was du dazu sagen kannst, ist die antwort ganz schön lang geworden. :D freut mich dass du es interessant findest. das wundert mich dass irgendwer irgendwas von mir interessant findet (geschreibsel).

Hmmm... und mich überrascht es, dass Du Dich wunderst. Bis jetzt fand ich jedes einzelne Post von Dir interessant und lesenswert. Freu mich voll auf weitere!

Guild Wars

Hab noch nicht alles gelesen; aber boa!!!
wenn ich mal gescheiten Internetanschluss hab und wieder online spielen kann, dann zocken wir gemeinsam guild wars 2 :D
so ein nices spiel. hab des schon in der beta gezockt

:D ich mochte guild wars 2 auch sehr, bis es die mounts gab, und die kaufbaren rüstungen. und bis alle angefangen haben in regenbogenfarben den hud, der noch nicht von 1.000 meldungen über tägliche erfolge etc. zugespamt war, mit deren flügeln komplett zu verdecken.
aber wir können das sehr gerne mal zusammen spielen - wenn du dann die geduld dazu hast mich mitzuschleppen ;)

gut, dass ich die regenbogenfarben "verpasst" habe. das letzte Mal habe ich vor 2 Jahren knapp gespielt. Vielleicht hab ich auch nicht drauf geachtet :D diese Mounts hab ich niee gehabt.. vielleicht kommt das ja mal. ist doch eig lustig schneller durch die Map zu können, aber denke da verpasst man auch so unauffällige Kleinigkeiten.. und Verstecke.
ja gern, weiß nur nicht wann ich wieder multiplayer spielen kann.. zock momentan nicht mal viel singleplayer xD