Im Bett arbeiten?

in #work4 years ago (edited)

Dieser Text ist eine leicht veränderte, ins Deutsche übersetze Version meines im Juni 2017 erschienenen Originalartikels "Working in bed?", welcher mir ganz vortrefflich in heutige, SARS-CoV-2 geprägte Zeiten zu passen scheint, in denen das Arbeiten im 'Homeoffice' (und möglicherweise auch im Bett?) immer mehr an Bedeutung gewinnt.


Ich bevorzuge es, spät zu arbeiten ...


Um soziale Regeln und Konventionen kümmerte ich mich nie besonders (woran sich bis heute nichts geändert hat). Bestimmten gesellschaftlichen Erwartungswerten und ungeschriebenen Gesetzen nicht entsprechen zu wollen und können, betrachte ich nicht als Selbstzweck, es geht mir nicht darum, mein 'Anderssein' zu zelebrieren, sondern schlicht darum, auf eine meinen eigenen Vorlieben und Bedürfnissen gerechtwerdende Art und Weise zu leben.

So differieren beispielsweise meine Vorstellungen von "Arbeit" beträchtlich von denjenigen der meisten Menschen meiner unmittelbaren Umgebung. Ich bevorzuge es als wahre 'Nachteule',[1] morgens lange zu schlafen und erst spät, am besten nicht vor dem Nachmittag, mit meiner Arbeit zu beginnen, während weite Teile der Gesellschaft immer noch vom Ethos des morgens früh aufstehenden, fleißigen Arbeiters geprägt sind - so als sei es bedeutsamer, wann eine Tätigkeit ausgeübt wird und nicht, worin sie besteht.
Vor längerer Zeit von @uwelang als "Frühaufsteher" bezeichnet worden zu sein, als er bemerkte, dass ich morgens um vier einen Artikel veröffentlicht hatte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Selbstverständlich war ich nicht früh aufgestanden, sondern immer noch wach ... :)


... zu Hause ...


Selbstredend bevorzuge ich es außerdem, von zu Hause aus zu arbeiten, während die meisten Arbeitgeber in Deutschland es noch immer präferieren, täglich von ihren Angestellten umgeben zu sein (was wohl dem Gefühl zuträglich ist, alles unter Kontrolle zu haben). Es heißt, in der Firma Präsenz zu zeigen verbessere die Kommunikationsprozesse innerhalb des Teams, aber wozu gibt es wohl (wir befinden uns im Jahr 2020!) Messenger-Lösungen samt Videochat-Option ...?


... alleine ...


Apropos 'Team': Neuere Studien[2] deuten darauf hin, dass Menschen kreativer, produktiver und konzentrierter sind, wenn sie alleine arbeiten, da sie dann weniger abgelenkt sind, sich entspannter fühlen und nicht mit der Versuchung zu kämpfen haben, ihre Verantwortung abzuwälzen und Aufgaben an andere zu delegieren.
So betrachtet ergibt die Interpretation, "TEAM" sei nichts anderes als die Abkürzung für den Satz "Toll, Ein Anderer Macht's!", welcher mir das erste Mal im Online-Artikel "Teamarbeit macht faul und unglücklich"[3] begegnete, durchaus einen Sinn.
Später wurde ich gar eines Buches mit eben jenem Titel gewahr.[4]
Ich selbst jedenfalls arbeite zu Hause effektiver, fokussierter und vor allem zufriedener, wobei ich zugleich meinen Beitrag zur Reduzierung des täglichen Verkehrschaos samt seinen negativen Folgen (Luftverschmutzung, Lärm, Staus und Energieverbrauch) leiste.


