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RE: Das Dilemma heutiger Wissenschaft

in #deutsch3 years ago

Natürlich kann man letztendlich nur über das sicher sein, was man selbst gesehen hat. Wirklich physikalisch gesehen, meine ich, nicht in Medien oder gelesen oder von anderen Leuten gehört oder sowas. Allerdings wird die Welt ziehmlich klein, wenn man das konsequent durchzieht.

Ein interessanter Aspekt, wie ich finde. Ob die Welt dadurch klein wird, weiß ich nicht zu sagen, nur, dass sie bereits jetzt sehr klein geworden ist, wo man sich fast ausschließlich von medialen Ereignissen online informiert und die physikalische Welt auf ein solches Minimum reduziert ist, dass man zwangsläufig auf Medien ausweicht. Es wäre interessant, zu überprüfen, ob die Welt sich nicht als reich und inspirierend offenbart, wenn man sie aufs physikalisch Erreichbare, Erfahrbare und Verstehbare "reduziert" (wobei hier die Reduktion als positiv zu verstehen wäre).

So würde ich also argumentieren, dass das, was du als kleine Welt bezeichnest, längst eingetreten ist, nur eben umgekehrt. Die Erfahrungen in der physisch lokalen Wirklichkeit sind vergleichsweise gering. Jedenfalls in meiner. Vielleicht wäre es anders, lebte ich auf dem Land, mit mehreren Leuten, unterschiedlichen Generationen und einer nicht auf reine Erwerbsarbeit orientierten Lebensweise.

Was du über Hawass sagst, kann stimmen oder auch nicht stimmen. Selbst wenn man O-Töne oder gar Interviews zeigt, wissen wir, dass etwas aus dem Zusammenhang gerissen sein kann und ein Schurke als solcher erscheint, dessen Aussagen man verzerrt. Es kann aber eben genauso sein, wie du sagst und er gehört zu denen, die andere unterdrücken wollen.

Standesdünkel sind gewiss an der Tagesordnung. So viel ist sicher :)

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Der Begriff "kleine Welt" war vielleicht mißverständlich. Wir sagen dies oft, weil wir heute Infos aus allen noch so fernen Winkeln der Welt erhalten können, in kürzester Zeit und vom Sofa aus.
So meinte ich das aber nicht. Wenn du nur zur Kenntnis nimmst was du selbst siehst und erlebst, dann ist deine Welt wirklich klein - weil man dann kaum etwas von der Welt mitbekommt. Wie jemand, der auf einer kleinen Insel wohnt und denkt, das wäre die gesamte Welt - weil er vom Rest der Welt nichts weis.

Zu Hawass: ja, wenn man nur 1 oder 2 Leute hört, die sagen er wäre unfair, dann kann das leicht eine Falschinformation, Intrige oder sowas sein. Wenn man das aber über Jahre immer wieder hört... Man müßte mal nachprüfen, wieviele Verwandte von ihm Jobs bei der Antikenverwaltung oder anderen Regierungsstellen haben bzw. hatten. Würde mich nicht wundern wenn das eine stattliche Anzahl ist.

Standesdünkel hat die Wissenschaft schon oft behindert, grade zB. in England bis ins 20. Jahrhundert hinein. Leute ohne Akademischen Titel, Vermögen oder wenigsten einem Adelstitel, erhielten kaum Anerkennung egal was sie herausfanden. Und Frauen schon garnicht.

So meinte ich das aber nicht. Wenn du nur zur Kenntnis nimmst was du selbst siehst und erlebst, dann ist deine Welt wirklich klein - weil man dann kaum etwas von der Welt mitbekommt. Wie jemand, der auf einer kleinen Insel wohnt und denkt, das wäre die gesamte Welt - weil er vom Rest der Welt nichts weis.

Ich verstehe. Danke für die Erklärung. Ich sehe das prinzipiell wie du.

