Antwort – Teil II
Die eigentliche Tragödie beginnt dort, wo man glaubt, dass Verkürzung dasselbe sei wie Verdichtung.
Effizienz hat den Geist erobert – nicht, weil sie klug wäre, sondern weil sie Zeit spart.
Heute soll in einem Short alles gesagt werden, was früher ein Essay, ein Dialog, ein Streitgespräch brauchte.
Sprache wird in Sekundenportionen verabreicht, leicht verdaulich, schnell zu liken – aber ohne Nährwert.
Und genau hier betreten die Quellen ihre neue Rolle:
Sie dienen als Dekoration der Verkürzung. Niemand liest sie, doch sie gelten als Wahrheitssiegel.
Das Zitat ersetzt das Lesen, die Fußnote das Denken. Am Ende entsteht ein merkwürdiges Paradox:
Je weniger Menschen verstehen, desto sicherer sind sie sich ihrer Meinung.
Denn sie haben ja „die Quelle“.
So wird aus der Effizienz der Sprache die Effizienz der Täuschung. Man kann sich irren, solange man belegt. Und das Publikum applaudiert, weil es nichts zu prüfen braucht.
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Trefflich analysiert, so ist es!