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RE: Von Cyborgs und dem Traum einer Zukunft

in #gedankenverbrechen3 years ago (edited)

Interessanter Artikel. Ich mag die Ausgewogenheit darin und auch die kritische Sichtweise.

Man darf allerdings eben auch nicht vergessen, dass bereits jetzt nahezu alle Kulturpflanzen am Ende eines sehr langen Züchtungsprozesses des Menschen steht. Nicht um die Welt zu versklaven und Abhängigkeiten zu schaffen, sondern am Ende, weil es einfach effizienter und ergiebiger ist. Weil man beobachtet hat, dass bestimmte Kreuzungen resistenter gegen Schädlinge oder Wettereinflüsse sind.

Da möchte ich widersprechen.
Es ist nicht effizienter und ergiebiger, es ist es nur insofern, als dass man Massen damit produzieren kann. Eine Masse sagt rein gar nichts über Qualität aus. Gerade in der Landwirtschaft ist die Runter-Reduzierung auf wenige Sorten das Gegenteil von guter Technologie. Eine gute Technologie und Fortschritt wäre es, wenn in der Landwirtschaft die Prinzipien der Permakultur zur Anwendung kämen. Die Natur ist hier wie immer die beste Meisterin und zeigt uns, wie ein Öko-System mit Schädlingen fertig wird. Je mehr Vielfalt an Pflanzen, Insekten und Tieren in diesem vorkommt, umso weniger können sich dominante Arten (von pflanzlicher oder tierischer/Insektenart) ausbreiten.

Wir haben eine Monokultur und damit eine erhebliche Anfälligkeit für Krankheiten und anderes, weil jede Monokultur eine furchtbar schwache Kultur ist. Daher muss sie mit allen möglichen "Behandlungen" konfrontiert werden. Das zerstört über lange Sicht (und die haben wir) die Qualität der Böden, der Umgebung, der tierischen und letztlich auch menschlichen Lebensräume.

Naiv ist es, anzunehmen, wir könnten auch weiterhin Mono-Plan-Landwirtschaft betreiben, ohne damit zu beginnen, einen Teil unserer Lebensmittel wieder selbst anzubauen und Fertigkeiten darin zu erwerben. Die totale Fremdversorgung ist kein Fortschritt, sondern ein Zeichen von Unvernunft und allzu großer Technik-Gläubigkeit. Wer keine Fähigkeiten besitzt neben dem, was er als Beruf gelernt hat oder wer denkt, dass Bürokratie und Technokratie das Mittel gegen Armut und Krankheit ist, der weiß eigentlich nicht, wovon er spricht.

Eine Regierung, die nicht gewährleistet, dass ein Land und seine Bürger sich durch eigene, lokale Lebensmittelproduktion versorgen kann, der ist es letztlich egal, wenn Leute an Hunger sterben. Dass wir (noch) nicht Hungers sterben, liegt ausschließlich daran, dass es genug sehr arme Menschen gibt, die in der Landwirtschaft arbeiten (im In- und Ausland) und dass Großmaschinen und Monoflächen nach wie vor genutzt werden. Mal sehen, wie lange das noch gut geht.

So obsessiv, wie wir gerade mit unserer Gesundheit befasst sind und der moderne Mensch seine Lebensmittel mit einem Bio-Siegel sehen will, so wenig will er sehen, dass Bio nur dann geht, wenn man es lokal und permakulturell angeht. Dieses würde bedeuten, vom Grund her unseren Lebensstil zu ändern und wieder einen Teil körperlicher Gartenarbeit und wirklich gute Landwirtschaft zu machen. Ich höre niemanden, der Bauer werden will oder der etwa vorhat, seinen nutzlosen Ziergarten demnächst in einen Nutzgarten umzuwandeln.

Samen kaufen, die nicht von GMO stammen und wenn es hart wird, einen Ort finden, wo Gartenwirtschaft möglich wäre. In Kriegszeiten bzw. auch davor unterhielten fast alle Eigenheim-Besitzer einen Nutzgarten, viele auch Kleinvieh. Wenn genügend Menschen in dieser Hinsicht vorsorgen würden, wäre das aus meiner Hinsicht eine sinnvolle Maßnahme. Dazu muss man aber schuldenfrei sein und mit nur einem kleinen Einkommen auskommen.