Allerdings will ich schelmisch einwerfen, dass genau solches geschieht: ich zur Kenntnis nehme, was ich persönlich sehe und erlebe und auf dieser Basis ein Konzept von Leben oder von Weltanschauung habe. Ich quasi zu einer Existenz als subjektiver Empfänger von Wirklichkeit verdammt bin. Wie sehr diese dadurch beeinflusst oder sogar dominiert wird, was von außerhalb dieser Sphäre kommt, ist schwer zu sagen. Ich vermute allerdings, dass der Einfluss enorm ist. Insoweit es sich um konstruktive, friedliche Einflüsse handelt, begrüße ich sie sehr.

Ich benutze gerne extreme Szenarien, um etwas für mich zu verdeutlichen.
Machen wir ein kleines Experiment und sagen, dass ich vollkommen beraubt wäre von jeglicher sensorischer, olfaktorischer, akustischer und taktiler Wahrnehmung, so würde ich vermutlich sehr krank werden oder sterben. Ich könnte vielleicht eine Zeitlang in der erinnerten Wirklichkeit überdauern, aber auf längere Sicht wäre es vermutlich mein Tod oder meine Geisteskrankheit.

Umgekehrt: Kann ich leben, wenn ich einen unbegrenzten Raum für mich zu entdecken in den Stand gesetzt bin, der allein virtuell stattfindet? Beispielsweise durch überwiegenden Gebrauch von Filmen, Büchern und so weiter? Ich kann (wenn ich fremdernährt werde). Allerdings fehlt mir dann der Abgleich mit der Wirklichkeit, also die sensorischen Eindrücke, die ich mit den mental erlebten ins Verhältnis und in Beziehung setze. Auch in diesem Szenario deutet es auf eine eher leidvolle Existenz hin.

Eigentlich vermischen sich diese beiden polaren Betrachtungen zu einem eher ähnlichen Ergebnis, wie mir gerade auffällt...

Über dein Insel-Beispiel habe ich nachgedacht:
Jemand, der auf einer kleinen Insel lebt und denkt, das wäre die gesamte Welt, kann dort nicht allein sein Leben lang leben, er ist auf die soziale Gemeinschaft angewiesen, die seine Wirklichkeit bestätigt und andersherum.

Zunächst mal ist daran nichts auszusetzen, dass diese Welt eine kleine ist. Diese Menschen müssen nicht zwangsläufig Nachrichten aus der Welt erhalten, die sie über die Umstände von woanders aufklären. Wohl aber ist es von Vorteil, Besuch aus der Welt zu erhalten und die mitgebrachten Geschichten und auch Waren. Diese können in den Kontext der Insel-Wirklichkeit stark, schwach oder zunächst gar nicht integriert werden, sie haben aber sicher einen Einfluss.

Da es im sozialen Raum des Menschen so etwas wie komplett geschlossene Systeme nicht geben kann, ist die Idee von der rigorosen Abgeschlossenheit oder von so genannten Hinterwäldlern etwas unrealistisch und etwas unfair, weil die Hinterwäldler sich ziemlich gut in dieser hinter dem Wald befindlichen Wirklichkeit zurecht finden und eben bis zu den Grenzen ihrer Erfahrung und Räume leben (an den Grenzen ist immer der Kontakt da). Außer, man zwingt sie zu einer Weltanschauung, die sie theoretisch anhören können, praktisch aber nicht nachvollziehen. Daher vielleicht auch das etwas überspitzte Bild vom störrischen Dörfler, der sich von einem Fremden kein U vor das A vormachen lassen will.

Wer eine eher isolierte Gemeinschaft zu ihrem Glück zwingen will, anstatt sich mit ihr anzufreunden und das Glück gemeinsam zu entdecken, vergewaltigt die Kultur und die gewachsenen Überzeugungen. So "falsch" sie sich einem als dem fremden Wanderer auch darstellen mögen. Wer Freunde will, muss freundlich sein :)

Macht Spaß, diese Unterhaltung :)

Ich quasi zu einer Existenz als subjektiver Empfänger von Wirklichkeit verdammt bin.

