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RE: Jazz-Matinee - Rebekka Bakken

in Musiclast year

Habe gerade bei Viktor einen längeren Kommentar zur Stimmsynthese mit dem fantastischen Yamaha Vocaloid 6 hinterlassen. Jetzt, bei deinem Artikel, stelle ich (mal wieder) fest, dass Vocaloid noch verdammt viel üben muss, bis es eine menschliche Sängerin wirklich ersetzen kann. 😂

Ich bin ja nicht orthodox und immer noch ganz happy mit meinem digitalen Piano, aber ein mittlerweile leider verstorbener Musiker-Freund von mir hat schon Mitte der 80er zu mir gesagt: "Was verplemperst Du deine Zeit mit diesem Sythesizer-Scheiß? Die Dinger haben doch einfach keine Seele!" Das hat mich damals ziemlich geärgert, aber 40 Jahre später stelle ich schon wieder fest, er hatte irgendwie Recht, und man hört es auch.

Danke für diesen schönen Jazz-Matinee-Post und das Du mich ganz schnell wieder auf den rechten Pfad geführt hast. 😀

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Obwohl mit Saxofon und Klarinette vor digitalen Übergriffen einigermaßen sicher, kann ich deinen Ärger von damals sehr wohl nachvollziehen. Noch immer ist es nämlich so, dass derjenige, der das Instrument zu beherrschen glaubt (von der Maulorgel bis zum Schellenbaum), ihm auch die Seele einhaucht. Ein Instrument besitzt keine Seele – aber dafür einen unvergleichlichen Klang. Den dann gekonnt in Szene zu setzen, das ist die Aufgabe für den mit der Seele.
Als Dylan die Akustik-Gitarre zur Seite legte und stattdessen den Strom aus der Steckdose nutzte, wollten die Puristen ihn steinigen. Absoluter Blödsinn, da die geniale Seele prächtig mit dem neuen Partner harmonierte. Bei (wenn du dich erinnerst) Marx, Rootschild, Tillermann & Amby wäre im Saarland der gleiche Aufstand in Wallung gekommen. Leider haben sie den digital, elektrischen Versuch nie gestartet.
Als Herbie Hancock erstmals auf dem Synthesizer seinen Chef Miles Davis im Trompetenklang imitierte, würdigte ihn Miles während des gesamten Konzerts keines Blickes mehr. Aber Herbie blieb in der Band – nicht ohne Grund.
Fazit: der Mensch macht's und das Instrument erst so richtig möglich. :-)

Das ist schon richtig. Bei meinem modernen Yamaha-Digitalpiano habe ich 88 gewichtete Tasten, Anschlagsdynamik jenseits von Gut und Böse, und viele andere Finessen. Es ist für den Spieler kaum noch von einem akustischen Piano zu unterscheiden. Das gab es damals im Keyboard-Bereich für Otto Normal (der mit dem kleinen Geldbeutel) noch nicht. Da war es doch wesentlich schwieriger, seiner Performance Seele einzuhauchen, auch wenn es gut klang.

Heute? Kein Problem! An einer entsprechenden Verstärkeranlage kann das Ding wie der teuerste Yamaha-Konzertflügel klingen (annähernd genug) und das für einen winzigen Bruchteil des Anschaffungspreises. Da kann man nicht meckern und mit 30 Kilo läßt es sich sogar in den Garten schleppen.

Die ganzen Arranger-Funktionen, MIDI und das ganze Zeug gibt es noch obenauf. Es erlaubt mir, mit nur zwei Händen ein ganz brauchbares Faksimile einer Band, oder sogar einer ganzen Big Band, zu erzeugen. Das ist schon echt geil, da kann man auf ein bisschen Seele mehr oder weniger gut verzichten. Es ist aber eben immer nur ein Abklatsch des Echten.

immer nur ein Abklatsch des Echten

Was hat uns Rebekka gelehrt?
Auch der Abklatsch vom Echten muss nicht zwangsläufig den kurzen Weg in die Mülltonne antreten. :-)
In den 70ern zog es mich wie magisch zu Emerson, Lake & Palmer. Allein für das, was Keith Emerson um sich herum an Tasten, Knöpfen und Schaltern aufgebaut hatte, benötigte die Crew unter Garantie den kleinen Hebekran aus dem Baumarkt.