... und im Bett! :-)


Oben angesprochene Vorlieben dürften mich zwar zur Teilmenge einer Minorität machen, aber es gibt sicherlich auch viele andere Menschen, die gerne spät, im 'Homeoffice' und alleine arbeiten.
Was das Ganze in den Augen der 'fleißigen Frühaufsteher' (also vermutlich auch der Mehrheit meiner Leser?) allerdings erst so richtig dekadent werden lässt, ist die Tatsache, dass ich während des Arbeitens meist weder sitze noch stehe, sondern liege! Ja, das habt ihr vollkommen richtig gelesen ... lasst mich euch meinen 'Arbeitsplatz' zeigen:



Als wir unser Haus bauen ließen, wies ich den Elektriker an, die Anschlüsse der LAN-Kabel in unserem Schlafzimmer (wie auch im Bild zu erkennen ist) etwas oberhalb des Bettrandes zu positionieren. Vor dem Kopfende des Bettes platzierten wir außerdem eine Bank als bequeme Abstellmöglichkeit für Laptops, was es ermöglicht, während des Arbeitens, dem Platzieren von Online-Wetten oder Artikelschreiben, eine sehr komfortable Liegeposition einzunehmen. Dass ich nicht extra aufstehen muss, um nach vollbrachter Arbeit das Licht auszuschalten, versteht sich da von selbst.
(Dass ein Bett darüber hinaus der geeignete Ort für eine ganze Reihe weiterer angenehmer Beschäftigungen sein kann, ist unbestritten ... aber zugleich nicht das heutige Thema.) :-)


Meine Vorbilder


Ich mag sonderbar sein, aber zumindest bin ich nicht allein: Gemäß einem in "ZEIT Online" erschienen Artikel[5] arbeiten immer mehr junge Berufstätige in New York vom Bett aus, so dass ich mich gewissermaßen der Avantgarde zugehörig fühlen könnte. :)

Außerdem arbeite(te)n zahlreiche Autoren, Künstler und Philosophen, wie z. B. Marcel Proust, Mark Twain, William Wordsworth, Truman Capote and Gary Shteyngart im Bett.[6]


Es ist gesünder zu liegen als zu sitzen oder stehen!


Heutzutage sind Experten sich einig, in vielen Berufen übliches zu langes Sitzen schade der Gesundheit. Diverse Studien weisen auf einen Zusammenhang von mit Sitzen verbrachter Zeit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Sterblichkeit hin.[7], [8], [9]
Sicherlich treffen einige der mit langem Sitzen verbundenen Nachteile auch auf das Liegen zu. So wird in beiden Positionen nur wenig Energie verbraucht. Um nicht zuzunehmen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, ist es nötig, aktiv genug zu bleiben, Sport zu treiben und ab und zu einen Spaziergang an der frischen Luft zu unternehmen.
Nichtsdestotrotz hat das Liegen verglichen mit dem Sitzen einige Vorteile. Wirbelsäule und Bandscheiben werden (anders als beim Sitzen oder Stehen) entlastet. Darüber hinaus lehrte mich eine Physiotherapeutin die Regel, "Gehen und Liegen" seien besser als "Stehen und Sitzen". Sitzt man, sind Hüft- und Kniegelenke gebeugt, was zur Verengung der Blutgefäße und somit Einschränkung des Blutflusses führt. Infolgedessen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an Thrombosen oder Ödemen zu erkranken.
Bei zu langem Stehen wiederum bewirkt die Schwerkraft, dass zuviel Blut in Beine und Füße fließt.

Habt einen komfortablen Abend! :-)


Chaiselongue Venus Victrix (1800).

Von shakko.



Quellen:


  1. https://steemit.com/science/@jaki01/the-early-bird-catches-the-worm
  2. http://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-11/arbeitswelt-kreativitaet-teamfaehigkeit
  3. http://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Teamarbeit-macht-faul-und-ungluecklich--23831237
  4. https://www.amazon.de/Team-anderer-machts-Wahrheit-Teamarbeit/dp/3280054621
  5. http://www.zeit.de/campus/2015/06/arbeiten-bett-arbeitsplatz
  6. https://newrepublic.com/article/115364/lying-down-desks-instead-standing-desks
  7. http://annals.org/aim/article/2091327/sedentary-time-its-association-risk-disease-incidence-mortality-hospitalization-adults
  8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22890825
  9. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26454871
Sort:  

Mal von Nachteule zu Nachteule, mit diesem Artikel rennst Du bei mir natürlich in vielfacher Hinsicht offene Türen ein.

  1. Langes Sitzen ist pures Gift.
    Vollste Zustimmung. Dafür brauche ich keine Studie mehr, da ich leider über viele Jahre Raubau am eigenen Körper betrieben habe. Die daraus resultierenden Schäden wieder zu beheben wird wohl ebenso lange dauern, wie der Vorgang der stetigen Zerstörung. Es ist eine Mammutaufgabe, und ich bin nicht sicher, ob sie von Erfolg gekrönt sein wird.