Das ist ja noch ein anderer Faktor, der die Sache nicht grade einfacher macht. Selbst das, was man mit eigenen Augen sieht und erlebt ist nicht notwendigerweise die objektive Wahrheit. Aber daran läßt sich nichts ändern - "wahrer" geht es nun mal nicht.

Jemand, der auf einer kleinen Insel lebt und denkt, das wäre die gesamte Welt, kann dort nicht allein sein Leben lang leben...

Er muß ja auch nicht allein dort leben. Seine Erfahrungen bleiben aber trotzdem auf die Insel beschränkt. So mag er vieleicht annehmen das es auf der ganzen Welt schön warm ist und die Wälder aus Palmen bestehen, und damit glücklich sein. Wahr ist es trotzdem nicht.

Wohl aber ist es von Vorteil, Besuch aus der Welt zu erhalten und die mitgebrachten Geschichten...

Hier sind wir aber dann wieder bei der Wahrheitsproblematik. Genau das passiert mit uns ja ständig - Leute von anderswo her erzählen uns irgendwelche Stories, die wir nicht wirklich verifizieren können.

Wer eine eher isolierte Gemeinschaft zu ihrem Glück zwingen will...
Sowas ist sicher suboptimal, trotzdem wird es wohl oft nicht anders gehen. Denn wie Du selbst sagst, irgendwann gibt es immer mal Kontakt mit der Außenwelt. Und dann ist Nichtwissen ein schwerer Nachteil. Dafür gibt es ja auch genug Beispiele in der Geschichte.

Man muß sich wohl eingestehen, das das Leben - der Verlauf der Geschichte und das Schicksal der Menschen darin - nicht von Natur aus einen auf Glücklichsein gerichteten Kurs nimmt. Ist schön sich das Gegenteil vorzustellen, aber nicht realistisch.

Er muß ja auch nicht allein dort leben. Seine Erfahrungen bleiben aber trotzdem auf die Insel beschränkt. So mag er vieleicht annehmen das es auf der ganzen Welt schön warm ist und die Wälder aus Palmen bestehen, und damit glücklich sein. Wahr ist es trotzdem nicht.

Wem schadet es, dass er solches glauben mag? Auch wenn es nicht wahr ist, so ist es auch nicht weiter tragisch, wenn man solches glaubt. In dem Moment, wo einer selbst in die Ferne geht, wird er schon erkennen, dass es nicht überall Palmen gibt.

Ist doch ein Unterschied, ob ich "in Echt" Leuten von woanders begegne oder diese anderen über mediale Kanäle gefiltert wahrnehme.

Das Nichtwissen... ich würde das mit fehlender Menschenkenntnis betiteln. Eine gesunde Portion Skepsis, gepaart mit einer gesunden Portion Neugier, wie findest du diese Mischung?

Nein, das mit dem "Glück" ist doch eher eine Redensart. Ich habe es nicht wörtlich gemeint, sondern eher mit einer Prise Ironie.

Zu solchen Relativierungen fällt mir jetzt auch nichts mehr ein. Es ging hier ursprünglich um Wahrheit, Fake News, was man glauben kann und was nicht usw.

Wem schadet es, wenn jemand unwissend ist? Nun, vor allem demjenigen selbst würde ich sagen. Denn damit wird er zur leichten Beute. Schau Dir zB. die Incas an. Die dachten auch, sie wären die Größten und wissen alles, hatten aber eigentlich keine Ahnung was los ist.

P.S. Ich habe einen logischen Fehler gemacht, wie mir auffällt. Es müsste, wenn es sich um eine gegensätzliche Erfahrung handelt, so sein, dass ich ausschließlich sensorischen wirklichen Einflüssen ausgesetzt bin, also permanent riechend, sehend, schmeckend und tastend die Welt erfahre. ... Hmmm... aber das tue ich ja unentwegt, sobald ich nach dem Schlafen aufstehe. ... Und dann wiederum erlebe ich die Dinge nicht bewusst, eher unbewusst, weil ich nicht die ganze Zeit präsent bin. .... Ich habe also das Denken unterschlagen.