Sort:  

Nun ich kann akzeptieren, dass wir da unterschiedlicher Meinung sind. Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass meine Ansicht der richtige Weg sei. Was Du aber am Ende forderst ist ein traditioneller Anbau, der sicherlich erstrebenswert und richtig ist, gleichzeitig allerdings den Tod vieler Menschen fordert. Wer die moderne Landwirtschaft einschränken will hat oft keine Vorstellung davon welche Wachstumsquoten wir bereits dort in den letzten Jahrhunderten hinter uns gebracht haben.

Gerade aus diesem Grund denke ich, dass man hier eine Offensive nach vorne antreten muss, weil ich mir keine Welt vorstellen kann in der wie ernsthaft einen Weg zurück wollen. Und ich möchte auch noch einmal betonen, dass ich mich selbst als Gegner gentechnisch veränderter Pflanzen ansehe. Ich denke allerdings auch, dass man hier nicht dogmatisch vorgehen sollte, sondern wirklich wissenschaftlich.

Am Ende betreiben wir Menschen seit Jahrtausenden nichts anderes als eine natürliche Selektion um unser Saatgut zu verbessern. Denn meisten Menschen ist überhaupt nicht mehr bewusst, wie nicht Kulturpflanzen aussehen und das dann auch keine Karotte mehr auf dem Speiseplan stehen würde.

Was Du aber am Ende forderst ist ein traditioneller Anbau, der sicherlich erstrebenswert und richtig ist, gleichzeitig allerdings den Tod vieler Menschen fordert.

Nein, gefordert habe ich das nicht, nur als "sinnvoll" bezeichnet. Nirgendwo spreche ich von einem abrupten Wandel und schon gar nicht davon, "zurück" zu gehen. Das ist ein landläufiger Reflex, den ich zwar verstehen kann, aber das Argument insofern nicht stimmt, weil es kein "zurück" wäre, sondern Perma-Kultur die bessere Technologie ist, um Pflanzen- und Viehwirtschaft zu betreiben. Es handelt sich um eine Kreislaufwirtschaft, die klimatische und biologische Zyklen im Blick hat. Also eine hoch-kulturelle - genau wie wissenschaftliche - Angelegenheit, bei der der Mensch immer dort eingreift, wo es einer Regulierung bedarf. Dazu zählt auch die von dir erwähnte Auswahl von Saatgut.

Dazu gehört ein Wissen über Wasser-Kreisläufe und die damit im Zusammenhang stehenden Niederschläge sowie Kenntnis darüber, wann und in welcher Frequenz verschiedene Tiere als Nutztiere insofern eingesetzt werden, als dass sie Flächen begrasen, Felder durch ihr Schnüffeln und Graben umpflügen usw. - Permakultur, richtig ausgeführt, garantiert hohe und gesunde Ernte-Erträge, die die konventionelle Agrar-Industrie in dieser Qualität nicht erreicht.

Es ist natürlich richtig, dass es dann keine durchplanierten, riesige quadratischen Flächen gäbe, die mit Großmaschinen ernten könnten. Die Flächen würden kleiner und könnten nur teilweise mit Maschinen bearbeitet werden, vieles müsste von Hand gemacht werden. Das ist immer dann kein Problem, wenn es sich um kleinere Parzellen handelt und sich genügend Menschen einfinden, die wieder Spaß an der Bewirtschaftung haben und einen Sinn darin sehen, sich zu einem Teil selbst zu versorgen. Der andere Teil wäre noch immer von Hoch-Technologie abhängig.

Ich spreche von gradueller Veränderung, nicht von ad hoc Maßnahmen. Sowas muss von langer Hand gedacht werden, man hätte durchaus in der Regierung jahrzehntelange Kampagnen dazu machen können, um die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass eine reine Fremdversorgungsgesellschaft die Jahrhunderte nicht überdauern wird.

Meine Überlegungen sind bei weitem nicht ausgereift, aber ich behaupte auch nicht, die Lösung für die Weltprobleme zu haben. Es erfordert viele Menschen mit alternativen Ideen, auch unter Einbeziehung moderner Techniken.

Wer das will, findet Wege dafür, wer das nicht will, findet Argumente dagegen.