  2. Ich arbeite ebenfalls seit einem Vierteljahrhundert vom Heimbüro aus.
    Eine andere Art des Arbeitens kann ich mir def. nicht (mehr) vorstellen. Auch in meinen Arbeitszeiten ist mir die individuelle Freiheit immens wichtig. Ich kann mir, und konnte mir nur selbstbestimmtes Arbeiten vorstellen. Glücklicherweise ist mein Beruf auch gleichzeitig Berufung. Glücklich schätzen kann sich jeder, dem das vergönnt ist. Da kann man auch einige bittere Pillen schlucken. Und davon verabreichte mir das Schicksal einen fairen Anteil.
    Das "Abgreifen" (klingt negativ, ist aber nicht so gemeint) von Arbitragen finde ich sehr interessant. Es ist schön, daß Du auf diesem Spielfeld eine Möglichkeit gefunden hast, Deine Begabung für Wahrscheinlichkeitsrechnungen gewinnbringend einzusetzen. Auch daran kann ich als Verfechter des freien Marktes selbstverständlich nicht im geringsten etwas böses ausmachen. Durch die fortgeschrittene Vernetzung der immer schnelleren Computer dürfte es zunehmend schwerer geworden sein, Arbitragegewinne einzufahren. Richtig?

  3. Das Arbeiten in einsamer Umgebung.
    Sehr gut nachvollziehen kann ich den Drang, alleine und in Ruhe arbeiten zu wollen. Nachts geht dies am besten, weil die Ablenkungsherde minimiert sind. Bei Musikproduktionen lege ich auch großen Wert darauf alleine für mich, in meinem Tempo, ohne Störungen von außen die Tracks zu produzieren. Wenn jemand "hintendransitzt", kann ich mich leider nicht so gut entfalten. Glücklicherweise haben wir mittlerweile schnelle und günstige online Kommunikationsmöglichkeiten. Da kann man sich den Kollegen schnell mal günstig virtuell ins Haus holen.

Arbeitest Du dann auf dem Bauch liegend? So lese ich im Bett, aber nach einer Stunde fallen mir dann unweigerlich die Augen zu :)

Ja, aber ich wechsle auch oft die Position, manchmal liege ich dann auch auf der Seite schräg vor dem Laptop und meine Beine zeigen fast in paralleler Richtung zur Bank, auf der der Rechner steht (das Bett ist ziemlich breit). :)

Oh, verstehe, das würde bei meinem Bett nicht gehen, da daneben noch jemand anderer liegt :)

Neben ihm liegt auch jemand, zumindest nachst.. Aber es geht irgendwie 😂😝🤭.

Vor meiner jetzigen Elternzeit habe ich fast nur daheim gearbeitet, allerdings lieber auf der Couch, da ist der Weg zur Küche kürzer ;)

Ich habe Glück und darf ebenfalls Zuhause arbeiten und habe auch zeitlich kaum Einschränkungen. Ich war früher auch eher eine Nachteule, das hat sich mit der Familiensituation verändert.
Im Bett arbeiten,.... Jein. Bei meinen Tätigkeiten sind zumindest ein paar längere Recherchen oder mal ein Trade möglich ^^ Aber am meisten arbeite ich definitiv am Esstisch oder im Bürozimmer.
Ich find es auf jeden Fall erfrischend, dass es noch mehr Leute gibt, die das machen.

It's funny because when I'm reading your article, I'm in my bed ;-)

Haha, sorry for my late reply, I had to leave bed for a while. :-)

No problem :)
PS: I'm again in my bed ...

Kann mich gut an den Artikel und die Bezeichnung für Dich erinnern :-). Im Bett kann ich immer noch nicht arbeiten, aber nach fast 2 Jahren geniese ich wieder das altgewohnte Home Office.

Der improvisierte Schreibtisch am Bett sieht aber nicht wirklich bequem aus :D

Das ist wohl einfach Geschmackssache ...

Bester Platz... Nicht nur zum arbeiten 😉

Ich bin dir gefolgt, Kumpel :)

Ich bin dir gefolgt, mein lieber Freund